Читать книгу Stummer Verrat - Lisa Scott - Страница 6

1

Оглавление

Nat Greco fühlte sich wie ein A-Körbchen in einem 95C-BH. Sie konnte nicht verstehen, warum sie ihr schlecht besuchtes Seminar in diesem riesengroßen Vorlesungssaal abhalten musste. Vielleicht war es nur ein grausamer Scherz der Administration. Die Sonne brannte durch die Fenster wie ein monströser Scheinwerfer und beleuchtete zweihundert leere Sitze. Zu ihrem Seminar gehörten nur neun Studenten, und letzte Woche waren acht von ihnen wegen Jobsuche und Grippe nicht gekommen, sodass Nat sich einem einzigen Teilnehmer gegenübergesehen hatte, dem das Ganze ziemlich unangenehm gewesen war. Die Dozentin für Rechtsgeschichte war kaum beliebter als ihr Fach.

»Recht und Gerechtigkeit«, fuhr sie unverdrossen fort, »sind Themen, die sich in allen Stücken Shakespeares finden, weil sie in seinem Leben eine zentrale Rolle spielten. Als er jung war, übte sein Vater John mehrere rechtliche Funktionen aus, er war Schatzmeister, Gerichtsvollzieher und Stadtrat.«

Während sie sprach, tippten die Jurastudenten eifrig auf ihren schwarzen Laptops, aber Nat hatte den Verdacht, dass sie nicht mitschrieben, was sie sagte, sondern E-Mails sendeten oder im Internet surften. Die Vorlesungsräume der Juristischen Fakultät der Penn University waren mit WLAN ausgestattet, aber nicht jede neue Technologie war ein Fortschritt. Lehrer hatten wenig Chancen gegen die Übermacht von sex.com.

»Als der junge Dichter dreizehn Jahre alt wurde, geriet sein Vater in finanzielle Schwierigkeiten. Er verkaufte den Besitz seiner Frau und begann, Geld zu verleihen. Zweimal stand er vor Gericht, weil man ihn des Wuchers bezichtigte, ihm vorwarf, zu hohe Zinsen zu nehmen. Im Kaufmann von Venedig kann man sehen, wie sehr Shakespeare an der Figur des Geldverleihers Anteil nimmt. Shylock ist eine seiner komplexesten Gestalten, und das Stück ist in rechtsgeschichtlicher Hinsicht äußerst aufschlussreich.«

Nat trat vom Pult zurück und hoffte, damit die Aufmerksamkeit der Studenten auf sich zu ziehen, aber es nützte nichts. Sie waren bereits im dritten Studienjahr und standen fast alle schon mit einem Bein draußen in der Geschäftswelt. So sehr ihr das Unterrichten gefiel, Nat fragte sich allmählich, ob sie wirklich dafür geeignet war. War es möglich, dass ihr trotz ihrer Leidenschaft für dieses Fach die pädagogische Begabung fehlte? Frauenzeitschriften schlossen diese Möglichkeit allerdings aus.

»Zum Beispiel die Szene, in der Antonio Shylock bittet, ihm Geld zu leihen«, fuhr sie fort. »Sie kommen überein, dass Antonio, falls er die Summe nicht zurückzahlen kann, ihm ein Pfund seines eigenen Fleischs überlässt. Übrigens – eine Frage an Sie als zukünftige Anwälte: Wäre das nach moderner Rechtsprechung ein gültiger Vertrag?«

Nur eine Studentin hob die Hand. Wie üblich war es Melanie Anderson, die mit ihrer gefönten Vorstadtfrisur und ihrer altmodischen Jeans mit hohem Bund aus dieser Horde ungepflegter Mittzwanziger deutlich herausstach. Sie war vierzig und hatte sich nach einem langen Berufsleben als Kinderkrankenschwester auf einer Krebsstation entschlossen, Anwältin zu werden. Diesen Kurs liebte sie – aber nur deshalb, weil das Lernen viel angenehmer war, als kleinen Kindern beim Sterben zuzusehen.

»Ja, Ms Anderson? Gültig oder nicht?« Nat lächelte ihr dankbar zu. Alle Lehrer brauchen einen Lieblingsschüler, den sie hätscheln können, selbst die schlechten Lehrer. Besonders die schlechten Lehrer.

