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Der Kanzler war am Abend ausgesprochen gut aufgelegt. Er war Gastgeber einer kleinen Gesellschaft, denn er hatte die Sassoons und die Wykes eingeladen, und, damit das Zahlenverhältnis stimmte, Frau Professor Marta Tuomisalo (Shirley war aufgefallen, daß wir uns bei meinem letzten Besuch sehr gut verstanden hatten). Zu Anfang war es schwierig gewesen, mit dieser Professorin für Höhere Mathematik ein Gespräch zu führen, da sie angeregt und verwirrend über Parameter plauderte, bis ich zu unserem beiderseitigen Vergnügen feststellte, daß sie selbst über eigene, sehr hübsche verfügte. Unsere intime Begegnung hatte sich danach ausgedehnt, und im Juni des vergangenen Jahres im Hotel Galei Kinneret in Tiberias ihren Höhepunkt gefunden. Wir gaben uns sehr herzlich die Hand, und ich erkundigte mich nach ihrem Mann und den beiden Söhnen. Marta erwiderte meine freundliche Begrüßung und berichtete, in Helsinki sei alles in Ordnung.

Felicia Sassoon beobachtete uns aufmerksam und gab mir einen Kuß. Sie arbeitete in der Verwaltung des Instituts. »Na, Igor, wie geht’s, wie steht’s dort in Ihrem Dorf?« Ihr Mann, Michael, stand lächelnd hinter ihr, und wir gaben uns die Hand. Mit seinem typischen Haarschnitt wirkte er so liebenswert englisch wie der vielversprechende Oxford-Student einer längst vergangenen Epoche, was er auch einmal gewesen war. Inzwischen jedoch war er einer der älteren Professoren auf dem Campus.

»Igor!« Marie-Louise nahm mich zärtlich in den Arm. Ihr etwas aufgeschwemmtes Aussehen war unverdient, denn sie trank keinen Tropfen. Ihr Ehemann, der Anwärter auf den Nobelpreis, legte zum Ausgleich seinen bärenhaften Arm um mich, in der anderen Hand hielt er ein Glas, und begrüßte mich auf russisch. Er hatte ein Jahr in Moskau gelebt und liebte es, seine dort gelernten Redewendungen an den Mann zu bringen.

Die Atmosphäre war sehr freundschaftlich, und ein gemütlicher Abend begann.

Danach nahm mich Meyer beiseite. »Was quatscht Ihr trotteliger Helfer da in London herum? Hat der denn keine Ahnung, was die Ölmächte mit uns machen?«

»Was machen die Ölmächte denn mit uns?«

»Mein Gott, wir haben einen Durchbruch geschafft. Öl kann jedem Land, das es braucht, zur Verfügung gestellt werden! Billig. Zu einem weit geringeren Preis als zu dem, den uns diese Schweinehunde aufzwingen. Wir besitzen etwas, das für die gesamte Welt von unschätzbarem Wert ist. Wir werden keinen Cent von ihnen verlangen! Wir stellen das Wissen kostenlos zur Verfügung. So hätte es der Chef gewollt!« Er nannte Weizmann noch immer den »Chef«.

»Meyer, alter Freund«, hakte ich ein. Er hatte nur wenig getrunken, ganz im Gegensatz zu mir. »Wir haben das Wissen nicht. Auch der Chef hatte es nicht. Er hat seine Bedeutung nicht verstanden. Er dachte, Vava bastelt an einem Abführmittel.«

»Das ist nicht wahr. Er hat eine Menge Aktennotizen diktiert. Haben Sie denn noch nicht mit Bergmann gesprochen?«

»Noch nicht.«

»Dann sprechen Sie mit ihm«, knurrte er. »Wenn Ihr Helfer nur nicht –«

»Aber, Meyer, ich bin kein Wissenschaftler –«

»Wissenschaftler haben wir genug! Es geht nicht um die Wissenschaft. Wir suchen eine Stecknadel im Heuhaufen. Igor, ich sage Ihnen, da steckt wahnsinnig viel dahinter. Am Ende hat er sogar vorausgeahnt, was bei den Arabern geschehen würde. Er hat vorausgesagt, daß sie die Ölfelder erschließen werden, was damals noch nicht der Fall war. Damals lebten sie noch von der Hand in den Mund. Er hat damals ein geradezu prophetisches Memo an Churchill geschickt. Aber das ist lange her.«

Er war auf dem Weg zum Telefon, blieb plötzlich stehen. »Verdammt. Bergmann ist heute in die Staaten geflogen. Deshalb hätten wir – dann nehmen wir eben Weiss.« Unschlüssig hielt er inne.

»Weiss geht früh zu Bett. Er ist ein richtiger Greis. Obwohl er nicht mal siebzig ist. Geben Sie mir Weiss«, rief er ins Telefon. Er scharrte beim Warten mit den Füßen und sah mich unter seinen Augenbrauen hervor an. »Was haben Sie morgen für Termine?«

»Ich habe morgen noch keine Termine.«

»Weiss? Hallo, Weiss. Hier Meyer. Ich habe Igor Druyanov bei mir, der will dich morgen in Jerusalem treffen. Druyanov. Den Sohn. Wegen Vava Kutcholsky. Mensch Weiss, wach auf, wirst du etwa alt? Natürlich die Ketone. Genau. Wann also? Ich frage ihn ... Schaffen Sie es bis elf?« fragte er mich.

»Ich weiß nicht, ich denke schon.«

»Elf Uhr ist sehr gut. Ausgezeichnet. Im Labor. Ab ins Bett, Weiss! Du klingst müde.«

»Sie treffen sich morgen um elf mit Weiss«, wies er mich an. Beim Wagen gab es einige Verwirrung, die Felicia ohne Erfolg aufzulösen versuchte. Sie mußten irgendwo noch jemanden abholen.

»Er kann mit Marta zu Fuß zum Lunenfeld-Kunin gehen.«

»Warum sollten sie zurücklaufen, wenn wir sowieso in die Richtung fahren?« widersprach Michael.

Unterdessen war Marta hinten eingestiegen. »Vielleicht sehen wir uns noch«, sagte sie strahlend durch das heruntergekurbelte Fenster, »in der Zeit, in der Sie hier sind?«

»Das wäre schön. Das müssen wir unbedingt tun.«

Abschiedsworte schalken fröhlich durch die Nacht. Ich ging zu Fuß zum San Martin zurück.

Caroline hatte nicht wieder angerufen.

Am folgenden Tag erfuhr ich alles.

Das schwarze Gold

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