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Eine ganz andere Welt

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»Was ist denn der Unterschied zwischen Nord- und Südkorea?«, fragte die 8-jährige Suji als ihre Mutter gerade Zwiebeln schnitt. Als die Frau die Frage gehört hatte, hielt sie mitten in der Bewegung an und atmete tief durch.

»Im Norden hungern viele Menschen, weil ein böser Mann das so will. Und wer etwas dagegen sagt, wird in ein Gefängnis gesperrt.«

»Hast du da auch Hunger gehabt?«

Die Frau drehte sich zu ihr um und zögerte mit der Antwort. »Nein. Mir ging es immer sehr gut. Ich habe …«

»Was denn, Mama?«

»Ich habe dort für das Fernsehen gearbeitet.« Mama zeigte auf den alten Röhrenmonitor in ihrer Küche, wo gerade die Tagesschau lief. Eine Frau, etwa in ihrem Alter, las gerade die neuesten Neuigkeiten vor. »So wie sie.«

Suji riss den Mund weit auf und grinste breit. »Echt? Das ist doch total cool. Können wir irgendwann dahin zurück?«

Der Himmel war dunkelgrau, als Suji die Augen wieder öffnete. Sie lag auf der verbrannten Erde und fühlte sich ganz schläfrig. Die Sonne war nirgendwo am Himmel zu sehen. Die junge Koreanerin versuchte, sich zu bewegen und einen Arm zu heben, doch der fühlte sich ungewöhnlich schwer an.

»Ganz langsam«, sagte eine sanfte Stimme und in ihrem Blickfeld erschien das Gesicht eines Mannes im mittleren Alter. Sein Gesicht war bis auf ein paar Stoppel rasiert und er hatte eine hohe Stirn. Freundlich sah er sie aus seinen pechschwarzen Augen an. Diese sahen genau so aus, wie Sujis Augen, als sie das letzte Mal in den Spiegel geschaut hatte.

Der Mann trug eine rote Weste. Ganz langsam sah Suji zur Seite und erkannte, dass er die Uniform eines Rettungssanitäters trug. Allmählich nahm sie auch weitere Stimmen wahr. Tuscheln. Hier waren noch weitere Menschen.

»Wollen wir uns mal langsam aufrichten?«, fragte der Mann und lächelte sie an.

»Hm«, konnte Suji nur machen. Sie fühlte sich noch schwach. Der Sanitäter legte eine Hand unter ihren Kopf und schob eine Weitere an ihre Schulterblätter. Vorsichtig half er ihr, sich hinzusetzen. Noch ganz benebelt drehte die junge Frau den Kopf und blickte sich um. Die verbrannte Erde unter ihr wich einen Meter weiter Pflastersteine. Dort standen einige Menschen und beobachteten sie.

»H-hermes …«, murmelte sie.

»Wie bitte?«, fragte der Mann. Da liefen zwei weitere Sanitäter, ein Mann und eine Frau, an ihr vorbei. Auf einer Trage transportierten sie ihren Alien-Freund. Schwach streckte Suji die Hand nach ihm aus und gab durch den geöffneten Mund ein leises Stöhnen von sich.

Der Mann klopfte ihr sanft auf die Schulter. »Keine Sorge!«, beruhigte er sie. »Wir bringen sie beide ins Krankenhaus. Können Sie laufen?«

Schlaftrunken sah sie den Sanitäter an und nickte vorsichtig.

»Dann kommen Sie!«, sagte er auffordernd, stellte sich hin und reichte ihr die Hand. Suji ergriff diese und mit Schwung und seiner Hilfe stellte sie sich hin. Sofort fühlte sie sich etwas wacher und versuchte, sich zu orientieren.