»Nicht gültig.«

Braves Mädchen ... äh, Frau. »Warum nicht? Es gibt zwei sich gegenüberstehende Vertragsparteien, beide geschäftsfähig, die eine übereinstimmende Willenserklärung abgegeben haben. Dazu eine Geldsumme, die ihren Handel bestätigt.«

»Verträge sind nichtig, wenn sie sittenwidrige Tatbestände zum Gegenstand haben.« Anderson sprach mit ruhiger Kennerschaft, und ihre Fingerspitzen mit den manikürten Nägeln ruhten auf dem aufgeschlagenen Buch, in dem einzelne Sätze in Regenbogenfarben markiert waren. »Antonio stimmt eigentlich seiner eigenen Ermordung zu, aber Mord ist ein kriminelles Delikt. Illegale Verträge sind nicht wirksam.«

Richtig. »Stimmt das? Gibt es Einwände?«

Niemand sah auf. Niemand fühlte sich bemüßigt, mit dem Tippen von albernen Botschaften und Emoticons aufzuhören, und wieder stiegen Zweifel in Nat auf, und sie fragte sich, ob das Thema nicht eigentlich zu literarisch sei für diese Studenten. Viele von ihnen besaßen Bachelor-Grade in Betriebs- oder Volkswirtschaft. Offenbar befriedigte das ihren Geist. Wer wollte heute noch etwas von den Geisteswissenschaften wissen?

»Dann stelle ich Ihnen eine weitere Frage.« Sie wollte nicht klein beigeben. »Ist der Hass, der Shylock antreibt, nicht das Ergebnis der Diskriminierung, unter der er leidet? Sehen Sie den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit in diesem Stück? Führt nicht das Recht zu Ungerechtigkeit, zunächst, weil es zulässt, dass der Vertrag erfüllt wird, und dann, indem es Shylock in die Knie zwingt?« Sie hielt inne und wartete auf eine Antwort, die jedoch ausblieb. »Gut. Dann hören Sie jetzt bitte alle auf zu schreiben, und sehen Sie mich an.«

Die Studenten hoben die Köpfe. Ihre glasigen Blicke stellten sich allmählich wieder auf die unmittelbare Umgebung ein, während ihre Gedanken den Cyberspace verließen und in die Erdatmosphäre eintauchten. Doch ihre Finger schwebten noch über den Tastaturen wie Spinnen, die sich im nächsten Moment auf ihre Beute stürzen würden.

»Also, ich rufe Sie jetzt einzeln auf.« Nat wandte sich an Wendy Chu in der ersten Reihe, die ein Harvarddiplom mit Sternchen in Workoholismus besaß. Das Mädchen hatte ein hübsches Gesicht und schulterlanges, glänzendes Haar. »Ms Chu, was meinen Sie? Ist Shylock Opfer, Täter oder beides?«

»Tut mir leid, Professor Greco. Ich habe das Stück nicht gelesen.«

»Sie haben es nicht gelesen?«, fragte Nat betroffen. »Aber Sie lesen den Stoff doch sonst immer.«

»Ich hab die ganze Nacht an einem Artikel für die Fakultätszeitschrift gearbeitet.« Wendy Chu schluckte sichtbar. »Ich musste in einem Text von Professor Monterosso die Zitate checken, und es sollte heute Morgen in Druck gehen.«

Verdammt. »Na schön, aber Sie wissen, was das bedeutet. Wenn Sie den Stoff nicht lesen, muss ich Sie um eine halbe Note herunterstufen.« Nat gefiel es ganz und gar nicht, mit solchen Mitteln zu arbeiten, aber in ihrem ersten Jahr an der Universität war sie viel zu gutmütig gewesen, und das hatte sich nicht bezahlt gemacht. In ihrem zweiten Jahr war sie zu streng gewesen, was ebenso wenig funktioniert hatte. Einen Mittelweg hatte sie noch nicht gefunden. Es war immer entweder Zuckerbrot oder Peitsche, und beides passte einfach nicht zusammen.

