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4.

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r liegt da drüben.“

Simon deutete auf die Südkapelle der Kirche und lief weiter zwischen den Reihen notdürftiger Krankenlager hindurch. Ich folgte ihm, darauf bedacht, meinen Blick auf seinen Rücken gerichtet zu halten und nicht auf das Leid um uns herum. Allein die Geräusche genügten schon, um die schrecklichsten Bilder in meinem Kopf heraufzubeschwören. Das Husten und Röcheln, Speien und Schreien der Kranken, vereint mit dem Flehen der Angehörigen. Die geflüsterten Anweisungen von Pflegern und Medicus. Ein genuscheltes Pater noster.

Es stank nach Urin und Ausscheidungen, Eiter und Verzweiflung.

Dies alles in dem halbfertigen Gerippe der Kirche. Strebebögen breiteten sich wie Rippenknochen über diesen Rumpf aus Leid. Das Dach war nur teilweise gedeckt und die Nacht starrte mit tausend Augen in das Mittelschiff. Dutzende Kerzen loderten, schienen aber von der Finsternis des Gotteshauses erdrückt zu werden. In das Maßwerk der hohen Bogenfenster war noch kein Glas eingefasst worden. Ungehindert pfiff der Wind durch sie hinein und brachte Kälte und Unbehagen mit sich. Ich war froh, meine Pestilenz im Kloster durchlebt zu haben und nicht unter diesen erbärmlichen Umständen.

Wir erreichten die Südkapelle. Hier war es noch schlimmer als im Hauptschiff und wären nicht der kleine Altar und die sakralen Ornamente an den Wänden gewesen, ich hätte diesen Ort für den ersten Limbus der Hölle gehalten. Greise krümmten sich auf ihren Lagern, von Beulen übersät, mit Fleisch behangene Skelette. Eine Frau schluchzte neben ihrer kleinen blassen Tochter, die im Fieberwahn vor sich hinflüsterte.

Es erschien mir als Ding der Unmöglichkeit, dass ich vor kurzem noch in genau derselben Verfassung gewesen sein sollte.

„Mein Großvater liegt vor dem Altar. Da – mein Onkel ist bei ihm!“ Simon zog mich am Ärmel meiner Kutte dorthin.

Der Greis überraschte mich: Er krümmte sich nicht unter Schmerzen wie alle anderen oder rief flehentlich Gott an. Ruhig lag er auf der mit Stroh gefüllten, schmutzigen Matratze, die Hände gefaltet und die Augen für einen Pestkranken ungewöhnlich klar. Ein fein ziselierter Silberschlüssel hing an einem Kettchen um seinen Hals.

Simons Onkel löste Argwohn in mir aus. Ein Gefühl, als ramme mir jemand eine stumpfe Klinge in den Nacken. Er kniete neben dem Kranken. Seine Statur war kräftig, doch der Kopf ähnelte dem eines Wiesels, viel zu klein für den übrigen Körper. Das Haar, das ihm noch blieb, hing in fettigen Strähnen herab und gab freie Sicht auf die bleiche Kopfhaut. Ein Dolch baumelte an dem Gürtel, der sein graues Wams festhielt.

„Da bist du ja endlich“, schnarrte er, als er Simon und mich erspähte. Er musterte mich von Schuhspitze bis Haaransatz. „Diese Vogelscheuche war der Einzige, den du finden konntest?“

Ich machte mir nicht einmal die Mühe, meine Mimik zu ändern. Der Onkel mochte in mir nur einen einfachen Franziskaner sehen, der die fünfzig Jahre längst überschritten hatte. Einen sehnigen Kerl mit Haaren, so blond, dass sie fast durchscheinend waren. Mit tiefliegenden Augen, in deren Wasserblau jede Freude längst ertrunken war. Wüsste er, was ich unter meiner Kutte verbarg, wäre der Kerl mir wohl mit etwas mehr Respekt entgegen getreten.

„Der Mönch wird genügen, Kuno!“, erklang die raue Stimme des Großvaters. Er hatte seinen Oberkörper aufgerichtet. „Jetzt verschwinde und lass mich mit ihm und Simon allein.“

Kuno rührte sich nicht, starrte mich und Simon nur misstrauisch an. „Über das Erbe reden wir noch“, knurrte er und verschwand hinter dem Altar.