Der merkwürdige Zylinder war immer noch da, aber er leuchtete nicht mehr und gab keine Geräusche von sich. Der verbrannte Boden, der die außerirdische Maschine umgab, war nun kreisförmig in einem Radius von 2 Metern von Pflastersteinen umgeben. Suji folgte den Steinen mit ihren Blicken und sah etwa ein Dutzend Personen die den Zylinder betrachteten und mit Smartphones fotografierten. Jeder der Menschen hatte, genau wie der freundliche Sanitäter, schwarze Augen. Dann fiel Suji eine Person auf, die ganz anders aussah. Die Frau war mindestens 1.90m groß, hatte unheimlich lange Arme und Beine und ihre Haare sahen aus, wie die von Hermes. Die Augen waren ungewöhnlich groß und die Nasenspitze war leicht nach oben geneigt. Das war … das war auch ein Alien! Aber sie trug menschliche Kleidung. Und sie stand einfach so zwischen den Menschen, als wäre das ganz normal.

Eine junge Frau in abgefranzten Klamotten und einem Iro, die aussah, wie eine Punkerin, stupste den Alien an. »Komm, wir lassen die Sanis ihre Arbeit machen!«, schlug diese vor. Der Alien öffnete den Mund und gab einige Klack-Laute von sich. Diese Sprache kannte Suji auch von Hermes. Die Punkerin nickte. »Ja, finde ich auch«, sagte sie, als könnte sie die Sprache der Außerirdischen verstehen. Wie war denn das möglich?

Suji sah sich weiter um und bemerkte große Gebäude. Sie stand in einer Stadt. In der Ferne hörte sie den Lärm von Autos und roch die Abgase. Genau genommen standen sie wohl auf einem Parkplatz neben einem kleinen Busbahnhof. Ein alter Mann auf einem Fahrrad fuhr an ihnen vorbei, schaute verwundert auf den Zylinder und verschwand dann wieder.

Ihr Blick blieb anschließend an einem großen Plakat hängen. Darauf abgebildet waren zwei Soldaten, eine Frau und ein Mann, in Uniformen, die unter den Jacketts jedoch viel nackte Haut zeigten. Das Bein des Mannes umschlang in einer schlüpfrigen Pose den Hintern der Soldatin und die beiden gaben sich auf der Abbildung einen feuchten Zungenkuss. Darunter stand der Spruch: »Sex Positivity – Auch bei uns! IHRE Bundeswehr!« Suji legte den Kopf schief und runzelte die Stirn.

Der Sanitäter stützte sie etwas und führte sie ein paar Meter weit bis zu einem Krankenwagen. Durch die offene Heckladerampe sah Suji ihren Freund, der innen auf der Trage lag und von einer Frau versorgt wurde. Sie legte ihm einen Verband an. Der Mann half Suji die Stufe auf die Laderampe zu gehen und wies ihr einen kleinen Sitzplatz neben dem Bett zu.

»Wird er wieder gesund?«, fragte die Koreanerin mit schwacher Stimme, während die Ärztin, mit dem blonden Zopf und der weißen FFP2-Maske Material holte, um die Wunde zu desinfizieren.

»Ja, keine Sorge«, antwortete sie. »Scavenger haben einen biologischen Mechanismus, der ihren Körper in eine Art Scheintot versetzt, wenn sie drohen zu verbluten. Ich gebe ihm noch etwas, um die Blutung zu stoppen und im Krankenhaus können wir die Wunden ganz einfach zunähen.«

»Sc-scavenger …« Suji fühlte sich immer noch so schwach.

»Die Wunde sieht aus, als wäre ihr Freund von einem Black Bot getroffen worden. Haben Sie das schon der Polizei gemeldet?«

»Po-polizei??« Suji bekam einen Schock. Das letzte Mal, als sie die Polizei gesehen hatte, war sie vor denen geflüchtet. Sofort riss sie die Augen weit auf und atmete so schnell ein und aus, dass sie fast anfing, zu hyperventilieren. Der Sanitäter, der gerade die Hecktür geschlossen hatte, legte eine Hand auf ihre Schulter.

»Ganz ruhig«, beschwichtigte er sie. »Sie sind hier in Sicherheit. Niemand wird Ihnen etwas tun. Wir kümmern uns um Sie.«

Die Koreanerin hatte das Gefühl, nicht mehr richtig atmen zu können. Die Luft um sie herum hatte einfach keinen Sauerstoff mehr.

