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4. Auswahl, Aufsicht, Rechenschaft und Vergütung

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Der Insolvenzverwalter wird vom Insolvenzgericht im Eröffnungsbeschluss bestellt. Es ist eine im konkreten Fall unabhängige (natürliche) Person einzusetzen, die über die zur Abwicklung der Insolvenz erforderlichen Geschäfts- und Fachkenntnisse verfügt, § 56 Abs. 1 InsO. Der Verwalter muss nicht nur über umfangreiche einschlägige Rechtskenntnisse (siehe Rn 13) verfügen, sondern zugleich ein hervorragender Verkäufer (Liquidation) und Unternehmer (Reorganisation) sein (vgl § 1 InsO)[71] bzw derartige Tätigkeiten gut delegieren können. In der Praxis ist es üblich, dass das Gericht den Verwalter aus einer dafür vorgehaltenen Liste mit geeigneten Personen (meistens Rechtsanwälte) auswählt. Dabei orientiert es sich an den Erfordernissen des konkreten Falles, nämlich der Größenordnung des Verfahrens, der Branche des schuldnerischen Unternehmens sowie dem Insolvenztyp (Marktbereinigungsinsolvenz, Sanierungsinsolvenz, Kriminalinsolvenz oder Verbraucherinsolvenz) und sucht den Insolvenzverwalter aus, der über die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Bürokapazitäten verfügt. Ist ein vorläufiger Gläubigerausschuss bestellt, so hat das Gericht diesen zur Person des einzusetzenden Verwalters anzuhören und den Vorschlag zu übernehmen, es sei denn, dass Eile geboten ist (vgl § 56a Abs. 2 InsO). Davon ist häufig auszugehen, wenn der Geschäftsbetrieb läuft und umgehender Handlungsbedarf besteht.

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Die Vorauswahlentscheidung des Insolvenzgerichts, ob ein Bewerber um die Bestellung als Insolvenzverwalter überhaupt in den Kreis derjenigen Personen aufzunehmen ist, aus dem der Richter im Einzelfall die ihm als am ehesten nach § 56 InsO geeignet erscheinende wählt, ist kein Rechtsprechungsakt. Vielmehr handelt es sich um eine Berufsausübungsentscheidung (Art. 12 GG) und somit um einen Akt der öffentlichen Gewalt iSv Art. 19 Abs. 4 GG, der gerichtlich überprüfbar sein muss[72]. Diese Vorauswahl ist von der eigentlichen Bestellungsentscheidung zu unterscheiden, bei der den Gerichten ein Ermessensspielraum zur Verfügung steht. Dabei ist zu beachten, dass schon die Haftung der Rechtsträger der Gerichte für Auswahlverschulden (§ 839 BGB iVm Art. 34 GG) das Insolvenzgericht von ermessensfehlerhaften Bestellungen abhalten wird.

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Anders als zum Beispiel in England oder Frankreich bestehen in Deutschland im Hinblick auf die Qualifikation keine gesetzlichen Zugangsregelungen.[73] Als objektives Bestellungskriterium kann jedoch die Führung des Titels eines „Fachanwalts für Insolvenzrecht“ dienen. Hierfür müssen gem. §§ 4 Abs. 1, 14 FAO insgesamt 180 Pflichtstunden ua in Buchführung, Bilanzierung und Steuerrecht absolviert, mindestens drei schriftliche Prüfungen (§ 4a FAO) bestanden und eine umfassende praktische Erfahrung (65 Fälle aus dem Insolvenzrecht bzw als Mitarbeiter einer Insolvenzverwalterkanzlei) nachgewiesen werden; anschließend ist der jährliche Besuch einschlägiger Fortbildungen zu belegen. Auf der Seite des Insolvenzverwalters wirkt bereits das strenge Haftungsregime als Zugangshürde, denn die persönliche Haftung für Pflichtwidrigkeiten (§ 60 InsO) und nicht erfüllte Masseverbindlichkeiten (§ 61 InsO) wird bereits bei kleinen Verstößen ausgelöst.

