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5.

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ieh mal einer an, wenn das nicht unser Mönchlein ist!“

Der dicke Torwächter lachte, als er mich näherkommen sah. Die Zugbrücke war hinabgelassen, auch wenn der Morgen nur eine violett glimmende Verheißung am Horizont war. Ich hatte einen Beutel über der Schulter hängen, gefüllt mit Pökelfleisch, Brot und einigen Äpfeln – dem einzigen, was in der Markthalle noch feilgeboten wurde. In meiner Hand hielt ich einen Schlauch Wein.

„Wir mussten doch eine Ausnahme machen und die Zugbrücke früher hinunterlassen“, sagte die hagere Wache.

Ich blieb vor dem Torhaus stehen. „Dabei hatte ich euch nun eigens einen Schlauch Wein mitgebracht.“

„Können wir den trotzdem haben?“ Der Fette zeigte zum ersten Mal so etwas wie Interesse.

Ich umklammerte den Weinschlauch fester. „Nur, wenn ihr mir sagt, für wen ihr eine Ausnahme gemacht habt.“

Es interessierte mich, wen – oder was – die Wächter eingelassen hatten. Ich hielt jetzt, da sich Baphomet so plötzlich gemeldet hatte, alles für möglich. Die Angst kehrte zurück, fiebrig und pulsierend.

„Oh, ganz hohe Kirchenmänner“, sagte der Hagere voll Ehrfurcht.

„Jaja, übertreib’s nicht“, raunte der andere. „Irgendein päpstlicher Legat und sein Gefolge. Fünf Reiter in silbernen Rüstungen, mit feinen Verzierungen. Die Gesichter hätteste sehn’ müssen, Mönchlein. Engelsgleich, aber die Augen so flammend wie die von Dämonen. Einer davon noch dazu mit dunkler Haut, als hätte man ihn aus der Asche der Höllenfeuer geformt.“ Er kratzte sich im Schritt. „Krieg’ ich jetzt den Wein?“ Ich warf ihm den Schlauch zu.

Die beiden sagten mir noch etwas, als ich den Torbogen durchquerte, aber ihre Worte klangen in meinen Ohren viel zu blechern, als dass ich sie hätte verstehen können.

Ich schluckte trocken. Der päpstliche Legat. Nun war mir nicht nur Baphomet direkt auf den Fersen, sondern auch die Häscher des Vatikans. Ich fluchte so gotteslästerlich, dass es für drei Anklagen als Ketzer gereicht hätte.

Schnellen Schrittes ließ ich das Torhaus hinter mir und folgte der matschigen Straße gen Norden. Weißbirken drohten als riesige Blattungetüme auf den Feldern, von denen viele brachlagen oder auf denen Gruben für Massengräber ausgehoben wurden. Westlich von ihnen fraß sich der Rhein als matt schimmernder Wurm durch das Land, tobend unter einer titanischen Wut. Davon völlig unbeeindruckt zogen Nebelbänke über ihn hinweg, umwaberten mich wie meine Furcht und die Geheimnisse der vergangenen Nacht.

Warum war ich – ausgerechnet ich – von der Pest verschont worden? War es Baphomet, der mich von der Plage befreit hatte, damit ich weiter seinem teuflischen Spiel ausgeliefert war? Oder hatte Gott einfach einen furchtbaren Sinn für Humor? Wie auch immer – ich sollte diese Chance nutzen, um jenen gottgesandten Alchemisten zu finden.

Nicht für mich. Nur für euch, meine Brüder, nur für euch.

