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9.

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Als die Maschine ausrollte, war es in Singapur früh am Morgen, aber immer noch stockdunkel. In den äquatornahen Zonen war es entweder Tag oder Nacht, so etwas wie Morgengrauen oder Abenddämmerung gab es kaum. Horst Griebsch hatte für heute noch viel vor. Zuerst wollte er sich in das Hotel Peacock bringen lassen, um später die teure Digitalkamera zu kaufen, die hier fast um die Hälfte billiger sein sollte, als in Deutschland. Nachdem er seinen Koffer vom Band genommen und die Einreisekontrolle passiert hatte, ging er zu den wartenden Taxis, eine Reihe blauer, kleiner Wagen. Er stieg in das erste Taxi der Reihe ein.

Good morning, Sir!“ Der Fahrer, ein Sikh mit einem blauen, kunstvoll gebundenen Turban und einem langen schwarzen Bart, startete den Motor und fuhr los.

Hotel Peacock, Chinatown”, erklärte Griebsch.

I know a better hotel, Sir”, antwortete der Fahrer.

Griebsch wollte nicht: “No, Hotel Peacock, please!”

This hotel is not good for you Sir; I will bring you to a better one.”

No, no, I want Hotel Peacock!”

Den Fahrer schien das nicht weiter zu kümmern. „I know a cheap and very good hotel, Sir.” Wie zur Bekräftigung gab er tüchtig Gas und fuhr unbekümmert durch die Straßen. Wenn Fußgänger versuchten, den Fahrdamm zu überqueren, beschleunigte er, wobei er mit der Zunge schnalzte. Griebsch wurde nervös. Sie fuhren etwa eine Viertelstunde, um vor einem großen und schicken Hotel in der Innenstadt zu halten.

Hotel Peacock?“, fragte Griebsch erwartungsvoll.

Shangri La hotel, Sir, much better hotel for you.” Der Fahrer blickte Griebsch aus seinen dunklen Augen durchdringend an.

No, not Shangri La. I told you to bring me to the Peacock Hotel.” Griebsch machte keine Anstalten auszusteigen. Der Fahrer zuckte mit den Achseln und fuhr weiter. Nach zehn Minuten hielt er vor einem anderen Hotel. Horst Griebsch war inzwischen hellwach und sehr misstrauisch geworden.

Hotel Peacock?“, fragte er lauernd.

Der Fahrer hielt es für besser, nicht darauf zu antworten. „Come and have a look, Sir.” Er schien den Portier zu kennen, denn dieser kam auf das Auto zu, blinzelte den Fahrer an, um Griebsch darauf ölig anzugrinsen.

Gallery Hotel!“ Der Taxifahrer schnalzte mit der Zunge, als würde er ihm eine Spezialität kredenzen.

Come in Sir, come in and have a look“, sagte der Portier, der die Beifahrertür aufgerissen hatte. Der Fahrer hatte inzwischen Griebschs Koffer neben das Auto gestellt.

Griebsch fing an, auf Deutsch heftig zu schimpfen. „Beschiss, Scheiße ist das!“ Er war sich sicher, dass der Mann ihn nicht verstand. „Was soll das, ich will zum Peacock Hotel, verstehst du „PEEEEAACOCK! I don’t pay if you don't bring me there!”

Der Taxifahrer nahm Griebschs Koffer und wuchtete ihn zurück in das Auto, während der Fahrt sagte er zur Abwechslung gar nichts mehr. Nach weiteren zehn Minuten hielt er in einer Straße vor einem flachen Gebäude. Hotel Peacock stand in Leuchtschrift an der Fassade.

„Warum nicht gleich so? Ständig muss man achtgeben, um nicht beschissen zu werden“, brummelte Griebsch.

Als er bezahlt hatte und aussteigen wollte, hielt der Taxifahrer ihn am Arm fest. „I know a very good jewellery shop Sir, you can buy precious stones, very good quality. I come later and bring you there, Sir.” (17). Er gab Griebsch seine Visitenkarte. “Very cheap, the shop-owner is my friend. I will pick up you later. Bye-bye Sir.”

Griebsch hielt es für besser, darauf nicht zu antworten und griff nach seinem Koffer. Dann stapfte er mit seinem Gepäck in den Hoteleingang. Den Taxifahrer schien hier niemand zu kennen. Weder kam jemand aus dem Hotel heraus, noch machte der Chauffeur sich die Mühe aus seinem Taxi zu steigen, sondern fuhr gleich weiter.