»Tut mir leid«, wisperte Wendy Chu. Daraufhin wählte Nat den jungen Mann, der neben Melanie Anderson saß, Josh Carling, der Schwarm aller Frauen. Er war hochgewachsen, sechsundzwanzig, kam aus Kalifornien und hatte ungewöhnlich grüne Augen, ein umwerfendes Lächeln und ein winziges dreieckiges Bärtchen auf seinem willensstarken Kinn. In Hollywood war er Komparse in einer Fernseh-Sitcom gewesen. Sein Markenzeichen war die Strickmütze, die er nie absetzte, auch wenn es in Vorlesungsräumen nicht schneite.

»Mr Carling, haben Sie das Stück gelesen?« Als Nat sah, dass Josh verlegen auf seine Hände blickte, wusste sie auch schon die Antwort.

»Ich hatte keine Zeit. Ich musste für eine Finanz-Klausur lernen. Sorry. Echt.«

Das gibt’s doch nicht! »Dann sind Sie hiermit ebenfalls um eine halbe Note heruntergestuft«, sagte sie, obwohl ihr Gefühl anderer Meinung war. Carling strebte einen Abschluss in zwei Fächern an. Er würde die Universität mit einem Diplom in Jura und Betriebswirtschaft verlassen und brauchte sich um seine Zukunft keine Sorgen mehr zu machen. Der angestrebte Job in der Unterhaltungsindustrie war ihm sicher, was gleichbedeutend war mit einem Dukatenesel im Stall.

Nat ließ ihren Blick über die zweite Reihe wandern. »Mr Bischoff? Was ist mit Ihnen?«

»Ich hätte das Stück bestimmt gelesen, aber ich war krank.« Max Bischoff sah tatsächlich krank aus, hatte geschwollene Lider, ein entzündetes Nasenpiercing, und seine übliche Bibliotheksblässe spielte heute ins Leichenfahle. »Gestern hab ich den ganzen Tag gekotzt, weil ich –«

»Schon gut.« Nat brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen und befragte den Rest der zweiten Reihe, Marilyn Krug und Elizabeth Warren. Auch sie hatten das Stück nicht gelesen, ebensowenig wie Adele McIlhargey, San Gupta und Charles Wykoff IV.

»Also hat niemand hier das Stück gelesen?«, fragte Nat mit ungläubigem Entsetzen, und gerade als sie glaubte, dass es schlimmer nicht mehr werden konnte, kam auch noch Vizedekan James McConnell, der Fakultätsvampir, durch die Tür geschlendert.

Nat erstarrte. Sie wusste nicht genau, was McConnell eigentlich tat, außer, dass er Leute einstellte und kündigte, und eingestellt hatte er sie bereits.

McConnell war Mitte sechzig, und eine silbrige, leicht gewellte Haarsträhne zog sich quer über seinen Schädel. Er trug einen korrekten dunklen Anzug mit blutroter Krawatte, was ihn deutlich von seiner Umgebung abhob. Alle anderen hier trugen legeres Akademiker-Outfit, was nichts anderes war als legeres Business-Outfit mit ein paar Fußnoten.

McConnell betrat den Vorlesungsraum, setzte sich in die hinterste Reihe und schlug die Beine übereinander. Er rückte seine Schildpattbrille zurecht und ließ Nat nicht mehr aus den Augen. Sie stellte sich vor, wie er sie sah. Sie war dreißig Jahre alt, sah aber aus wie dreizehn, weil sie nur einen Meter fünfundfünfzig groß war und den sperlingszarten Knochenbau ihrer Mutter geerbt hatte. Sie war auf eine geläufige Weise hübsch; hatte große braune Augen, eine leicht aufwärts gerichtete Nase, einen kleinen Mund. Ihr Haar war dicht, glatt und kastanienbraun, und sie trug es schulterlang, wie es ihr ein viel zu teurer Friseur geraten hatte. Sie trug einen schwarzen, tadellos sitzenden Hosenanzug, in dem sie dennoch eher einer Mittelschullehrerin als einer Juraprofessorin glich. Als Kind war sie immer Nat, das Nesthäkchen, gewesen, und das hatte seinen Grund.