Nicht mir, o Herr, nicht mir, sondern eurem Namen gib Ehre …

Jaques de Molay, Großmeister der Templer, schlurfte aus dem Nebel. Der Blick seiner Augen bohrte sich wie ein Armbrustbolzen in meinen Leib. Sein Bart war lang und ungepflegt, seine Wangen eingefallen – genau wie am Tag der Hinrichtung. Ich schreckte zurück, strauchelte und stürzte in das Farngestrüpp am Wegesrand. De Molay starrte auf mich hinab und ich rechnete damit, dass er mich nun bespucken und als Verräter beschimpfen würde. Stattdessen sagte er mit breitem rheinischen Dialekt: „Watt treibst du da, du Galgenkrähe?“

Ich atmete erleichtert aus. Ohne die Schleier meiner verqueren Gedanken erkannte ich, dass der Mann dem Templer nur oberflächlich ähnelte. Die Gesichtszüge waren völlig anders proportioniert, die Körperhaltung unterschied sich deutlich. Selbst mit der Gewissheit des Todes war Jaques de Molay noch stolziert, den Rücken durchgedrückt und die Schritte raumgreifend. Der Rücken der Gestalt vor mir krümmte sich hingegen wie ein Birkenast.

„Ich … bin nur ausgerutscht.“ Ich rappelte mich auf und lächelte dem Fremden flüchtig zu. „Weiterhin eine gute Reise, mein Sohn.“

Ich sah zu, dass ich verschwand und ließ den Kerl zurück. „Komisches Volk ist auf den Straßen …“, hörte ich ihn noch murmeln.

Wenn ich weiterhin so schleppend vorankam, würde der päpstliche Legat mich bald einholen. Pietro di Tremante gehörte zu den hartnäckigsten Vollstreckern des Heiligen Stuhls. Er würde in Duisburg so lange nachforschen und Bürger befragen, wenn nötig auch mit Gewalt, bis er wusste, wohin ich verschwunden war. Da mein Auftreten in der Salvatorkirche alles andere als unauffällig ausgefallen war, würde dies wohl nicht lange dauern.

Mit hastigen Schritten wanderte ich weiter. Der Nebel verdichtete sich und raubte die Sicht auf das Schwemmland des Rheins. Seine erdige, frische Luft war nach dem Gestank der pestschwangeren Stadt eine Wohltat und sättigte meine Lungen mit Kraft. Ab und an hörte ich das heisere Rufen einer Krähe, nur selten kreuzten ein Fuhrwerk oder andere Wanderer meinen Weg. Ich hatte das Gefühl, gut voranzukommen, auch wenn mich die Nebelwand nicht sehen ließ, ob es zutraf.

Du folgst dem Lauf des Höllenflusses Kokytos, dröhnte Baphomets Stimme in meinem Schädel. Von seinen Wassern hast du schon längst getrunken, Verdammter. Nun kommst du zum Styx! Der Fährmann erwartet dich. Vergiss nur nicht sein Fährgeld!

Ich stöhnte auf. Nicht jetzt. Nicht schon wieder. Zum ersten Mal sah ich den Nebel um mich herum als direkte Bedrohung an, fühlte mich verloren in seiner grauen Endlosigkeit.

Unter mir das stetige Pflatsch-Pflatsch meiner Schritte, vor mir die Konturen eines Ufers – und von etwas anderem. Die Umrisse eines hochaufgeschossenen Menschen; zwei Ziegenhörner, die ihm aus der Stirn wucherten; ein Flügelpaar, das aus seinem Rücken ragte; das fahle Leuchten eines Halbmonds, der über seiner ausgestreckten Hand schwebte, ein Irrlicht im Nebel. Er war plötzlich erschienen, wie aus dem Nebel manifestiert. Nur wenige Schritte von mir entfernt.

Ich erstarrte. Was der zügige Marsch noch nicht vermocht hatte, bewältigte nun diese Erscheinung: Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich atmete stoßweise.

Baphomet beugte sich hinab, legte etwas auf die Straße. Er baute sich wieder zur vollen Größe auf und für einen Moment schien es mir, als würde er mich ansehen.

Durch den Nebel hindurch.

Durch mein Fleisch.

Geradewegs in meine Seele.

Dann verschlang ihn der Dunst.

Für einige Augenblicke stand ich einfach nur da, wobei es fast ein Wunder darstellte, dass mein schlotternder Körper dazu noch in der Lage war. Ab und an hatte ich Schatten auf Häuserdächern gesehen, glimmende Augen in engen Gassen. Hatte gemeint, einen Gehörnten in einer Menschenmenge zu sehen. Aber noch nie hatte sich Baphomet mir so nahe und deutlich gezeigt.