»Alles ist gut. Können Sie uns sagen, wie Sie heißen?«

Die Studentin nahm einen weiteren tiefen Atemzug und schloss kurz die Augen. »Suji Kim.«

»Und wo wohnen Sie, Frau Kim? Können Sie uns Ihre Adresse sagen?«

Erschrocken sah sie auf den Boden. »München. In der Wuppertaler Straße 3a.«

»Das sagt mir was«, merkte die Sanitäterin mit der Maske an. »Ist das in der Nähe vom Münchner Hauptbahnhof?«

Die junge Frau runzelte wieder die Stirn. »Hauptbahnhof?«, flüsterte sie. Auf einmal setzte sich der Krankenwagen in Bewegung. Merkwürdig. Sie hörte den Motor gar nicht. Langsam fuhr das Fahrzeug über den Parkplatz und bog dann in den Straßenverkehr ein. Die Ärztin war mit ihrer Arbeit an Hermes Wunden fertig und blieb neben ihrem Patienten stehen.

»Können Sie uns erzählen, was passiert ist?«, fragte der Sanitäter jetzt. Suji ging die Ereignisse in ihrem Kopf noch einmal durch.

»Die Soldaten …«, stotterte sie und bekam sofort Tränen in den Augen. »Die wollten uns erschießen. Da war so eine … eine Maschine, die uns durch den Wald gejagt hat. Hermes wollte, dass ich den Knopf drücke …«

»Langsam«, ermahnte der Mann sie. »Also Sie wurden von Black Bots angegriffen. Können Sie uns sagen, wo das war?«

Suji sah auf. Der Mann hatte den schwarzen Kampfroboter einen Black Bot genannt? »In der Sperrzone«, berichtete die Koreanerin und erntete verwunderte Gesichter.

»Was für eine Sperrzone?«, fragte die Ärztin und im Klang ihrer Stimme konnte Suji hören, dass sie wirklich keine Ahnung hatte, wovon sie sprach.

»Das Gebiet in Zentraleuropa …«, murmelte sie mit schwacher Stimme. »Wo alle Menschen verschwunden sind und ein außerirdischer Wald aufgetaucht war.«

»Wir sollten die Polizei benachrichtigen«, schlug die Frau vor. Sofort gestikulierte die Studentin wild mit den Händen und bekam Tränen in den Augen.

»Nein!! Bitte nicht! Wenn die mich finden, dann …«

»Werden Sie von der Polizei gesucht?«, fragte der Arzt ganz entspannt. So ein Mist. So ein verdammter Mist. Sie konnte nur noch hoffen, dass das nette Menschen waren, die sie nicht ans Messer lieferten.

»I-ich werde vom Bundesamt für Flüchtlinge gesucht, weil sie mich nach Korea abschieben wollen. Mich und meine Mama, aber meine Mama ist tot …« Dann versagte ihre Stimme. Die Tränen liefen ihr in solchen Strömen über die Wangen und ihr Gesicht verkrampfte sich durch die Heulattacke, dass sie nicht mehr sprechen konnte. Sofort schüttelte der Mann den Kopf.

»Es ist alles gut. Niemand wird Sie irgendwohin abschieben. Wir sind alle auf Ihrer Seite. Möchten Sie vielleicht ein Beruhigungsmittel?«

Medikamente? Suji schüttelte leicht den Kopf.

Sie wusste überhaupt nicht, in welchem Krankenhaus oder in welcher Stadt sie war. Der nette Sanitäter hatte dafür gesorgt, dass sie und Hermes auf dasselbe Zimmer kamen. Eine weitere Ärztin hatte anschließend damit begonnen, die Wunden des ohnmächtigen Aliens zu nähen. Bei ihr hatte eine Pflegerin nur den Blutdruck gemessen und sie kurz untersucht. Anschließend hatten sie ihr ein Glas Mineralwasser und einen Kaffee angeboten. Sie waren alle so nett …

Einmal hatte sie schüchtern erwähnt, dass sie keine Krankenversicherung mehr hatte, aber aus irgendeinem Grund hatte die Pflegerin nur den Kopf geschüttelt und abgewunken, als würde das überhaupt keine Rolle spielen.