Ihre kurze berufliche Laufbahn stand ihr deutlich vor Augen. Bis jetzt arbeitete sie an dieser Fakultät lediglich auf Honorarbasis, man hatte ihr noch kein Angebot für eine Festanstellung gemacht; McConnell war sicher gekommen, um sich selbst ein Bild von ihren pädagogischen Fähigkeiten zu machen. Hatte er sie sagen hören, dass niemand das Stück gelesen hatte? Einen Moment lang wusste sie nicht, was sie tun sollte. Sie wollte nicht die gesamte Klasse um eine halbe Note herunterstufen, denn das schadete besonders jenen Studenten, die bis jetzt noch kein Jobangebot hatten. Andererseits konnte sie die Sache auch nicht auf sich beruhen lassen, nicht vor McConnell, der sie immer noch mit geschürzten Lippen musterte.

Tu was, Nesthäkchen! Sie straffte sich, um zu zeigen, dass sie ihre Stelle verdiente, trotz aller Beweise des Gegenteils, und sagte: »Na schön. Sie lassen mir keine andere Möglichkeit.«

Die Studenten schluckten gemeinschaftlich. McConnell lächelte mit schmalen Lippen und verschränkte die Arme.

»Mr Carling?« Nat deutete auf den jungen Mann. »Bitte kommen Sie her, und bringen Sie Ihren Text mit.«

»Äh ... okay.« Carling stand auf, nahm das Taschenbuch, das vor ihm lag, und stieg mit einem coolen Lächeln die Stufen zum Podium hinauf.

»Kommen Sie bitte hierher«, sagte Nat und dirigierte ihn in ihre Richtung.

Carling ging quer über das Podium und bedachte dabei das Touch-Screen-Display des High-Tech-Lehrerpults mit einem skeptischen Blick.

»Das ist ja abartig hier oben.«

Als Carling neben ihr stand, streckte sich Nat und zog ihm die Strickmütze vom Kopf.

»Darf ich mir die mal kurz ausleihen?«

»Klar.« Carling strich mit der Hand durch sein dichtes, dunkelblondes Haar und sah auf die Kursteilnehmer zu seinen Füßen. »Gar nicht so schlecht hier oben. Man könnte sich dran gewöhnen.«

»Bleiben Sie bitte hier stehen.« Nat ließ ihren Blick über die Sitzreihen schweifen. »Mr Wykoff?« Sie zeigte auf Charles Wykoff IV, einen jungen Mann von edelstem, reinrassigem Ostküstenblut. Er hatte ein rundes Kindergesicht, hellblonde Ponyfransen und arglose blaue Augen, die auf ein sagenhaftes Erbe schließen ließen. »Bitte kommen Sie hierher, und nehmen Sie Ihren Text mit. Und Ms Anderson, Sie bitte auch.«

»Natürlich.« Anderson zwängte sich freudig durch die Reihe; Wykoff folgte ihr mit großen Augen voller Fragezeichen.

»Nicht so gemächlich, wenn ich bitten darf.« Nat nahm die beiden auf dem Podium in Empfang, packte Wykoffs Schulter unter dem verblichenen Fleece-Shirt – sie fühlte sich rund und stark an wie ein Bowling-Ball – und stellte ihn an seinen Platz. »Gut. Also, Mr Wykoff, Sie sind Bassanio.«

»Ba – was?«

»Bassanio. Er ist der beste Freund in dem Stück, das Sie nicht gelesen haben. Schlagen Sie Ihr Buch auf. Da steht drin, was Sie zu sagen haben.« Nat wandte sich an Anderson. »Lady, Sie sind Shylock.«

»Super!« Anderson grinste.

»Wow, wir spielen einen Sketch! An der Juristischen Fakultät!« Carling konnte es nicht glauben.