„Der war auf Provision aus, aber das läuft bei mir nicht.“ Griebsch war mit sich zufrieden und ging in das Hotel. Inzwischen war es hell geworden. Die Rezeption des Hotels schien verlassen und lag im Halbdunkeln. Als Griebsch herantrat, erhob sich ein Mann, der hinten in der Rezeption gesessen hatte. Er war klein und zierlich, hatte eine dunkle Hautfarbe und ein glatt rasiertes Gesicht. Griebsch hielt ihn für einen Malaien. Auf seine Frage nach einem Zimmer nickte der Mann und sagte: „Passport, please.“ Horst Griebsch gab ihm seinen Pass, den der Mann lange studierte, bis er nickte und Griebsch einen Schlüssel gab. “For one night, only 65$ if you pay cash, Mister. If you pay with a credit card it is 85$.”

Cash“, sagte Griebsch und zahlte bar. 65 $ war doch günstig, dachte er. Wer wusste schon, was die Hotels von diesem Taxifahrer gekostet hätten?

Ein Hotelangestellter, der von Griebsch unbemerkt herangetreten war, nahm wortlos seinen Koffer. Griebsch musste hinter ihm herlaufen, sie blieben im Erdgeschoss und gingen über einen Korridor. Am Ende des Flurs standen sie vor einer Zimmertür. Als der Page aufschloss, fiel Griebschs Blick auf ein großes Bett, eine Fensterfront, die zu einer Terrasse ging. Durch eine halb geöffnete Tür sah er in ein modern ausgestattetes Bad. Horst Griebsch war zufrieden und bot dem Mann ein kleines Trinkgeld an, was dieser jedoch höflich ablehnte.

Dann eben nicht, dachte Griebsch. Er wollte vorerst eine oder zwei Stunden ausruhen und dann in die Stadt shoppen gehen. Laut Stadtplan befand sich die Einkaufszone nicht weit vom Hotel, er konnte bequem zu Fuß dorthin gelangen. Die Karte von dem Taxifahrer warf er weg. Mit dem Gauner würde er sowieso nicht mehr fahren. Er zog die Vorhänge zu, da schon Tageslicht in das Zimmer fiel. Nachdem er sich auf dem Bett ausgestreckt und für einen Moment gelegen hatte, pochte es sanft an seiner Tür.

Yes, what?“, rief Griebsch.

Room service, please, Sir“, rief eine zarte Frauenstimme. Griebsch öffnete die Tür. Vor ihm stand eine zierliche junge Frau in einem traditionellen malaiischen Wickelrock, in der Hand ein Tablett. „Welcome to Hotel Peacock, Sir, and a gift from the reception for our new guest”, sagte sie melodisch und verbeugte sich.

Griebsch sah sie an. Sein Blick glitt über ihren Körper vom Kopf bis zu den Füßen. Für einen Moment meinte er, mit dem Wort Geschenk würde die Frau sich selbst anbieten. Sie schien das gefühlt zu haben. Schnell überreichte sie ihm das Tablett, auf dem ein großes gefülltes Cocktailglas stand. „A gift from the hotel. No alcohol, just fruit cocktail, Sir.“

Die Frau entfernte sich mit kleinen Schritten rückwärts lächelnd von der Tür und ließ Horst Griebsch mit dem Tablett in der Hand stehen. Als er daran dachte, ihr ein Trinkgeld anzubieten, war sie schon im Flur verschwunden.

Die waren alle so bescheiden hier! Horst Griebsch schüttelte den Kopf, grinste in sich hinein und freute sich schon auf die Schnäppchenjagd in der Stadt. Das Getränk duftete nach tropischen Früchten. Er stellte es auf den Nachttisch, legte sich wieder hin und war für einen Moment mit sich und der Welt zufrieden. So ein Service! Und überhaupt, schön, dass der Stress mit dem Kongress endlich vorbei war.

Eine Stunde wollte er noch ausruhen, die Geschäfte würden sowieso erst später öffnen. Gedankenverloren zog Griebsch an dem Strohhalm und kostete den Geschmack der tropischen Früchte. Für einen Moment schloss er genussvoll die Augen. In dieser entspannten Lage hing er seinen Gedanken nach. Bilder vom Kongress schossen ihm durch den Kopf, und er dachte an seine Zukunft im IEI. Dann kroch langsam die Müdigkeit in ihm hoch. Griebsch ließ es zu und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Er dachte noch daran, seinen Wecker zu stellen, aber brachte es nicht mehr zustande. Wie Nebelfetzen flogen die Eindrücke an ihm vorbei. Einmal glaubte er, Stimmen zu hören. Es war doch laut, das Hotel, so schien es ihm. Dann hatte er das Gefühl zu schweben, seine Gliedmaßen waren wie Watte und er konnte sie nicht so bewegen, wie er wollte. Für eine lange Zeit war nichts, nur endlose Schwärze um ihn herum.

