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a) Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen
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Gemäß § 60 InsO können alle am Verfahren Beteiligten (Schuldner, Gläubiger, Drittberechtigte) vom Insolvenzverwalter Schadensersatz verlangen, wenn er bei seiner Tätigkeit die an einen ordnungsgemäßen und gewissenhaften Insolvenzverwalter zu stellenden Sorgfaltsanforderungen nicht beachtet und dadurch einen Schaden verursacht[52]. Vom Insolvenzverwalter kann man insbesondere erwarten, dass er alle Normen des Insolvenzrechts kennt, sich zutreffend über ihre aktuelle Auslegung informiert, ausreichende betriebswirtschaftliche Kenntnisse in Bilanzierung, Steuern und Kostenrechnungen hat und dementsprechend alles objektiv Erforderliche und Mögliche unternimmt, um die Masse zu sichern und zu mehren. Vorrangig hat er die Masse in Obhut zu nehmen, die einschlägigen Verzeichnisse (§§ 151 ff InsO) zu erstellen und für eine bestmögliche Abwicklung und Verwertung zu sorgen[53].
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Die in Betracht kommenden Pflichtverletzungen sind vielfältig[54], dazu gehören etwa die unsachgerechte Lagerung von Waren, die Ausstellung unzutreffender Bescheinigungen oder falsche Berechnungen, die nicht rechtzeitige Kündigung von Verträgen sowie generell jede unzutreffende oder nicht zielführende Beurteilung der Rechtslage. Besonders vielfältige Fragen wirft das unternehmerische Handeln des Insolvenzverwalters im Rahmen der Betriebsfortführung (Stilllegung, Sanierung, Veräußerung usw) auf, die sich am besten mit der entsprechenden Übertragung der sog. business-judgement-rule aus § 93 Abs. 1 AktG lösen lassen[55]. Stets muss es sich um die Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten handeln, so dass diejenigen aus dem Haftungstatbestand ausscheiden, die dem Insolvenzverwalter wie jedem Vertreter fremder Interessen gegenüber Dritten obliegen[56]. Vor allem die allgemeinen Pflichten, die den Insolvenzverwalter wie jeden als Verhandlungs- oder Vertragspartner eines Dritten treffen, beispielsweise die Pflicht zur Abrechnung und Erfüllung der Lohnforderungen von Arbeitnehmern, gehören nicht zu den insolvenzspezifischen Pflichten. Auch bei der Erhebung von Klagen treffen ihn keine gesteigerten Prüfungspflichten bezüglich der Erfolgsaussichten.
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Da die gesetzliche Haftungsnorm des § 60 InsO dem Geschädigten keinen Ersatzschuldner verschafft, sondern allein die Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten sanktionieren soll, umfasst dieser vom Insolvenzverwalter aus dem persönlichen Vermögen zu zahlende Schadensersatzanspruch nur das negative Interesse, die Beteiligten sind also so zu stellen, wie wenn der Verwalter die Pflichtverletzung nicht begangen hätte[57].