Ich sah ihm kurz nach und beugte mich dann zu dem Greis hinab. Simon tat es mir gleich.

Als der Großvater in mein Gesicht blickte, weiteten sich seine Augen. „Ihr … Das ist doch nicht möglich.“

Ich hob die Augenbrauen. „Was ist mit mir?“

„Ihr … Ihr habt mich nur an jemanden erinnert.“ Der Alte hatte sich wieder gefasst, entspannte sich und senkte den Oberkörper. „Eurer Stimme entnehme ich, dass Ihr Franzose seid. Wie lautet Euer Name?“

„Lucien de Courogny.“

„Daniel Aumann. Was treibt Euch hierher, in diese gottverdammte Gegend?“

„Es würde zu weit gehen, dies zu erklären, mein Sohn“, lenkte ich ab. „Lasst mich Euch jetzt die Beichte abnehmen, auf dass Ihr in Frieden ins Himmelreich eingehen könnt.“

„Nein!“ Der alte Aumann umfasste meinen Arm. „Ich habe Simon nicht nach einem Priester suchen lassen, damit dieser mir die Beichte abnimmt.“

„Wozu dann?“ Mein Herz schlug schneller unter einem Gefühl der Vorahnung.

Daniel Aumann hustete, aber es war nicht jenes bis zum Erbrechen führende Husten, das ich bei anderen Pestkranken beobachtet hatte.

„Ihr … Ihr müsst wissen, ich war der Gehilfe eines Alchemisten, der unter der Obhut des Grafen von Kleve seiner Arbeit nachgangen ist. Er hatte sein Laboratorium in der Schwanenburg, nördlich von hier.“

„Das ist mitten im Pestland“, murmelte ich.

„So ist es. Und es ist grausame Ironie. Denn er hat ein Heilmittel gegen die Pest gefunden.“

Simon und ich erstarrten. Die Härchen auf meinen Unterarmen stellten sich auf. Mein Mund stand offen. Aumanns Worte und seine Augen waren zu klar, als dass er im Fieberwahn sprach. Ein Heilmittel gegen die Seuche. Konnte das sein?

„Warum bist du dann an der Pest erkrankt, Großvater?“, stellte Simon die naheliegendste aller Fragen, die mir doch niemals in den Sinn gekommen wäre.

Der Alte seufzte. „Ich bin ein Tor, mein Junge. Ich habe gesagt, mein Schutz gegen den Schwarzen Tod ist allein das Vertrauen in Gott. Wie sich nun herausstellt, hat es sich als nutzlos erwiesen.“

„Du hättest niemals nach Duisburg kommen dürfen“, sagte Simon. Er wandte den Kopf zu mir. „Großvater ist vorgestern hier eingetroffen, nur wenige Stunden später haben wir die ersten Beulen entdeckt.“

Der Greis tätschelte Simons Wange. „Du bist ein guter Junge.“ Erneutes Husten, diesmal stärker. „Aber ich musste kommen. Es gab keinen anderen Ausweg. Wahnsinn ist über die Bewohner der Burg gekommen, jetzt, wo niemand mehr außer ihnen lebt. Es scheint, als würde der Alchemist dafür gestraft werden, ein Heilmittel gefunden zu haben. Nirgendwo hat die Pest so sehr gewütet wie dort. Als das Mittel vollendet war, war es schon zu spät. Nur einigen Mitgliedern der Grafenfamilie und den Leuten auf der Burg konnte er es verabreichen. Dann fielen sie alle nach und nach dem Wahnsinn anheim.“

Ich hatte dem alten Mann gebannt gelauscht. „Was ist dann passiert?“

„Der Alchemist glaubte, der Wahnsinn wäre eine Nebenwirkung des Mittels. Er hat sich in seinem Laboratorium verbarrikadiert. Ließ niemanden mehr ein, selbst mich nicht mehr. Also bin ich losgezogen, nach Duisburg. Ich wollte Hilfe holen, Leute, die den Alchemisten dort herausholen. Die ihm bei der Perfektionierung seiner Heilungsmethode helfen. Doch dann kam der Schwarze Tod.“