Zögerlich setzte ich einen Fuß vor den anderen, den Blick zu Boden gerichtet. Was hatte er auf die Straße gelegt? Ich erkannte im Dreck zwei Münzen, bückte mich und hob sie auf. Auf der einen Seite war das Profil eines Mannes abgebildet, auf der anderen stand etwas in einer Sprache, die ich nicht entziffern konnte, möglicherweise Griechisch. Trotzdem wusste ich nur zu gut um die Bedeutung der beiden Geldstücke. Sie waren der Obolus, der Preis für die Überfahrt ins Totenreich. Wollte Baphomet mir Angst einjagen? Verhindern, dass ich ins Pestland ging? Oder wollte er mich dorthin locken, um endlich sein Werk an mir zu vollenden?

Grimmig steckte ich die Münzen in meinen Geldbeutel. So leicht ließ ich mich nicht beirren. Die Schritte fester als zuvor setzte ich meinen Weg fort. Der Nebel klarte weiter auf und gab den Blick frei auf das Ufer der Ruhr. An die Straße schloss sich ein Steg an, gesäumt von einer Sandbirke, deren Äste müde in den Fluss hingen.

Ein Kahn ankerte am Steg, der noch nicht einmal diesen Namen verdient hatte. Er machte eher den Eindruck eines Floßes; notdürftig aneinandergebundene Stämme, ein langer Ast als Ruder. An der Birke lehnte ein großer Mann und nippte an seinem Becher.

„Seid gegrüßt, Reisender!“, rief er mit rasselnder Stimme. „Darf Euch Charon mit über den Fluss nehmen?“

Ich erstarrte, wenige Schritte vor dem Fährmann. Charon – dies war der Name des Fährmanns der Unterwelt. Und nur kurz zuvor hatte mir Baphomet die zwei Obolus überreicht. In mir erwuchs die Versuchung, von hier zu verschwinden und flussaufwärts nach einem anderen Fährmann zu suchen.

Während er grinste, vertieften sich Charons Falten wie neu aufgerissene Wunden. „Ist mir das letzte Mal vor Jahren bei ’nem Gelehrten aus Köln passiert, dass einer beim Hören meines Namens so zusammengezuckt ist. Der war so in Eile, der konnt’ mir nicht mal erklär’n, was da so Besonderes dran is’. Wenn du’s mir sagst, fahr’ ich dich umsonst rüber – auch wenn die Zeiten schlecht für mich sind.“

Ich atmete erleichtert aus. Ein gewöhnlicher Mann. Etwas schrullig und mit rheinischem Dialekt. Seine Augen funkelten amüsiert und nicht glimmend rot wie in der Sage. Seinen Kopf bedeckten lediglich einige Altersflecken, doch keine schlohweißen Haare.

„Woher habt Ihr den Namen, wenn Ihr noch nicht einmal wisst, was er bedeutet?“, fragte ich aus Vorsicht.

Charon machte sich an der Feuerstelle neben dem Steg zu schaffen. „Möchteste Tee?“

„Gern.“ Ich legte mein Bündel ab und setzte mich ins Gras, den Rücken gegen die Birke gelehnt. Bis Simon hier eintraf, konnte ich mir die Zeit ruhig so angenehm wie möglich gestalten.

„Mein Vater hat’n mir gegeben, den Namen. Und der hat’n von seinem alten Herrn. Und so weiter.“ Er holte einen weiteren irdenen Becher aus seiner Tasche, umfasste den Griff der Kanne mit einem Tuch und goß Tee ein.

„Charon – das ist in einer sehr alten Mythologie der Fährmann, der die Toten in die Unterwelt fährt“, erklärte ich.

„Na, dann weiß ich ja, bei wem jetzt meine ganzen toten Kunden sind“, lachte Charon und entblößte dabei mehrere Zahnlücken.

