Читать книгу Nur dämlich, lustlos und extrem? - Kurt Möller - Страница 20
SINNBILANZEN
ОглавлениеMenschen wollen wissen, inwiefern ein bestimmtes Denken, Fühlen oder Handeln ihnen oder anderen »etwas bringt«, sie wollen Vorteile oder Gewinne darin absehen können – keinesfalls nur materielle – und sie wollen erkennen können, dass ihr Streben, Tun oder Unterlassen nicht völlig belanglos ist, sondern Spuren hinterlässt, kurzum: Sie wollen Sinn darin sehen. In Bezug auf politische Haltungsbildung heißt dies: Solange politische Positionierung und politische Aktivität(sbereitschaft) als etwas wahrgenommen werden kann, das Wirkungen hinterlässt, sind diesbezügliche Aufladungen mit Sinn möglich. Wo hingegen angenommen wird, dass »alles sowieso egal« ist, werden Sinnzuschreibungen und Sinnstiftung verhindert.
Wird mithin das demokratische System als eine Struktur wahrgenommen, über die Interessenabwägungen und öffentliche Belange nicht angemessen reguliert werden können, muss Unzufriedenheit mit ihm und seinen Institutionen nicht erstaunen. Wo das Personal, das in ihm Entscheidungen trifft, als abgehoben vom »Boden der Tatsachen«, wenig vertrauenswürdig, wenn nicht gar als Kundschaft in einem »Selbstbedienungsladen« gilt, fällt es schwer, es als Repräsentanz des Volkes wahrzunehmen und seiner Finanzierung aus Steuergeldern Sinn zuzuschreiben. Unzufriedenheit mit ihm und Skepsis gegenüber derartiger Umsetzung der demokratischen Idee können dann, wenn sie nicht in Resignation und Apathie führen, sowohl in systemkonformes Aufbegehren münden als auch zu Aggressionen verleiten, die einen Umsturz propagieren und dabei gegebenenfalls auch un- und antidemokratische Mittel mit sich bringen.
Und auch hier zeigt sich: Wo das Funktionieren von demokratisch ausgerichteten Kanälen politischer Mitsprache, Mitentscheidung und Mitwirkung erfahren werden kann, wird Distanz zu und Distanzierung von demokratiewidrigen Haltungen ermöglicht (vgl. ebd.).