In meinem Kopf wütete es. Ich fragte mich, ob ich Aumann Glauben schenken konnte, klang seine Geschichte doch so völlig abwegig. Simon hatte diese Entscheidung wohl schon getroffen und sagte: „Dann müssen wir sofort dorthin und das Heilmittel für dich holen.“

„Nein, mein Sohn.“ Der Großvater schüttelte den Kopf. „Für mich ist es zu spät.“ Der nächste Hustenanfall hielt länger an. Aumann krümmte sich. „Herr Lucien, ich bitte Euch, zieht mit Simon ins Pestland. Führt ihn zur Schwanenburg und sucht den Alchemisten. Ihr müsst ihn aus dieser Hölle aus Wahnsinn und Tod befreien. Er ist ein Gottgesandter. Der Mann, der uns von der Plage erlösen wird.“

„Wie ist sein Name?“ Ich sah den Alten eindringlich an.

Doch wieder schüttelte er sich unter einem Hustenanfall. Er wandte den Blick von mir ab und schloss die Hand um den Schlüssel auf seiner Brust. Seine eben noch so klare Stimme war zu einem Röcheln verkommen: „Nimm ihn, Simon … Das ist der Schlüssel … zum Laboratorium. Der Beutel unter der Matratze. In ihm ist genug Geld … Mein Lohn. Nimm ihn, Simon, nimm ihn!“

Er verkrampfte die Hände zu Klauen. Einige Beulen an seinem Hals pulsierten erst stark, dann platzten sie auf und Eiter ergoß sich über die Haut des Greises.

„Gib nichts davon Kuno“, brachte er unter Stöhnen hervor. „Und hütet euch – nicht alles, was die Leute über das Land sagen … ist … ist falsch.“

„Großvater!“ Simon wollte die Schultern des Sterbenden umfassen, aber ich hielt ihn zurück. Der hochansteckende Eiter hatte sich bereits auf seinem Oberkörper ausgebreitet.

Ich bekreuzigte mich. „Pater noster, qui es in caelis …“

Aumann bäumte sich auf, schrie aus vollem Leibe.

„… Sanctificetur nomen tuum …“

Er wälzte sich auf der Matratze hin und her, der Gestank nach Eiter und Blut wurde unerträglich.

„… Adveniat regnum tuum …“

Tränen strömten über Simons Wangen. Sein Körper erbebte unter Schluchzern. Weiter hielt ich ihn mit einem Arm zurück.

„… Fiat voluntas tua …“

Aumanns Augen drehten sich ins Weiße und sein Körper erschlaffte.

„… sicut in caelo, et in terra.“

„Nimm den Schlüssel, Junge“, forderte ich Simon auf, als ich mich bekreuzigt hatte. Wir mussten hier fort. Ich brauchte Ruhe, um nachdenken zu können. Musste das Gehörte abwägen. Vor allem aber musste der Jüngling sich beruhigen.

„Berühr auf keinen Fall den Eiter“, sagte ich. „Und vergiss nicht das Geld unter der Matratze.“

Nachdem der Knabe den prallen Lederbeutel hervorgezerrt hatte, kam Kuno wieder hinter dem Altar hervor. „Ist der Alte endlich tot?“

Sein Blick fiel auf den Beutel und den Schlüssel in Simons Händen.

„Wo willst du damit hin?“

„Ich … Wir …“ Simon, vom Tod des Großvaters völlig aufgewühlt, erstarrte. Er war noch blasser als ohnehin schon.

„Das ist mein Geld!“, brüllte Kuno und stapfte auf ihn zu. Augenpaare wandten sich in ihre Richtung. Gespräche verstummten. Selbst das Wehklagen und Stöhnen der Kranken wurden leiser. „Ich bin Daniels verdammter Sohn! Das Erbe gehört mir!“

Er packte Simon am Ohr und zog ihn zu sich heran. Der Junge schrie auf.

Ich tat einen unentschlossenen Schritt auf den Onkel zu. Meine Hand glitt unter meine Kutte, zuckte aber sogleich zurück, als hätte sie etwas gebissen. Nicht jetzt. Nicht so leichtfertig.