Als er wach wurde, hatte er dröhnende Kopfschmerzen. Seine Augen ließ er noch geschlossen, weil er befürchtete, das Tageslicht würde seine Migräne noch verstärken. Das Dröhnen wurde stärker und er hatte den Geruch von Diesel in der Nase. Ihm war schwindlig und es war, als würde er sanft geschaukelt werden. Als er die Augen einen kleinen Spalt öffnete, blendete ihn das helle Licht. Jemand musste die Vorhänge in seinem Zimmer geöffnet haben. Eine Stimme rief Worte, die er nicht verstand, ein Schatten beugte sich über ihn und er hörte das Dröhnen an- und abschwellen. „Wie ein Motorengeräusch“, dachte er und spürte einen Stich in der Armbeuge. Als Griebsch sich aufrichten wollte, fiel er kraftlos zurück. Wieder Schwärze, kein Zeitgefühl, wirre Träume, Stimmen, Lachen, angefasst werden, angehoben werden.

Als er nach einer Zeit, deren Dauer er nicht ermessen konnte, wieder aufwachte, waren die Kopfschmerzen noch da, aber nicht mehr so stark. Dieses Mal öffnete er seine Augen ganz. Er lag immer noch auf dem Bett und blickte auf die Zimmerdecke, von der Licht aus einer Neonröhre schien. Außer einem gleichbleibenden Summton war nichts zu hören. Seine Augen wanderten hin und her und er bemerkte die weißen, fensterlosen Wände. In seinem Rücken spürte er, wie hart das Bett war, auf dem er lag. Das war doch nicht das Hotel? Ich bin nicht im Hotel! Mit diesem Gedanken drehte er suchend seinen Kopf weiter nach links und sah etwa einen Meter entfernt einen Mann in einer grünlichen Uniform auf einem Stuhl sitzen. Seine Gesichtszüge waren malaiisch, wie bei dem Portier, aber er hatte militärisch kurz geschorene Haare und über seinen Knien lag ein Gewehr.

„Was ist los? Wo bin ich?“, hörte Griebsch seine Stimme wie von weit entfernt her. Auf seiner rechten Seite endete das Zimmer in einem Maschendrahtzaun, der es von einem unbeleuchteten Flur abtrennte. Eindeutig eine Zelle. Er war in einem Gefängnis! Bei dem Gedanken spürte er plötzlich eine starke Trockenheit in seinem Mund. Als er den Posten wieder ansah, blickte dieser prüfend zurück, hob neben sich einen Hörer ab und sagte einige Worte in einer Sprache, die Griebsch nicht verstand. Als Griebsch sich aufrichten wollte, wurde er festgehalten und bemerkte, er war auf dem Bett, das einer Pritsche glich, festgeschnallt. „Wasser“, sagte er. Der Posten schaute ihn ausdruckslos an und schien nicht zu verstehen. „Water, please, water please“, krächzte Griebsch.

Der Posten griff nach etwas auf dem Boden und hielt Griebsch eine Plastikflasche an den Mund. Das Wasser floss ihm halb über das Kinn, aber er trank gierig. Im Flur flammte Licht auf und von entfernt hörte Griebsch Schritte und Stimmen, die näherkamen. Ihm fiel ein, dass in Singapur auf Drogenbesitz die Todesstrafe stand. Hatte ihm vielleicht am Flughafen jemand etwas in sein Gepäck geschmuggelt? Oder war es der Taxifahrer, der sich rächen wollte? Vielleicht auch der komische Typ von der Hotelrezeption? Die Schritte von der anderen Seite des Maschendrahtzauns näherten sich. Zwei Männer standen dort. „Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass die Welt klein ist?“, hörte Griebsch eine fröhliche Stimme vom Flur. „So sieht man sich wieder!“

Diese Stimme kannte Horst Griebsch. Ja, er hatte sie gestern noch gehört, aber das konnte doch nicht wahr sein! Es war tatsächlich Sutter, der mit einem bewaffneten Mann vor dem Maschendrahtzaun stand. Der Posten, der neben Griebsch gesessen hatte, war aufgestanden und schloss eine Tür im Drahtverhau auf, die Griebsch erst jetzt bemerkte. Für einen kurzen Moment war er erleichtert: „Ach, Herr Sutter, zum Glück sind Sie da. Helfen Sie mir, man hat mich betäubt, verschleppt und hält mich hier fest. Wo bin ich hier und wer hat Sie denn benachrichtigt?“, sprudelte es aus ihm heraus.