»Keinen Sketch, sondern ein Stück«, sagte Nat. »Es handelt sich um Shakespeare, nicht um Letterman.«

»Pah! Und was kommt als Nächstes? Schokokekse mit Milch? Bastelstunde?«

Wykoff lachte laut. »Verdammt, ich hab meine Laubsäge zu Hause gelassen.«

»Wollen Sie wirklich, dass ich Sie alle um eine halbe Note herunterstufe?« Nat wartete nicht auf die Antwort. »Sie werden dieses Stück lesen, so oder so. Übrigens, Carling, Sie sind Antonio.«

»Aber er ist schwul!«

»Na und?« Nat drehte sich herum. »Und woher wollen Sie das überhaupt wissen, wenn Sie das Stück nicht gelesen haben?«

»Ich hab den Film gesehen. Jeremy Irons borgt sich Geld von Al Pacino, weil er in einen Typen verliebt ist.«

»Darum geht es ganz und gar nicht, Mr Carling. Und keine Diskriminierungen, bitte, in einem Seminar über Diskriminierung.«

Die Studenten lachten, und Nat staunte über die ungewohnten Laute. Bis jetzt hatten sie noch nie über einen Scherz von ihr gelacht. Tatsache war, dass ihr alle neun Kursmitglieder zum ersten Mal überhaupt konzentriert zuhörten. McConnell lehnte sich in seinem Sitz zurück, aber jetzt konnte sie nicht mehr aufhören. Sie trat zur Seite.

»Gut«, sagte sie. »Und jetzt schlagen Sie bitte den vierten Akt auf, erste Szene, die große Szene im Gerichtssaal. Ich werde Porzia spielen, eine der besten Frauengestalten Shakespeares, nur dass sie den falschen Mann liebt. Sie wird alles retten, und in dieser Szene tritt sie als Mann verkleidet auf. Etwa so.« Sie zog sich Carlings Strickmütze in die Stirn und ging zum Pult, wo ihre Handtasche lag.

»Sie sehen geil aus, Professor Greco!«, rief Elizabeth Warren, und die Klasse lachte einmütig.

»Das ist noch gar nichts.« Nat wühlte in ihren Schminksachen, fand den Augenbrauenstift und malte sich mit zwei schnellen Strichen einen Schnurrbart.

»Weiter so, Professor!«, rief San Gupta, der die hohlen Hände wie ein Megaphon vor den Mund hielt. Die anderen applaudierten, und das Geräusch hallte in dem hohen Raum wider. Jemand in der hinteren Reihe pfiff durch die Zähne, und Nat drehte sich nach dem Geräusch um. Es war Angus Holt, der Fakultätsfreak mit blondem Bart und Pferdeschwanz. Angus unterrichtete nach Nat in diesem Raum, aber bis jetzt hatte sie außer kurzen Begrüßungen noch nie einen Satz mit ihm gewechselt. Sie lächelte. Dann fiel ihr Blick auf McConnell, der vor Holt saß, und sie hatte eine Idee.

»Wir brauchen einen Richter.« Sie rieb die Handflächen aneinander.

»Den kann ich spielen!«, meldete sich Max Bischoff, der plötzlich vergessen hatte, dass er an Typhus litt.

»Nein, ich! Nehmen Sie mich! Ich bin richtig gut als Richterin!«, rief Marilyn Krug, die sogleich von Adele McIlhargey überschrien wurde. Der Aufruhr im Kurs war kaum zu bändigen.

»Warten Sie«, sagte Nat beruhigend. »Mr McConnell, würden Sie so gut sein, heute Morgen unser Richter zu sein?«

Die Studenten drehten sich um und waren überrascht, McConnell in der letzten Reihe sitzen zu sehen. Als sich ihm die allgemeine Aufmerksamkeit zuwandte, runzelte der Vizedekan die Stirn und hielt dann die Hand ans Ohr, als hätte er nicht richtig gehört, aber das glaubte ihm Nat nicht.

»Mr McConnell, wir hätten gern, dass Sie für uns den Dogen von Venedig spielen. Stimmt’s, Leute?«

»Ja!« Alle schrien und lachten, und Nat begann, rhythmisch zu klatschen.

»McConnell! McConnell! McConnell!«

Die Studenten fielen ein, und wie auf ein Stichwort hin kam Angus Holt den abschüssigen Gang des Vorlesungsraums hinunter und begleitete McConnell unter Lachen und Applaus zum Podium.

»Hier ist er, Professor Greco!« Angus schob den sich immer noch sträubenden McConnell die Treppe hoch.

»Wenn es Euer Gnaden beliebt.« Nat streckte McConnell mit elisabethanischer Grazie ihren Arm hin.

Geschafft.

Stummer Verrat

Подняться наверх