„Du verfluchter Bastard wirst mir nicht mein Erbe klauen.“ Kuno riss den Geldbeutel aus Simons Hand. Der Junge wimmerte, zitternd vor Schmerz und Trauer.

Ich umfasste Kunos Schulter. „Lass den Jungen in Frieden! Sein Großvater hat es ihm rechtmäßig übergeben.“

Der feiste Kerl schlug meinen Arm weg. Er hämmerte den Zeigefinger auf meine Brust und funkelte mich aus verengten Augen an. „Halt dich da bloß raus, verfluchter Pfaffe! Das sind Familienangelegenheiten!“

Er drehte sich wieder zu Simon und nahm auch den Silberschlüssel an sich. Noch immer hielt er das Ohr des Jungen verdreht und bleckte ihn an wie ein zufriedenes Wiesel. Simons Gesicht war rot angelaufen. Tränen bahnten sich ihren Weg über seine Wangen. Seine Lippen bebten. Als Kuno Beutel und Schlüssel in den Taschen seines Wamses verstaut hatte, schlug er ihm in die Magengrube. Der Knabe krümmte sich und jaulte wie ein Welpe.

„Beklau. Mich. Nie. Wieder.“ Jedes dieser Worte unterlegte Kuno mit einer schallenden Ohrfeige.

Simon versuchte, sein Gesicht mit den Händen zu schützen, hatte aber gegen die Pranken seines Onkels keine Chance. Einige Umstehende schüttelten den Kopf. Irgendjemand raunte etwas, aber keiner griff ein. Eine Wut entflammte in mir, die ich lang nicht mehr gespürt hatte – und wenn, dann höchstens auf mich selbst. Meine Hand schob sich abermals unter meine Kutte und diesmal zuckte sie nicht zurück.

Ich zog das Schwert mit einer einzigen, fließenden Bewegung. Der Gesang der Klinge brachte die Leute in der Kapelle vollends zum Schweigen. Noch bevor Kuno überhaupt erkannte, was geschehen war, hielt ich ihm die Spitze bereits unter das Kinn.

Alle Anwesenden starrten mich ungläubig an – Kuno ausgenommen, dieser schielte viel eher auf die Klinge, die an seiner Haut kratzte. Keiner hier würde mehr annehmen, ich wäre ein Mönch. Ich hatte meine Tarnung aufgegeben. Möglicherweise allzu leichtfertig. Aber wenn das, was der Greis gesagt hatte, der Wahrheit entsprach, konnte mein Handeln kaum wichtiger sein.

„Dies ist Saint Épée, Schwert der Großmeister der Templer“, flüsterte ich Kuno zu. „Gefertigt von den fähigsten Schmieden seiner Zeit, bestehend aus mehreren Arten von Stahl, unzerbrechlich und unerbittlich. Zuletzt gehörte es Jaques de Molay, der vor mehr als dreißig Jahren den Tod fand.“ Je mehr ich von der Geschichte der Waffe preisgab, desto mehr verzog sich Kunos Gesicht zu einer Fratze des Entsetzens. „Siehst du die Parierstange? Siehst du die Worte, die dort eingraviert sind? Verstehst du sie?“

Kunos Blick glitt von der im Kerzenschein schimmernden Klinge hinauf zur Parierstange. Er schüttelte den Kopf.

„Es ist Latein“, sagte ich. „Ich werde es dir vorlesen:

Ziehe mich nicht ohne Grund;

wenn du mich aber herauszischen lässt,

dann stecke mich nicht eher wieder in die Scheide,

bis ich Blut getrunken habe.“

Natürlich stand das nicht da, sondern nur das Sigillum militum christi, das Siegel der Streiter Christi, unterlegt vom Motto der Templer: Non nobis, Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam – Nicht uns, o Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre. Aber die Verse, die ich mir einmal ersonnen hatte und in solchen Situationen stets zum Besten gab, verfehlten ihre Wirkung selten. Wie auch jetzt. Ein Fleck erschien in Kunos Schritt und breitete sich immer weiter über seine Beinlinge aus. Seine Knie schlotterten.