Als Hermes Wunden genäht waren, erklärte die Ärztin ihr noch, dass er über den Berg sei, aber es noch mehrere Tage dauern konnte, bis er wieder aufwachte, da sein Körper sich noch erholen musste. Dann ließen sie sie beide kurz allein.

Suji wusch sich am Waschbecken all den Ruß von ihrer Haut. Sie hatte ein langes Krankenhemd mit Blümchenmuster bekommen und eine Infusion mit Kochsalzlösung, die wirklich guttat. Das Zimmer war geräumig und hatte eine breite Fensterfront, durch die, trotz des dunkelgrau bedeckten Himmels, viel Sonnenlicht hereinkam. Der Parkettboden, die hübschen Bilder und die vielen Zimmerpflanzen machten das Krankenhauszimmer richtig gemütlich. Suji saß auf ihrem Bett und starrte aus dem Fenster gedankenverloren auf die vielen Häuser.

Hatten sie es also geschafft? War sie noch auf der Erde oder war das die andere Welt? Es wirkte alles so normal und doch so anders. Jeder Mensch hier hatte diese schwarzen Augen. Was hatte das zu bedeuten? Sie hatte sich nicht getraut, zu fragen, in welcher Stadt sie eigentlich war.

Dann fiel ihr ein Kabel unter dem Bett auf. Offensichtlich war es ein universelles Ladekabel für Smartphones. Schnell holte sie aus ihrer verdreckten Jeans ihr Handy heraus, das sie, schon seit Tagen nicht mehr angeschaltet hatte, und stöpselte es ein.

Es dauerte einige Minuten, bis es genug geladen war, um es booten zu können. Zuerst stellte sie fest, dass sie Empfang hatte. Ihr Smartphone verband sich sogar mit einem öffentlichen WLAN. Sie sah in die Liste der verfügbaren Netze und fand ein Freifunk-Netz, mit perfekter Signalstärke.

Zuerst öffnete sie die Karten-App und versuchte, ihren Standort zu finden. Aber das GPS schien nicht zu funktionieren. Hm. Auf einem anderen Planeten wäre das nur logisch. Suji blickte auf den dunklen Himmel. Ein anderer Planet … es klang so unglaublich.

Dann öffnete sie die Telefon-App und gab die Nummer von Antonio ein. Das hatte sie schon mindestens einhundert Mal versucht. Vielleicht hatte sie ja endlich Glück. Zögerlich drückte sie auf den grünen Button und hielt sich das Handy an ihr Ohr.

In den ersten Sekunden passierte nichts, doch dann schlug ihr Herz höher, als ein Freizeichen ertönte. Kurz darauf hörte sie eine Stimme.

»Hallo?«

Wow! Suji verlor mit einem Mal ihr komplettes Selbstbewusstsein und wusste nicht, was sie sagen sollte. Mit einem Blick wie ein Auto starrte sie auf die Wand und versteinerte sich.

»Hallo? Wer ist da?«, fragte die Männerstimme am Telefon. Ach du heilige Scheiße!

Dann klopfte es laut an der Tür. Erschrocken drehte Suji sich um. »I-ich … äh …«, stammelte sie unbeholfen. »Ich ruf gleich noch mal an!« Dann legte sie schnell auf. Verdammt war das peinlich.

Die schwere Tür öffnete sich und eine große Frau in einem Hosenanzug mit langen blonden Haaren trat herein. Sie war wohl Ende zwanzig oder Anfang dreißig. Ihre pechschwarzen Augen wirkten fokussiert, aber auch etwas erschöpft.

»Hallo Suji«, grüßte die Unbekannte und schloss die Tür hinter sich. »Mein Name ist Henrike Dahlberg. Ich arbeite für das Verteidigungsministerium. Darf ich dir ein paar Fragen zu dem Zylinder stellen, der am Bahnhof aufgetaucht ist?«

Oh Gott. Was? Verteidigungsministerium? Sie hatte eher erwartet, dass durch die Tür ein paar Polizisten marschieren und sie in Handschelle abführen würden.