Er reichte mir den Becher. Einen Moment lang genoß ich den heißen Dampf und den Kräuterduft, der von ihm aufstieg. Der Fährmann setzte sich neben mich und sein Gestank nach Brackwasser vertrieb den Teegeruch. „Du willst also da rüber, mein Freund? Wie heißte überhaupt?“

„Lucien de Courogny. Und ja, ich will da rüber“, sagte ich. „Nicht nur ich, sondern auch ein Junge. Er müsste bald hier auftauchen.“

„Ich würd’ Euch da – um ehrlich zu sein – nicht zu raten.“

Ich verschluckte mich an meinem Tee. „Das sagst gerade du, der davon lebt, die Leute hinüberzufahren?“

Charons Blick huschte auf die andere Uferseite. So hastig, als müsste er erblinden, wenn er zu lang hinüber starrte.

„Ich weiß ja, ich weiß“, flüsterte er. „Aber ich bin ja kein Unmensch. Ich will nachts ruhig schlafen, das sag ich dir. Da kann ich’s nicht gebrauchen, so ’nen Mönch wie dich und dann auch noch ’nen Jungen in den sicheren Tod geschickt zu haben.“

„Glaub’ mir“, winkte ich ab, „ich habe schon genug vom Pestland gehört, um zu wissen, dass es dort gefährlich ist.“

„Nichts für ungut, aber du weißt gar nichts.“ Charon schlürfte seinen Tee und sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. „Ich hatte meine Hütte da drüben. In der Nähe vom Dorf Laar. Hab’ mich von den anderen Leuten ferngehalten – so war ich einer der letzten, der noch lebte.“ Er presste die Lippen aufeinander. „Dann fing es an mit den Schreien.“

„Welche Schreie?“

„Langgezogenes Wehklagen. Als würd’ jede Nacht eine Katze gefoltert werden, drüben im Dorf. Und am Ende tauchte sie auf, die Hexe. Schlich bei mir ums Haus. Hab’ sie fortgejagt, aber sie kam immer wieder. Hat geschrien, das Weib, geschrien und geschrien.“

Ich runzelte die Stirn. In solchen Zeiten ging oft die Fantasie mit den Leuten durch. Die Furcht in Charons Augen wirkte allerdings so echt, dass ich ihm Glauben schenkte. „Hat sie noch etwas getan?“

Charon brummte. „Hat mir vor die Tür gepisst. Und am letzten Morgen lag ein geköpftes Hühnchen vor der Tür. Mit dem Blut hat sie irgendwas auf die Wand geschmiert.“

Eine Vorahnung kroch wie eine Spinne meine Eingeweide empor. „Wie sah es in etwa aus? Kannst du es aufzeichnen?“ Ich reichte ihm einen Stock, den ich vor mir auf dem Boden aufgelesen hatte.

„Dafür, dass du angeblich schon alles weißt, biste aber ziemlich neugierig“, grinste Charon. „Gut, woll’n mal seh’n.“

Etwas ungelenk trieb er den Stock durch die dunstfeuchte Erde vor uns. Als er sein Werk vollendet hatte, legte er den Kopf schief und verschränkte die Arme vor der Brust. „Gar nich’ übel – so sah’s aus. Ich hoff', ich komm’ dafür nicht in die Hölle, dass ich das aufgezeichnet hab’, hmmm, Bruder?“

Schon nach wenigen Strichen hatte ich das Pentagramm erkannt. Das Zeichen der Magie, auch der Dämonen – Baphomets. War die Frau, von der Charon sprach, tatsächlich eine Hexe?

Hatte Baphomet seine Diener schon vorausgeschickt?

„Du wirst bestimmt nicht in der Hölle landen“, sagte ich dem Fährmann. „Danke, dass du es mir aufgezeichnet hast.“

„Weißte denn, was das Gekrakel bedeuten soll?“

Ich nickte. „Es ist ein Pentagramm.“

„Penta-was? Musst schon ein wenig genauer werden, Bruder. Von einem Pentrogramm hab’ ich noch nie …“

Weiter kam er nicht.

„LUUUCIEN!“

Ein langgezogener Schrei. Durchsetzt von Panik. Simon hastete aus dem Nebel, neben ihm ein weiß-braun gefleckter Brackenhund.

Ich war sofort auf den Beinen. Meine Glieder angespannt. „Mach das Boot bereit!“, rief ich Charon zu.