„Gib dem Jungen die Sachen zurück!“

Kuno zögerte einen Augenblick. Ich verstärkte den Druck der Klinge und ein feines Blutrinnsal strömte seinen Hals hinab. Nun leistete er Folge, kramte Schlüssel und Beutel hervor und übergab sie bereitwillig seinem Neffen.

„Erbärmlicher Hund!“ Ich steckte das Schwert weg. „Du bist es nicht würdig, diese Klinge mit deinem Blut zu beschmutzen.“

Kuno schluckte und stand weiter reglos da, die feuchten Augen auf einen fernen Punkt gerichtet. Ich packte Simon und riss ihn von der Betrachtung seines Großvaters los.

„Wir müssen hier weg. Komm schon! Es gibt nichts, was du noch für ihn tun könntest.“

Der Knabe ließ sich von mir aus der Kirche führen. Was wir zurückließen, waren ungläubige Augenpaare, entsetztes Gemurmel und erste Diskussionen darüber, was ich denn für eine Gestalt sei.

Vor dem Portal des Gotteshauses legte ich die Hände auf Simons Schultern. Die Wangen des Jungen waren so rot, sie schienen beinahe zu glühen. Schrammen zogen sich über seine Haut und das Haar war noch zerzauster als zuvor. Er blinzelte mich aus seinen hellgrünen, verweinten Augen an.

„Dein Großvater will, dass wir ins Pestland gehen und diesen geheimnisvollen Alchemisten finden. Es wird gefährlich werden, aber ich werde dich beschützen – so wie in der Kirche. Bist du bereit dafür? Willst du das tun?“

Er wischte sich mit der Ärmelspitze über die Nase und nickte. „Na ja – was bleibt mir anderes übrig?“

Ich lächelte anerkennend. Ein kluger, mutiger Junge. Er erinnerte mich immer mehr an mich selbst in diesen Jahren. Ich fuhr ihm durchs Haar. „Dann lass uns Proviant besorgen.“

Er senkte den Blick. „Ich … ich müsste noch etwas besorgen. Von zuhause. Es geht ganz schnell.“

„Ist das wirklich notwendig?“

„Nein, im Grunde nicht“, seufzte er. „Aber auf der anderen Seite ist es auch unersetzlich.“

Seine reife Wortwahl erstaunte mich. Was sollte es? Während er dieses Unersetzliche holte, konnte ich getrost auch allein auf die Suche nach Proviant gehen.

„Wir treffen uns bei Sonnenaufgang an der Fähre über die Ruhr. Weißt du, wo das ist?“

Der Junge winkte ab, als hätte ich ihn gefragt, wie der Name von Gottes Sohn lautete. „Durch das Schwanentor, dann dem Weg immer weiter nach Norden folgen. Nichts leichter als das.“

Ich zwinkerte ihm zu. „Guter Junge.“

Sein Gesicht formte etwas, das wohl ein Lächeln sein sollte.

Wir liefen die Kirchentreppe hinab und trennten uns auf dem Burgplatz. Ich war fest entschlossen, den Alchemisten und sein wundersames Heilmittel zu finden. Am Ende lag es möglicherweise in meinen Händen, die Menschheit von der Geißel der Pest zu erlösen. Doch ich würde es nicht in meinem Namen tun, sondern im Namen Jaques de Molays und meiner Brüder, die vor mehr als vierzig Jahren verraten worden waren. Hingerichtet unter den absurdesten Anklagen, verteufelt von König und Papst.

Auf dem Weg zur Markthalle schien es mir, als würde ich die Schreie von Jaques de Molay hören, gerade in dem Moment, als die ersten Flammen ihn umzüngelten.

Da vernahm ich wieder die Stimme des Dämons:

ROTIDART! TRADITOR! Zermalmt wirst du werden, Verräter, zermalmt! In den drei Mäulern Luzifers, zusammen mit Judas Ischariot und den Cäsarmördern Brutus und Cassius!

Ich fröstelte. Rutschte beinahe in einer Pfütze aus. Konnte mich gerade noch auf den Beinen halten.

Ich spürte, dass Baphomet mir nahe war.

Näher als jemals zuvor.

Pestland

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