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0. Vorwort im Dezember 2014

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Liebe Leserin, lieber Leser!


Vor gut 12 Jahren habe ich mich im Rahmen meines Diplom-Pädagogik Studiums an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz intensiv mit dem Thema Aggression im Kindesalter beschäftigt. Insbesondere die Auseinandersetzung mit der Bindungstheorie hat mir in allen meinen praktischen Tätigkeiten, in Kindergärten, Grundschulen und weiterführenden Schulen sowie im Umgang mit gesellschaftlich benachteiligten Jugendlichen, einen hohen Dienst erwiesen. Wäre mir nicht klar gewesen wie sehr die frühen Bindungen das Selbstwertgefühl und die Verletzlichkeit des Kindes prägen können und welche Verstrickungen in familiären Beziehungen zu welchen Symptomen führen können, so hätte ich so manches Mal sicher weniger feinfühlig auf die mir anvertrauten Heranwachsenden reagiert. Und ich hätte meine Rolle als (späte) Bindungsfigur unterschätzt und die Verantwortung, die mit dieser Rolle einhergeht.

Die Bindungstheorie und ihre Implikationen sind in ihrer Reichweite und Relevanz aus pädagogischen Handlungsfeldern nicht wegzudenken. Und ebenso gehört dieses Wissen meines Erachtens in die Hausapotheke einer jeden Familie. Denn sie lehrt uns miteinander feinfühlig umzugehen, Kinder mit ihren Bedürfnissen und in ihrem Selbstausdruck wahrzunehmen und sie stark zu machen für eine Welt voller Risiken – und voller Aggressionen.

Aktuell ist die gesamte nordrhein-westfälische Schullandschaft dem Inklusionsgedanken unterworfen, und bei reinen Gedanken ist es nicht geblieben. Gymnasien öffnen sich für Förderschüler, Förderschulberufskollegs öffnen Hauptschülern ohne REHA-Status ihre Pforten, Gesamt- und Gemeinschaftsschulen fressen die Reste von Haupt- und Realschulen auf und vereinen diese mit umfassenden Lehrplänen von Förderschul- bis Gymnasialniveau. Alle sind hier willkommen! Schön! …

Schon in meiner Studienzeit habe ich begeistert in integrativen Schulen hospitiert in denen Schüler und Schülerinnen ohne und mit Behinderungen gemeinsam unterrichtet wurden. Mit Erfolg! Denn die Klassen waren mit jeweils zwei Lehrkräften besetzt, die räumliche Ausstattung war hervorragend, behinderte Kinder hatten jeweils einen Zivildienstleistenden zur Seite, es gab extra Unterrichtsstunden zum Thema „Sozialverhalten“ und, und nun kommt das Entscheidende, die Lehrkräfte hatten aus tiefer Überzeugung ihren Arbeitsort gewählt. Es waren Lehrerinnen und Lehrer, die nicht bindungsscheu waren, sondern im Gegenteil neben ihrer fachlichen Arbeit die Beziehungsarbeit als Bestandteil ihrer Aufgabe ansahen.

Und genau an dieser Stelle hinkt für mich die Umsetzung der Inklusion in Teilen des deutschen Schulwesens. Diese Art der Beziehungsarbeit, die außergewöhnliche Schüler und Schülerinnen brauchen, insbesondere lernschwache und emotional auffällige Kinder (wobei ich davon ausgehe, dass gute Bindungen und Beziehungen allen Kindern gut tun), wurde bisher hauptsächlich von Förderschullehrern geleistet, die meistens in sehr kleinen Gruppen unterrichten.

Der typische Fachlehrer der Realschule XY hat nicht nur wenig Zeit für Bindungsarbeit, er hat im schlechtesten Fall auch gar keine Ahnung davon! Das sei ihm nicht vorzuwerfen, denn seine Intention ist höchstwahrscheinlich, sein Fachgebiet didaktisch ansprechend zu vermitteln. Das ist sein Job.

Ausgehend davon, dass viele Lehrkräfte auf die Themen „Beziehungsarbeit“ und „Verhaltensstörungen“ in Studium und Referendariat nicht hinreichend vorbereitet wurden, halte ich die Lage der Nation, in der die Katastrophenmeldungen aus „Inklusionsversuchen“ sich in Grenzen halten, für lobenswert. Oder ist das die Ruhe vor dem Sturm? Werden unsere Lehrer und Lehrerinnen es schaffen im Zuge der steigenden Anforderungen an die eigene emotionale Offenheit und Bindungsfähigkeit zu wachsen und durch persönliche Entwicklung und Umstrukturierungen von schulischen Ressourcen das große Inklusionsvorhaben zu meistern? Oder braucht es für die Begegnung mit aggressiven und auffälligen Kindern doch eine beschützte und sehr überschaubare Atmosphäre mit ganz besonders ausgebildeten Menschen, den „Sonderpädagogen“, damit Heilung geschehen kann?


Kristine Tauch, Diplom-Pädagogin


P.S.: Alle in der vorliegenden Arbeit genannten Standpunkte werden mit empirischen Befunden belegt. Den ungeduldigen Lesern empfehle ich die präzisen Zusammenfassungen jeden Kapitels sowie den Ausblick am Ende zu lesen.

Bitte denken Sie auch daran: Eine ehrliche und freundliche Rezension stärkt die Bindung der Leser zur Autorin und sorgt für ein Lächeln in deren Gesicht. Danke!


Aggressive Kinder

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