Читать книгу Achtsames Selbstmitgefühl unterrichten - Kristin Neff, Christopher Germer - Страница 48

Selbstmitgefühl für Helfende und Pflegende

Оглавление

Untersuchungen zeigen, dass Selbstmitgefühl eine wichtige Ressource für Betreuungspersonen und Pflegekräfte ist (Raab, 2014). Ein höheres Maß an Selbstmitgefühl wird beispielsweise mit einer geringeren caregiver fatigue (Erschöpfungssyndrom bei Helfenden und Pflegenden) assoziiert (negativen Gefühlen von Stress und Burn-out, die entstehen, wenn man mit dem Schmerz der Patienten in Resonanz geht) und mit mehr compassion satisfaction (positive Gefühle von Befriedigung durch die eigene Arbeit, die sich in einem Energiezuwachs, Glücksempfinden und der Dankbarkeit äußern, etwas Gutes in der Welt tun zu können). Das gilt für Pflegende und therapeutisch arbeitende Personen in unterschiedlichsten Berufsfeldern wie Psychotherapeuten, Krankenschwestern, Betreuer in Kinder- und Jugendheimen, Assistenzärztinnen, Hebammen und Geistliche (Atkinson, Rodman, Thuras, Shiroma und Lim, 2017; Barnard und Curry, 2011; Beaumont, Durkin, Hollins Martin und Carson, 2016a, 2016b; Durkin, Beaumont, Hollins Martin und Carson, 2016; Olson, Kemper und Mahan, 2015; Richardson, Trusty und George, 2018; Ringenbach, 2009). Höhere Selbstmitgefühls-Levels korrelierten mit persönlicher Resilienz bei Ärzten (Trockel, Hamidi, Murphy, de Vries und Bohman, 2017) und mit weniger Schlafstörungen bei Menschen in Pflege- und Gesundheitsberufen selbst nach Berücksichtigung der Stresslevels (Kemper, Mo und Khayat, 2015). Untersuchungen weisen darauf hin, dass auch nichtprofessionelle Pflegende von Selbstmitgefühl profitieren. So wurde Selbstmitgefühl beispielsweise bei Menschen, die sich um einen älteren Demenzkranken kümmern, mit weniger Belastungsgefühlen und besseren Coping-Strategien bei Stress in Verbindung gebracht (Lloyd, Muers, Patterson und Marczak, 2018). Auch eine Studie mit Eltern von autistischen Kindern ergab, dass ein höheres Maß an Selbstmitgefühl mit weniger Stress und Depressionen sowie mehr Lebenszufriedenheit und Hoffnung verbunden war (Neff und Faso, 2014). Selbstmitgefühl war tatsächlich ein stärkerer Prädiktor für die elterliche Bewältigungsfähigkeit als die Schwere der Autismusstörung selbst. Das deutet darauf hin, dass der Umgang der Eltern mit sich selbst bei dieser Herausforderung noch wichtiger ist als das Ausmaß der Belastung durch die herausfordernde Fürsorge für die Kinder.

Glücklicherweise legen Forschungsergebnisse nahe, dass man Betreuungspersonen und Pflegende in Selbstmitgefühl trainieren kann. Eine Studie mit Personen in Gesundheitsberufen ergab, dass Achtsamkeitstraining das Selbstmitgefühl der Teilnehmenden steigern konnte, was wiederum ein Prädiktor für die Verringerung ihres Stressniveaus war (Shapiro, Astin, Bishop und Cordova, 2005). Darüber hinaus reduzierte ein sechswöchiges Online-Selbstmitgefühlstraining bei Therapeuten in der Ausbildung Stresssymptome und verbesserte ihre Fähigkeit zur Emotionsregulation sowie das allgemeine Wohlbefinden (Finlay-Jones et al., 2015). Sich selbst Mitgefühl entgegenzubringen scheint also die emotionalen Ressourcen bereitzustellen, die man braucht, um für andere sorgen zu können.

Andererseits kann die Fürsorge für andere den Betreuenden verstehen helfen, wie sie selbstmitfühlend sein können. Die Forschung legt eine Möglichkeit nahe, wie Menschen lernen, selbstmitfühlend zu sein, indem sie aus der vertrauteren Erfahrung des Sorgens für andere unterstützende innere Dialoge ableiten. In einer vier Studien umfassenden Studienreihe untersuchten Breines und Chen (2013) die Hypothese, dass die Aktivierung von unterstützenden Mustern das Selbstmitgefühl steigern kann. In den ersten beiden Studien riefen sich die Teilnehmenden zunächst ein negatives Ereignis aus der Vergangenheit ins Gedächtnis oder erlebten einen laborbasierten Testfehler. Dann wurden sie nach dem Zufallsprinzip dafür ausgewählt, sich entweder an eine Situation zu erinnern, bei der sie Unterstützung boten, oder an eine, in der sie mit einer anderen Person Spaß hatten. Zum Schluss absolvierten sie einen Test zur Messung ihres Selbstmitgefühls-Levels. Diejenigen, die sich daran erinnerten, jemandem Unterstützung gegeben zu haben, waren auch in höherem Maße selbstmitfühlend. Die beiden anderen ­Experimente untersuchten die Auswirkungen der tatsächlichen Unterstützung einer anderen Person (durch schriftliche Beratung), verglichen mit der Nichtunterstützung oder einfach der Lektüre des Problems einer anderen Person, und stellten fest, dass dies ebenfalls zu einer größeren Fähigkeit zum Selbstmitgefühl führte.

Achtsames Selbstmitgefühl unterrichten

Подняться наверх