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Vernünftige Philosophen, unvernünftige Tiere

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Die Ausrottung des Dodo geschah aus menschlicher Unwissenheit und Fahrlässigkeit. Sie stellt aber auch eine Folge der bis in die Gegenwart verbreiteten Auffassung dar, der Mensch als Vernunftwesen sei die Krone der Schöpfung und alle Tiere stünden unter seiner Herrschaft.26 Der griechische Philosoph Aristoteles27 (384 – 322 v. Chr.) war davon überzeugt, dass die Pflanzen um der Tiere willen geschaffen wurden und die Tiere um der Menschen willen; die zahmen Tiere für die Arbeit und die menschliche Ernährung, die wilden Tiere zum größten Teil ebenso für die Ernährung oder auch für andere Dinge, die uns nützen, wie z. B. Kleidung. Aristoteles lehrte übrigens auch, dass Männer den Frauen übergeordnet seien, und manche Menschen aufgrund ihrer Körperkraft die Bestimmung hätten, Knechte oder Sklaven zu sein.

Aristoteles’ Auffassung über das Verhältnis von Menschen und Tieren wurde von den großen christlichen Theologen weitertradiert und durch die Berufung auf die Bibel abgesichert, allen voran von Thomas von Aquin (1225 – 1274), dem Doctor angelicus, dem engelgleichen Lehrer, wie einer seiner Ehrentitel lautete. Zwischen Doktor Thomas und dem lieben Vieh bestand ein weiter Graben, denn nach Thomas von Aquin ist nur der Mensch als göttliches Ebenbild geschaffen und mit Verstand ausgestattet worden. Die vernunftlosen Tiere dagegen würden ausschließlich zum Wohle des Menschen existieren und seien zum Gebrauch durch ihn bestimmt. Der Mensch habe zwar das Eigentumsrecht an Tieren zu respektieren, an sich allerdings bestünden keine Verpflichtungen eines Menschen gegenüber Tieren, sondern das umfassende Recht, sie zu töten und nach Belieben zu verwenden: „Aus der Göttlichen Vorsehung nämlich werden sie [die Tiere] durch die natürliche Ordnung zum Gebrauch des Menschen geordnet, weswegen der Mensch sie ohne Unrecht gebraucht, sei es, indem er sie tötet, sei es auf irgendeine andere Weise.“28

Die sich im 17. Jahrhundert anbahnende Aufklärung brachte keinen tierethischen Fortschritt, ganz im Gegenteil. Der einflussreiche französische Philosoph René Descartes29 (1596 – 1650) beschrieb die Tiere als Maschinen oder Automaten ohne Gefühle des Schmerzes und Wohlbefindens, als Geschöpfe ohne Vernunft und ohne Seele. Descartes und seine Anhänger hatten von Anfang an keine Probleme, brutale Tierversuche zu rechtfertigen. „Wissenschaftlich interessierte Cartesianer konnten … lebende Hunde an Bretter nageln, aufschneiden und davon überzeugt sein, dass sie ihnen keine Schmerzen zufügen und dass die Laute, die die Objekte ihrer Forschung von sich gaben, nichts anderes wären als das Quietschen einer Maschine. (Manchmal wäre es allerdings von Vorteil gewesen, die Stimmbänder der Hunde zu durchschneiden, um das lästige Winseln nicht mehr zu hören.)“30 Immanuel Kant31 (1724 – 1804), der große Aufklärungsphilosoph des 18. Jahrhunderts, sprach Tieren ebenfalls keinen Eigenwert und keine Würde zu. Wie für Thomas von Aquin war auch für Kant Tierquälerei ethisch nur deshalb problematisch, weil sich aus der Grausamkeit gegenüber Tieren eine allgemeine Neigung zur Grausamkeit entwickeln könnte, die auch vor Mitmenschen nicht haltmacht.

Die Würde des Tieres ist unantastbar

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