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Der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter muss von der ersten Gläubigerversammlung im Amt bestätigt werden, § 57 InsO. Ferner untersteht er während seiner Tätigkeit der Rechtsaufsicht des Insolvenzgerichts (§ 58 InsO), dem der Insolvenzverwalter in regelmäßigen Abständen (meistens halbjährlich oder jährlich) Sachstandsberichte zu erstatten hat. Das Gericht hat nur eine Rechtsaufsicht, keine Fachaufsicht[74]. Es hat daher nur Rechtsfehler zu beanstanden und zu prüfen, ob das Verfahren insolvenzzweckkonform geführt wird; eine Zweckmäßigkeitsbeurteilung ist von der Rechtsaufsicht nicht abgedeckt[75], vor allem darf das Gericht nicht einzelne Handlungen beurteilen[76]. Zu prüfen ist vor allem die Einhaltung der relevanten Verfahrensvorschriften, vor allem der gesetzlich vorgegebenen Verteilungsregeln und Rangfolgeanordnungen. Demgegenüber obliegt die (inhaltliche) Zweckmäßigkeitskontrolle der Gläubigerschaft und wird vor allem durch das Frage- und Auskunftsrecht in den Gläubigerversammlungen oder Gläubigerausschusssitzungen ausgeübt. Werden Pflichtverstöße festgestellt, kann der Verwalter nach Maßgabe des § 59 InsO entlassen werden. Bei Beendigung seiner Tätigkeit, also in der Regel bei Verfahrensaufhebung (§ 200 InsO), hat der Insolvenzverwalter einen umfassenden Schlussbericht vorzulegen, der auch eine Schlussrechnung zu enthalten hat, in der sämtliche Einnahmen und Ausgaben dargestellt werden, § 66 InsO.

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Die Vergütung des Insolvenzverwalters wird auf dessen Antrag vom Insolvenzgericht (§ 64 InsO) nach Maßgabe der InsVV festgesetzt (vgl § 65 InsO). Dabei ist zwischen der Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter, Insolvenzverwalter, Sachwalter oder Treuhänder zu unterscheiden, für die jeweils unterschiedliche (Mindest-) Ansätze gelten. Der Höhe nach ist die Vergütung als bestimmter Prozentsatz (§ 2 InsVV) aus der zur Verteilung vorhandenen Masse (§ 1 InsVV) zu ermitteln und infolge der Erfüllung von Zu- und Abschlagstatbeständen (§ 3 InsVV) zu korrigieren.

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Die Vergütung kann grundsätzlich nur aus der vorhandenen Masse entnommen werden. Das bedeutet, dass die Vergütung entfällt, wenn keine oder zu wenig Masse vorhanden ist. Auf der anderen Seite führt jede Erhöhung der Masse (beispielsweise durch erfolgreiche Betriebsfortführung oder Anfechtungen) zu einer (degressiven) Erhöhung der Vergütung, so dass sichergestellt ist, dass der Insolvenzverwalter (unbeschadet der Aufsicht durch das Gericht) sein Amt im Interesse der Masse ausüben wird. Mit der Vergütung sind sämtliche Geschäftskosten des Verwalters (Bürokosten, Personalkosten, Steuern, Fortbildungskosten usw) abgegolten (§ 4 Abs. 1 S. 1, 2 InsVV), die in der Praxis nicht unter 60% der Nettovergütung betragen. Zudem müssen diejenigen Verfahren, bei denen nicht einmal die Unkosten gedeckt werden können (Verbraucherinsolvenzen, Kleinverfahren), mit den Vergütungen aus einträglicheren Verfahren ausgeglichen werden.

§ 5 Die Rechtswirkungen der Insolvenzeröffnung › III. Die Verfahrenseröffnung aus Sicht der Gläubiger

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