„Hundesohn! Verfluchtes Drecksbalg!“, schnarrte die Stimme von Kuno Aumann aus den Nebelfluten. Zusammen mit zwei weiteren Gestalten stürzte er in mein Sichtfeld. Kuno hielt sein Messer in der Hand. Einer seiner Kumpane, ein wahrer Hüne, schulterte eine Nagelkeule. Der andere, untersetzt und klein, trug ein schartiges Beil.

Schwer atmend blieb Simon vor mir stehen. Er hielt ein Buch umklammert. Sein Kittel war an der Schulter aufgerissen und entblößte eine Schnittwunde quer über das Schlüsselbein. Aus blutunterlaufenen Augen sah er zu mir auf, unfähig, Worte über seine bebenden Lippen zu bringen.

Unmerklich glitt meine Hand auf den Knauf meines Schwertes. Diesmal würde Kuno zahlen müssen. Ich legte meine andere Hand auf Simons unverletzte Schulter und bugsierte ihn hinter meinen Rücken.

„Lauf zum Boot und warte dort.“

Er nickte und rannte los. Der Hund tollte weiter um mich herum, bellte, leckte meine Hand und wedelte mit dem Schwanz.

„Venga, Alessio, venga!“, rief ihm Simon auf Spanisch zu. Das Tier gehorchte und folgte ihm Richtung Ufer.

Dieser Junge erstaunte mich immer wieder aufs Neue. War es der Hund gewesen, den er holen wollte? Oder doch das Buch? Ich verfluchte mich. Mir hätte klar sein müssen, dass sein Onkel sich nicht einfach zufrieden geben, sondern weiter auf ihn Jagd machen würde.

Kuno und die beiden anderen Verfolger waren einen Steinwurf von mir entfernt stehengeblieben.

„Das ist der Bastard aus der Kirche!“, stellte er mich seinen Freunden vor. „Diesmal hast du nicht so eine große Klappe, was?“

„Oh, ich habe noch gar nicht angefangen.“

Ich löste die Spange meines Mantels und ließ ihn von meinen Schultern in den Matsch gleiten. Dreckig war er ohnehin schon. Nun hatten die Drei volle Sicht auf Saint Épée, das noch in der lederumwickelten Scheide steckte.

„Denkst du, mit diesem uralten Käsemesser hast du eine Chance gegen Bertram hier?“ Kuno deutete auf den Riesen mit der Nagelkeule, der ein dümmliches Grinsen aufsetzte. „Sie nennen ihn auch den Brecher.“

Mit den beiden Kerlen im Rücken schien er seine Blamage in der Kirche vergessen zu haben. Ich ließ das Schwert aus der Scheide zischen. Lauschte dem Gesang der schwingenden Klinge. Wurde eins mit ihr.

Ein Mörder bist du, ein Verräter. Der Aussätzigste aller Aussätzigen.

Mein ärgster Feind waren nicht die drei Männer vor mir, sondern der, dessen Stimme durch meinen Schädel dröhnte.

Die Verunsicherung musste mir Kuno angesehen haben. „Ich will mal nicht so sein, Mönch – oder was immer du bist. Gib’ mir den Jungen, das Geld und den Schlüssel und du kannst dich verziehen, ohne dass wir dir was tun.“

Versonnen fuhr ich mit dem Daumen über die Schwertklinge. Ich hatte schon deutlich mehr Sommer erlebt als die Drei und allmählich machte sich mein Alter bemerkbar, aber meine Erfahrung glich das aus. „Ich will mal nicht so sein, Kuno. Verschwinde mit deinen Saufkumpanen, lass mich und den Jungen in Ruhe und ich werde dir nichts tun.“

Kuno lachte, doch klang es nicht mehr so selbstbewusst wie zuvor.

„Jetzt komm schon, erledigen wir die Vogelscheuche.“ Bertram stieß ihn an, was Simons Onkel neuen Mut verlieh. Er tat einige Schritte nach vorn. Spuckte mir vor die Füße.

„Du wolltest es nicht anders.“

Nein, dachte ich. Du wolltest es nicht anders.

Er rannte auf mich zu.

Pestland

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