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Instrumente

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Es gibt verschiedene Assessmentinstrumente, die für die Risikoeinschätzung im Entlassungsmanagement verwendet werden; die meisten stammen aus dem englischsprachigen Raum. Inzwischen haben einige Instrumente auch in Deutschland Verbreitung gefunden.

Dazu gehört u. a. der »Blaylock Risk Assessment Screen« (BRASS – Daly et al. 2000, Engeln et al. 2006). Andere, ähnlich aufgebaute Instrumente, beispielsweise die Screening-Instrumente »Identification of Seniors at Risk« (ISAR – Dendukuri et al. 2004) oder »Probability of Repeated Admission« (PRA – Holland et al. 2003), liegen bislang nicht in deutscher Übersetzung vor.

Am Beispiel des Instruments BRASS lassen sich die Funktionsweise, aber auch die Grenzen standardisierter Risikoeinschätzungen verdeutlichen. BRASS wird, wie im professionellen Entlassungsmanagement üblich, direkt nach der Krankenhausaufnahme eingesetzt. Das Ergebnis der Einschätzung wird als Punktwert dargestellt, der die Stärke des Risikos ausdrückt (geringes, mittleres und hohes Risiko). Es wird empfohlen, ab einem mittleren Risiko ein Entlassungsmanagement einzuleiten. Mittleres Risiko bedeutet hier, dass zwar vermutlich ein Bedarf an umfangreicher Unterstützung besteht, ein Übergang in eine stationäre Pflegeeinrichtung jedoch nicht wahrscheinlich ist. Anders bei Patienten mit einem hohen Risiko: Hier wird eine hohe Wahrscheinlichkeit angenommen, dass der Patient nicht in die häusliche Umgebung zurückkehren kann, sondern früher oder später in einer stationären Pflegeeinrichtung aufgenommen werden muss.

BRASS arbeitet mit zehn Kriterien, die größtenteils in den oben genannten Kriterien enthalten sind. Neben Alter, körperlichen und kognitiven Fähigkeiten, Verhaltensweisen, Mobilität, sensorischen Defiziten und früheren Krankenhausaufenthalten wird mit BRASS auch die Anzahl gesundheitlicher Probleme (Erkrankungen) und die Anzahl der regelmäßig einzunehmenden Medikamente erfasst, ebenso die Frage, ob der Patient Unterstützung durch Angehörige oder andere Bezugspersonen erhält.

Die Erfahrungen mit dem Instrument sind nicht durchweg positiv. Daher wurde u. a. eine Veränderung der Altersgrenzen, der Grenzwerte zur Unterscheidung der Risikostufen und einiger anderer Details empfohlen. Es zeigte sich, wie schwierig es ist, ein Risiko poststationärer Komplikationen statistisch exakt vorherzusagen. Statistische Genauigkeit ist in der Praxis des initialen Assessments allerdings auch nicht erforderlich. Ein Instrument erfüllt in diesem Fall seinen Zweck schon dann, wenn mit ihm die Frage beantwortet werden kann, bei welchen Patienten eine vertiefende Einschätzung angezeigt ist. Das leisten nicht nur Instrumente wie BRASS, sondern auch einfache Kriterienlisten, die ohne komplizierte Methoden zur Bildung eines Punktwertes auskommen.

Vor diesem Hintergrund findet man im nationalen Expertenstandard nach wie vor keine Empfehlung für ein bestimmtes Einschätzungsinstrument. Verlangt wird lediglich eine kriteriengestützte Einschätzung. Das schließt auch solche Verfahren ein, die eher einer Checkliste mit klar definierten Vorgaben als einem komplizierten Einschätzungsinstrument gleichen.

Anhand der oben aufgeführten Kriterien können Krankenhäuser unschwer eigene Instrumente entwickeln, und zwar so, dass sie möglichst gut an die Situation der jeweiligen Patientengruppen angepasst sind. Das ist möglich, weil all diese Kriterien jeweils einen besonders wichtigen Risikofaktor darstellen. Es muss also bereits dann von einem erhöhten Risiko poststationärer Komplikationen ausgegangen werden, wenn eines der Kriterien erfüllt ist. So genügt es zu wissen, dass ein Patient innerhalb der letzten zehn Monate drei Krankenhausaufenthalte hinter sich hat, um daraus zu schließen, dass ein erhöhtes Risiko vorliegt und eine differenzierte Einschätzung eingeleitet werden sollte. Gleiches gilt für Patienten mit kognitiven Beeinträchtigungen. Hier ist ebenfalls mit Sicherheit von einem erhöhten Risiko auszugehen.

Streng genommen muss das initiale Assessment nicht zu Ende geführt werden, wenn ein Risikofaktor entdeckt wurde. Denn dann steht fest, dass eine genauere Abklärung erforderlich und somit der nächste Schritt des Entlassungsmanagements einzuleiten ist. Es kann jedoch sinnvoll sein, sämtliche Kriterien auch dann zu überprüfen, wenn bereits das erste Kriterium ein erhöhtes Risiko anzeigt. Um beim oben genannten Beispiel zu bleiben: Bei Patienten mit mehreren Krankenhausaufenthalten im Vorfeld ist es für die Risikoeinschätzung eigentlich nicht erforderlich, weitere Kriterien zu erfassen. Allerdings sind zusätzliche Informationen aus dem Risikoscreening möglicherweise auch für andere Zwecke von Bedeutung. Für die Pflege auf der Station ist es beispielsweise sehr wichtig zu wissen, ob der Patient kognitive Einbußen aufweist und ob damit zu rechnen ist, dass er im Verlauf des Krankenhausaufenthalts Verhaltensprobleme entwickelt.

Pflegerisches Entlassungsmanagement im Krankenhaus

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