Читать книгу Das Geheimnis der Menora - Lionel Davidson - Страница 19
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ОглавлениеEntweder man mag die Wüste, die Wildnis, die Stille der glühenden Felsen dieser Erde, oder man mag sie nicht. Wenn man sie mag, dann mag man das Tote Meer. Über diesem Fleck liegt eine tödliche, unheimliche Romantik, deren Wirkung auch bei noch so großer Vertrautheit mit der Gegend nicht verblaßt. Plötzlich eröffnet sich von der hohen, schroffen Öde des Plateaus eine halbe Meile tiefer ein phantastischer Rundblick auf die tote, kahle Ebene des Arava, die vor Gluthitze und Salzdunst flimmert. Die Kontinentalspalte von der Türkei nach Tanganjika verläuft hier und findet ihren tiefsten Einschnitt zwischen Judäa und Moab. Und im Zentrum der Senke, still wie eine Eiterblase, liegt der Salzsee, 75 Kilometer lang und achtzehn Kilometer breit, die tiefste Stelle der Erde.
Sechseinhalb Millionen Tonnen Wasser aus dem Jordan und anderen Quellen speisen den Salzsee und können nicht wieder abfließen. Das Wasser verdunstet einfach in der Backofenhitze.
Hitzeschwaden strömten aus der Schlucht, als wir den Hang hinabkletterten. Eine halbe Meile tiefer in der Talsohle schwamm der schmucke Kibbuz von En Gedi mit seinen Dattelpalmen in der flirrenden Hitze. Ein dünner Grünstreifen, etwas abseits in den Felsen gelegen, kennzeichnete den Lebensnerv und die Existenzgrundlage des Kibbuz: die biblische Quelle und den Wasserfall.
Wir gelangten jenseits des Kibbuz ins Tal, in eine schmale Schlucht ein paar hundert Meter hinter der Siedlung, und mußten am gegenüberliegenden Hang wieder bergauf. Zehn Meter höher unter einem Überhang befand sich eine enge Höhle.
»Hier«, sagte Agrot.
Es war ein kleines Loch, kaum groß genug, daß ein Mann hineinkriechen konnte. Aber es war einer hineingeklettert, vor neunzehnhundert Jahren, und hatte dort eine Schriftrolle und Geld zurückgelassen, um sie nie wiederzuholen.
Ich setzte mich und wischte mir den Schweiß ab. Die Hitze und die Anstrengung hatten mich etwas schwindlig gemacht, während Agrot richtig lebhaft wurde. Er ließ sich über das Gold aus, und warum er nicht glaubte, daß noch welches in der Nähe sei. Der Schweiß rann mir vom Leibe, während ich dasaß und zuhörte. Wir blieben etwa eine Viertelstunde und kletterten dann wieder zurück.
Es ist nicht etwa schwierig oder gefährlich, in der Schlucht von En Gedi umherzuklettern, nur mühselig und außerdem, wie sich herausstellte, unnötig. Nach En Gedi führt eine tadellose Straße an der Küste entlang. Agrot hatte sie nicht genommen, weil dieser Umweg seinen Zeitplan um etwa eine Stunde zurückgeworfen hätte.
Als wir in Barot ankamen, war ich zu müde zum Essen, schlief während des ganzen Rückwegs nach Jerusalem und ging dann ins Hotel, um weiterzuschlafen.
Um neun weckte mich Agrot telefonisch.
»Es gibt viel zu tun«, sagte er. »Möchten Sie zum Essen herkommen?«
»Nein.«
»Möchten Sie, daß ich zum Essen zu Ihnen komme?«
»Nein.«
»Was wollen Sie denn?«
Ich sagte ihm, was ich gern wollte, legte auf und schlief weiter. Wenn ich in seinem Rhythmus weitermachte, trieb mich dieser Mann in kurzer Zeit zum Wahnsinn. Ab morgen mußte es eher nach meinem Tempo gehen.