»Oh tut mir leid«, fügte Frau Dahlberg hinzu. »Ist das in Ordnung, wenn ich Du sagen?«

Schüchtern nickte Suji und sah sich im Zimmer nach Fluchtmöglichkeiten um. Wahrscheinlich konnte sie den Ständer, an dem die Infusion hing, als Waffe einsetzen, um die Frau zurückzudrängen, um dann schnell durch die Tür zu fliehen. Aber konnte sie Hermes hier einfach zurücklassen? Medizinisch schien er hier in guten Händen zu sein, aber wenn sie gesucht wurde, dann er wahrscheinlich ebenfalls.

Suji blieb am Fenster stehen und hielt den Ständer mit einer Hand fest. Diese Frau im Hosenanzug musste nur eine falsche Bewegung machen und die Studentin wäre zum Angriff übergegangen.

»Du und dein Freund haben einiges durchgemacht. Wo wurdet ihr denn von den Black Bots angegriffen?«

Das hatte sie bei den Sanitätern sowieso schon ausgeplaudert, also konnte sie es auch verraten. »In der Sperrzone!« Dahlberg runzelte die Stirn.

»Welche Sperrzone?«

»Verdammt …«, fluchte Suji und seufzte. Das war echt kompliziert. Wo genau war sie jetzt überhaupt?

Die Frau vom Verteidigungsministerium nahm sich einen der Stühle für Besucher und setzte sich an das Bett, nur etwa zwei Meter von ihr entfernt. Beschwichtigend hob sie die Hände.

»Niemand will dir etwas tun«, versprach sie. »Die Sanitäter meinten, du hättest erwähnt, dass die Polizei nach dir sucht. Ich habe mit der Polizeidienststelle von Erfurt und auch mit der in Berlin telefoniert, aber die kennen dich gar nicht. Du musst dir also überhaupt keine Sorgen machen. Wenn du Probleme hast, kannst du mit mir darüber reden und wir finden bestimmt eine Lösung. Okay?«

Die Koreanerin zögerte. Erfurt? Berlin? Konnte sie ihr wirklich vertrauen? Wenn das wirklich so war, dann musste sie diese Chance ergreifen. Schließlich konnte es nicht ewig so weitergehen.

»Ich bin illegal in Deutschland«, erklärte sie und musste dabei schluchzen. »Das Bundesamt für Flüchtlinge wollte mich nach Nordkorea abschieben lassen. Da bin ich abgehauen. I-ich …« Sie musste eine Pause einlegen und durchatmen. Ihre Stimme zitterte. »I-ich wollte meine Mama holen und mit ihr fliehen, a-aber da war sie schon tot. Jemand hat sie umgebracht!! Hermes …« Sie zeigte auf den Alien-Jungen, der friedlich in seinem Bett schlief. »Hermes hat mich gerettet. Wir sind in die Sperrzone geflüchtet. Dann war da diese schwarze Maschine, die auf uns geschossen hat. Und die US-Soldaten, die uns töten wollten. Können Sie DAFÜR eine Lösung finden?«

Die Miene der Frau versteinerte sich. Mit großen Augen starrte sie die Koreanerin an und musterte sie von unten nach oben. Das hatte ihr wohl die Sprache verschlagen. Aber was kam nun? Wie lebten die Menschen auf dieser Welt? Wie hatten sie sich durch die Isolation der letzten Monate verändert? Auf den ersten Blick wirkte die Stadt nicht so heruntergekommen wie zum Beispiel München auf der Erde. Und die Tatsache, dass Aliens mitten unter den Menschen lebten und das anscheinend ganz natürlich war, war auch ein gutes Zeichen. Oder? War es das wirklich?