Sutter gab dem Posten in der Zelle eine Anweisung, worauf dieser Griebsch seine Fesseln abnahm. Griebsch zog langsam seine Beine an seinen Körper, er hatte überall Schmerzen, wie von einem starken Muskelkater.

„Die Leute hören ja auf Sie! Haben Sie etwas mit meiner Entführung zu tun, Herr Sutter?“, fragte Horst Griebsch mit aufsteigendem Entsetzen. „Sagen Sie mir doch, wo ich hier bin und warum man mich festhält!“ Sutter trat näher an die Pritsche heran. Griebsch richtete sich halb auf und ließ seine Beine vom seitlichen Rand herabbaumeln.

„Also, erst einmal kann ich Sie beruhigen“, sagte Sutter. „Sie sind zu Ihrem Glück nicht mehr in Singapur. Ja, Sie hatten Drogen im Gepäck, Herr Professor, und nicht zu wenig. Sie hatten Glück, dass ich Sie noch rechtzeitig aus Singapur herausbringen konnte.“

„Drogen?“, fragte Griebsch ungläubig. „Ich? Woher soll ich die denn haben, ich bin doch kein Junkie und kein Dealer! Und wo bin ich hier überhaupt?“

„Sie sind in Malaysia“, sagte Sutter, „und ich glaube Ihnen, dass Sie kein Junkie sind. Mit dem Dealer ...“, er lies den Satz unvollendet. „Wir müssen Sie allerdings eine Weile hierbehalten. Sie sind ja illegal eingereist und es wird eine Weile dauern, bis wir Sie wieder zurück nach Deutschland bekommen.“

Griebsch schaute auf seine Armbanduhr und las das Datum. „Zwei Tage!“, schrie er, „zwei Tage ist es her, dass ich in Singapur angekommen bin. Was ist mit mir in der Zwischenzeit passiert? Woher wussten Sie von alledem? Wo bin ich denn hier genau? Ich verlange mit dem deutschen Botschafter zu sprechen, Sie halten mich hier fest ...“

„So viele Fragen und“, Sutter schaute ihn abwägend an, „und ein wenig mehr Dankbarkeit würde Ihnen besser stehen, Griebsch. Wir haben Sie schließlich gerettet.“ Er lächelte, aber nicht mehr freundlich. „Wenn Sie keine Schwierigkeiten machen, sind Sie in zwei bis drei Tagen in Frankfurt. Tun Sie am besten, was ich Ihnen sage und hören Sie auf, Fragen zu stellen, die ich Ihnen nicht beantworten kann.“

„Tun? Ja, was wollen Sie denn von mir?“, fragte Horst Griebsch. Sein Atem ging flach, sein Herz klopfte. Er merkte, dass sich etwas in Sutters Tonfall geändert hatte. Da war er nicht mehr Herr Professor, Sutter nannte ihn einfach nur noch Griebsch.

„Sie sind doch nicht von der OECD?“, sagte Griebsch. „Wer und woher sind Sie?“

„Wer sagt Ihnen denn, dass ich nicht von der OECD bin?“ Sutter sprach ein paar Worte mit den beiden Posten, die um die Pritsche herumstanden. Es war wohl ein Befehl gewesen, beide nahmen Horst Griebsch in die Mitte und machten Anstalten, ihn aus der Zelle herauszubringen.

„Wohin bringen Sie mich?“, protestierte Griebsch.

