Читать книгу Summer of Love und ein großes Sonnenblumenfeld - Lina Nordmeer - Страница 13
„Die Jugend wäre eine schöne Zeit, wenn sie erst später im Leben käme.“ (Charlie Chaplin)
ОглавлениеJetzt war es nur noch eine Woche bis zum Konzert von Nick und seiner Band.
Rebecca war mittlerweile fest entschlossen, mit ihrer Freundin Klara hinzugehen.
Aber jetzt kam langsam die berühmte Frage: „Was ziehe ich nur an diesem Abend an? Ich darf nicht altbacken wirken, aber auch nicht übertrieben aufgetakelt!“
Rebecca beschloss, einen Shoppingtag einzulegen. Dabei wollte sie sich auch gleich noch bei einem Bürojob bewerben, als Aushilfe erst einmal. Sie musste unbedingt wieder auf eigenen Füßen stehen und auch finanziell unabhängiger werden.
Am Freitagnachmittag holte Klara ihre Freundin zu Hause ab. Martin öffnete ihr die Tür und bat sie freundlich wie immer mit seinem Verkäuferlächeln hinein.
Klara bemerkte gleich die angespannte Stimmung im Hause Schönemann.
Rebecca stürzte hektisch aus dem Badezimmer. Sie wollte sich für die unangenehme Situation, dass der Haussegen schief hing und ihre Freundin unglücklicherweise damit konfrontiert war, entschuldigen, wenn auch keiner sich etwas anmerken ließ. Martin legte sehr viel Wert darauf, dass sein Leben in der Öffentlichkeit sauber und glücklich glänzte, das hatte er von seinen Eltern schon als Kind vorgelebt bekommen.
Rebecca hatte sich in den vielen Ehejahren ihrem Mann sehr angepasst, auch wenn sie eigentlich lieber ihre Meinung offen kundgab und sich nicht sehr im Schauspielerischen übte. Aber sie hatte auch nicht mehr die Selbstsicherheit, die sie noch vor fünfzehn Jahren hatte. Damals traute sie sich, auch mal ihren Mund aufzumachen.
„Alles okay bei euch?“, flüsterte Klara, als Rebecca an ihr vorbeihastete, um ihren rechten Schuh anzuziehen.
„Nee, nicht wirklich ... Erzähl ich dir gleich im Auto.“
Klara spielte das Spielchen mit und fing eine Unterhaltung mit Martin an. Sie erkundigte sich nach dem neuesten Modell von Mercedes, da erwachte Martins gute Laune wieder, und er hatte sofort ein ganz anderes Lachen im Gesicht, er strahlte richtig.
So konnte Rebecca sich in Ruhe fertig anziehen und legte noch ein wenig von ihrem Lieblingsduft auf.
Im Auto kamen Rebecca erst einmal die Tränen. Endlich konnte sie aus sich herausgehen. Seit dem Streit mit Martin letzte Woche hatte sie kein Wort mehr mit ihm gewechselt.
Die Kinder waren mittlerweile auch nicht mehr gern zu Hause und verabredeten sich lieber woanders mit ihren Freunden, Nick kam in dieser Woche auch nicht zur Nachhilfe. Er musste noch so viel proben für seinen Auftritt am nächsten Tag.
„Du musst da raus ... Komm doch mit den Kindern zu uns, wir haben so viel Platz.“ Klara versuchte, Becci eine Möglichkeit anzubieten, damit sie Zeit hatte, in Ruhe nachzudenken, wie ihre Zukunft aussehen sollte.
„Ich weiß nicht ... Die Kinder würden dann morgens schlechter zur Schule kommen, und Martin würde total ausrasten.“
„Dann lass die Kinder bei ihm und komm du allein. Sag ihm aber nicht, wo du bist. Den Kindern sagst du, dass du ’ne Auszeit brauchst, so ’ne Art Kur oder so ähnlich ...“ Klara machte es ihrer Freundin nie einfach. Sie wollte sie aus ihrem Mauseloch herauslocken.
„Die Kinder bei ihm lassen, das gibt die mittlere Kata-strophe ... Das schafft Martin doch gar nicht.“ Rebecca hatte gleich wieder ein schlechtes Gewissen ihren Kindern gegenüber.
„Ach was, alles wird sich regeln nach einiger Zeit, du wirst schon sehen. Du kannst ja jederzeit wieder zurück, aber so würdest du endlich mal abschalten und nachdenken, meine Liebe!“ Klara zwinkerte ihrer Freundin herzlich zu und konzentrierte sich dann auf das Einparken. Sie waren jetzt in der Innenstadt von Heidelberg angekommen.
Der Tag war wie ein Kurzurlaub für Rebecca.
Sie kaufte sich eine Jeans, zwei Oberteile und Turnschuhe in neongelb, außerdem gab es noch eine neue Tönung für die Haare, damit sie wieder mehr glänzten.
Zum Schluss gingen die beiden noch zu ihrem Lieblings-italiener und bestellten sich eine Flasche Rotwein und einen großen Vorspeisenteller mit frischem Pizzabrot.
„Morgen ist es soweit, ich werde bestimmt gar nicht da reinpassen, vom Alter her ...“, grübelte Rebecca laut vor sich hin.