»Du … kommst von der Erde?«, fragte Dahlberg verblüfft. Suji nickte und die Frau im Hosenanzug fuhr fort. »Das ist unglaublich. Du bist mit der Maschine in diesem Zylinder von der Erde hierher gereist. Du bist seit Monaten der erste Mensch von der Erde, den wir getroffen haben.«

»Und was machen Sie nun mit mir?«

Die Frau legte den Kopf schief. »Wo genau kommst du her?«

»Aus München. Der kleine Teil, der nicht verschwunden ist. Ich habe mein ganzes Leben lang dort gelebt. Bis vor ein paar Tagen zumindest. Meine Mutter ist aus Nordkorea geflohen, als ich noch ein Baby war. Sie hat mich im Flugzeuggepäck versteckt, als sie von dem Regime die Erlaubnis bekam, nach Wien zu reisen. Von dort aus ist sie dann nach Deutschland gefahren und hat politisches Asyl beantragt. Aber bis heute ist unsere Asylantrag nicht angenommen worden. Wir waren eine Zeit lang geduldet. Obwohl ich kein anderes Leben als das in München kenne, konnte ich nie richtig eingebürgert werden. Und als der Bundeskanzler wegen dem Zusammenbruch der Weltwirtschaft beschlossen hatte, alle Asylbewerber abzuschieben, hat das auch uns getroffen …«

»Der Bundeskanzler?«

»Ja«, schnaubte Suji verächtlich. »Dieses Arschloch ist ja leider nicht verschwunden …« Eine weitere Heulattacke unterbrach sie. Die Koreanerin schluchzte laut. »T-tut mir leid …« Es war einfach zu viel für sie. Erschöpft und kraftlos ließ sie die Stange los und setzte sich auf ihr Bett, gegenüber von Dahlberg. Diese beugte sich leicht nach vorne.

»Du bist hier herzlich willkommen«, versicherte sie. »Was die auf der Erde beschlossen haben, gilt hier nicht. Unsere Bundeskanzlerin heißt Julia Bach und sie hat schon vor Monaten durchgesetzt, dass jeder, der in Deutschland lebt, auch die Staatsbürgerschaft erhält. Egal, von wo auf der Erde man ursprünglich herkam. Ganz unbürokratisch.«

»W-was? … Wer ist Julia Bach?«

»Sie war früher die Bundesministerin für Bildung und Forschung. Als das Erdbeben kam und wir vom Rest der Welt abgeschnitten waren, war sie das einzige Mitglied der Bundesregierung, das noch übrig war und hat das Kommando übernommen und seit den Neuwahlen ist sie ganz offiziell unsere Bundeskanzlerin.«

Mit Stirnrunzeln sah Suji verwundert aus dem Fenster. Deutschland wurde jetzt also von einer Frau regiert? »Was ist denn hier passiert?«

Henrike seufzte. »So einiges. Das ist eine große unerforschte Welt und wir waren völlig auf uns allein gestellt. Zuerst dachten wir, dass wir von den Scavengern angegriffen wurden und holten zu einem Gegenschlag aus. Dann verstanden wir, dass die Black Bots unsere eigentlichen Feinde waren und die Außerirdischen unsere Hilfe brauchten. Dieser Krieg hat uns viel abverlangt und uns alle verändert.« Nun sah auch die Frau aus dem Fenster. Ihr Blick wurde traurig und zeigte so viel Kummer. »Ich war bei den Kommando Spezialkräften und habe an vorderster Front gekämpft. Eines Tages gab es ein neues Erdbeben. Die Black Bots hatten eine neue Maschine gestartet, um einen weiteren Austausch zu vollziehen. Ihr Plan war gewesen, ein Stück unberührten Ozean von dieser Welt mit einem Teil des Pazifik auf der Erde auszutauschen.«

Suji sah zu ihr. »Wozu denn das?«

»Die Black Bots wollten ihre Armada im Einzugsbereich des Austauschs platzieren. Anstatt sich mit uns, die wir sie in jeder Schlacht besiegt hatten, anzulegen, wollten sie eine Invasion der Erde starten. Ich war bei dem Team dabei, dass das verhindern sollte, aber wir konnten die Maschine nicht stoppen. In purer Verzweiflung haben wir sie von der feindlichen Flotte fortbewegt, so dass die Armee der Black Bots nicht auf die Erde kommen konnte. Dadurch wurde allerdings auch der Ort, der von der Erde hierher transportiert werden sollte, verschoben. So kam Japan auf diese Welt.«

»Japan?«, wiederholte Suji ungläubig. »Die japanischen Inseln sind hier? Auf diesem Planeten??«

Black Eye Nation

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