„Wollen Sie denn weiter hier in der Zelle bleiben?“, fragte Sutter und sah ihn erstaunt an. Er lachte: „Sie bekommen bei uns ein besseres Hotelzimmer, als Sie es im Peacock vorfanden.“

„Sie waren es!“ Griebsch kreischte, als die beiden Posten ihn unter die Oberarme griffen. „Sie haben mich in das Peacock gelotst, um mich dann hierher zu verschleppen.“

„Schluss mit dem Gerede.“ Sutters Stimme zeigte Ungeduld. „Kommen Sie freiwillig mit, oder müssen wir Sie auch noch tragen?“

Horst Griebsch fügte sich in sein Schicksal, stand auf und lief auf wackligen Beinen zwischen Sutter und den beiden Posten den Flur entlang, bis sie nach zwei Abbiegungen an einen Fahrstuhl kamen. Der brachte sie drei Stockwerke nach oben. Als sie ausstiegen, befanden sie sich in einem besser ausgestatteten Teil des Gebäudes. Der Flur war mit Teppichboden ausgelegt und das Licht kam von verzierten Deckenlampen, die den Flur in einen golden getönten Schimmer tauchten. Nach einer weiteren Biegung gelangten sie an eine Tür, die Sutter mit einem Nummerncode öffnete.

„So, hier sind Sie Ihrem Status gemäß untergebracht, Herr Professor.“ Sutter lächelte Griebsch wieder freundlich an. „Machen Sie es sich hier gemütlich, ich komme morgen früh vorbei und zeige Ihnen etwas, das Sie überraschen wird. Wir haben Ihnen ein Abendessen auf ihr Zimmer gebracht.“ Er deutet auf den Tisch neben dem Sofa. „Sie finden Ihren Koffer mit Ihren Sachen und dazu noch ein paar Kleinigkeiten, alles zu Ihrer Bequemlichkeit. Wenn Sie etwas brauchen, heben Sie nur den Hörer vom Telefon ab. Man wird sich dann um Sie kümmern. Wir sehen uns dann morgen gegen neun Uhr. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Herr Professor.“

Sutter ging mit den beiden Uniformierten aus dem Zimmer und Griebsch hörte noch, wie die Tür zufiel. Er rannte hinterher, und als er sie öffnen wollte, leistete der Türknauf keinen Widerstand, drehte sich jedoch nur um sich selbst. Die Tür aber blieb verschlossen. Griebsch durchquerte das Zimmer bis zur Fensterfront. Nach draußen schaute er auf ein Gelände, auf dem Flachbauten standen. Zwei Transportfahrzeuge waren dort geparkt. Menschen sah er nicht und auch kein Ende des Areals, welches ihn an eine Fabrikanlage erinnerte. Ein paar Palmen standen zwischen den Gebäuden, zur Erinnerung, dass er sich immer noch in den Tropen befand. Die Fenster hatten keine Riegel und ließen sich nicht öffnen. Das Glas war solide und gab kaum einen Ton von sich, wenn man dagegen stieß. Trotzdem war die Luft im Zimmer kühl und frisch und ein leichter Luftzug kam aus den Schlitzen einer Klimaanlage in der Decke. Griebsch ließ sich auf das Sofa fallen. Es gab keinen Zweifel, er war immer noch ein Gefangener, nur das er sich jetzt in einer Luxuszelle befand.

Auf dem runden Tisch neben dem Sofa stand das Telefon, von dem Sutter gesprochen hatte. Griebsch hob dem Hörer ab, vernahm kein Freizeichen und nach einem Moment eine fremde Stimme: „Good evening, can I help you, Sir?“ Entmutigt legte er den Hörer wieder auf, ohne etwas zu sagen. Auf dem Tisch standen Schüsseln mit warmen und kalten Essen. Zuerst wollte Griebsch aus Protest davon nichts nehmen, doch nach einiger Zeit meldete sich der Hunger und er konnte nicht länger widerstehen. Er musste sich eingestehen, das Essen war gut. Nachdem er satt war, schaute er sich genauer in seinem Zimmer um. Eigentlich war es eine Suite, die aus zwei Räumen bestand. Hinter einer Zwischentür lag das Schlafzimmer. Auf dem Bett fand er seinen Pyjama und seine übrigen Sachen waren sorgfältig in einem Wandschrank eingeräumt. Sogar die Winkekatze aus Kyoto hatten sie ihm auf den Nachttisch gestellt. Sie schien ihn höhnisch anzugrinsen.

Nachdem er eine Weile ratlos und rastlos durch die beiden Zimmer gewandert war, ließ er sich auf das Bett fallen, schlief ein, wachte zwischendurch auf, weil er vermeinte, Geräusche zu hören. Er lauschte in die Dunkelheit, aber hörte nichts. Die Fenster waren so massiv, dass von draußen kein Laut ins Zimmer drang. Schließlich zog er sich seinen Pyjama an und legte sich wieder ins Bett. Er lag noch lange wach in der Dunkelheit und grübelte, bis er irgendwann einschlief.

Rizin

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