„Hey, wir rocken das Konzert, das wird ’ne Gaudi, sag ich dir!“, ermunterte Klara ihre Freundin.
Sie war schon immer die Muntere von beiden und hatte überhaupt keine Probleme mit ihrem Aussehen, auch wenn sie sehr klein und etwas pummelig war, aber sie fühlte sich wohl und das strahlte sie auch aus.
Klara gab Rebecca schon immer den Halt, den sie brauchte, und so passten die zwei Freundinnen wunderbar zusammen.
Als Rebecca nach Hause kam, saßen Martin und die Kinder am Esstisch. Martin hatte gekocht.
„Oh ... was ist denn hier passiert, bist du krank, Martin? Seit wann kümmerst du dich denn so rührend um die Kinder?“, platzte es aus ihr heraus.
Das konnte Martin nämlich gut, sich im richtigen Augenblick von der besten Seite zeigen. Er nutzte es schamlos aus, dass Rebecca einmal etwas für sich machte und nicht nur den Haushalt und die Kinder im Kopf hatte, in solchen Fällen spielte er den Super-Daddy.
„Na ja, wir wussten ja nicht, wann du mal gedenkst, nach Hause zu kommen von deiner Shopping-Aktion.“ Martin benahm sich wie ein besorgter Vater, und die Kinder kapierten wieder mal gar nichts, oder besser gesagt, sie wollten ihren Super-Daddy, denn den hatten sie sonst so gut wie nie.
Rebecca hatte eine Dreiviertelflasche Rotwein und zwei Ramazotti intus. Klara konnte ja nicht so viel trinken, weil sie noch Auto fahren musste, also hatte sie den meisten Wein ihrer Freundin überlassen, und die vom Chef des Ristorante Sicilia spendierten Ramazotti auch.
Jetzt spürte Rebecca nicht nur den Alkohol, sondern auch den angestauten Ärger in sich hochsteigen.
Sie nahm ihre Einkaufstaschen und schloss sich im Badezimmer ein.
Dann schminkte sie sich, kämmte ihre Haare, machte sich einen Pferdeschwanz und zog ihre neuen Jeans und das enge, schwarze Oberteil an, dazu ihre grellgelben Turnschuhe, die waren dann noch der Hingucker überhaupt.
So ging sie selbstbewusst ins Esszimmer, setzte sich an den Tisch und nahm sich ohne ein weiteres Wort vom Nudelauflauf.
„Kinder, ich habe euch etwas mitzuteilen. Ich werde für einige Zeit nicht zu Hause sein, ihr seid hier ja bestens versorgt von eurem Super-Daddy. Außerdem sind im Notfall Oma und Opa auch noch da.“ Rebeccas Gesicht glühte, aber sie versuchte, ganz entspannt rüberzukommen.
Martin schien alles aus dem Gesicht zu fallen, er presste die Lippen fest aufeinander und quälte sich ein unecht freundliches Lächeln ab. „Rebecca, geht es dir nicht gut? Ich denke, du hast ein wenig zu tief ins Glas geschaut. Ruh dich doch erst einmal aus, und morgen reden wir zu zweit in Ruhe noch einmal drüber.“
Till fing an zu weinen, Annika wurde aufbrausend und meckerte herum, was sie für kindische Eltern hätte, und Stina sagte kein Wort, sondern verzog das Gesicht zu einem Schmollmund.
„Ich muss mal hier raus, und ich werde auch für die Kinder erreichbar sein, aber ich brauche Zeit zum Nachdenken ...“ Mit diesem Satz verließ Rebecca den Tisch, ging ins Schlafzimmer und packte ihre Reisetasche. Danach schrieb sie Klara eine SMS und holte sich noch ein wenig Bargeld aus dem Tresor im Bügelzimmer.
Sie ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen, aber mit Tränen in den Augen, zur Tür hinaus.
Niemals hätte sie sich träumen lassen, dass sie diesen Mut aufbringen würde, ihre Kinder zurückzulassen, auch wenn es nur für eine kurze Zeit sein würde, aber es tat jetzt schon so sehr weh, dass sie dachte, ihr Herz würde ihr bei lebendigem Leibe herausgerissen werden.
Klara empfing Rebecca gastfreundlich wie immer, sie brachte sie ins Gästezimmer und holte noch frische Bettwäsche und bezog zusammen mit ihr das Bett.
Dann holte Klara noch einen selbstgebrannten Birnenschnaps von ihrem Vater und setzte sich zu Rebecca auf den Boden.
„Du schaffst das, morgen sieht die Welt wieder anders aus. Du suchst dir jetzt erst mal in Ruhe einen Job. Wir werden gleich am Sonntag anfangen, Bewerbungen zu schreiben“, tröstete Klara ihre traurige und verzweifelte Freundin.
„Die Kinder werden mich ihr ganzes Leben dafür hassen. Ich bin eine schlechte Mutter ... ich muss morgen wieder zurück, Klara ... ich schaffe das nie!“ Rebecca flossen die Tränen, sie war völlig aufgeregt und hatte Angst vor dem, was sie noch erwarten würde.
Klara nahm Rebecca ganz fest in ihre Arme und streichelte ihr über den Kopf.
Irgendwann schlief Rebecca auf Klaras Schoß ein. Jens, Klaras Mann, trug Rebecca dann später ins Bett.