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Wolfsüberfall

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Die Sonne verschwand hinter den hohen Bergkuppen im Westen, verbreitete ein diffuses Licht. Dämmerung senkte sich über das Land, den stetig ansteigenden Hang.

Allmählich gewann die kleine Herde an Höhe. Die Wüste lag weit zurück in der Senke. Hier oben dehnte sich Gebirgssteppe aus, hier war es kühler. Ein schmaler Bergbach plätscherte murmelnd über rundgeschliffenes Geröll.

Tagelang hatten die Wildpferde nur an den salzigen Tümpeln der Wüste ihren Durst löschen können, jetzt tranken sie gierig das klare Schmelzwasser. Wirru stand mit den beiden anderen Fohlen abseits. Er mochte nur Milch.

Neugierig streckte er seinen rechten Vorderhuf ins Wasser. Das fühlte sich kalt an, eisig kalt. Rasch zog er sein Bein zurück.

Wenig später überquerte die Herde den Bach. Wirru mußte mit allen vieren durch das eisige Naß. Und als er zögerte, scheuchte seine Mutter ihn unerbittlich vorwärts.

Wiehernd und spritzend planschte Wirru ans Ufer. Erst nach einem wilden Galopp fühlte er sich wohler. Dabei entfernte er sich ziemlich weit von der Herde.

Plötzlich stutzte er. Vor ihm wuchsen Schatten aus der Dämmerung. Und das war kein Gebüsch. Die Schatten bewegten sich, glitten fast lautlos auf ihn zu. Ein fremdartiger Geruch stieg ihm in die Nase. Instinktiv witterte Wirru die Gefahr. Im Galopp machte er kehrt.

Es war keinen Augenblick zu früh. Auch die Herde hatte die Gefahr erkannt: Wölfe! Blitzschnell bildete sie einen Kumpanenring, die Köpfe zur Mitte gewandt und die schlagkräftigen Hinterhufe nach außen. Wirru preschte durch eine für ihn offengelassene Gasse, die sich sofort hinter ihm schloß. Er schnaufte erleichtert. Hier im Kreis bei den anderen Fohlen fühlte er sich sicher.

Viel sah er nicht von dem, was außerhalb geschah. Aber er spürte die Erregung der Großen, hörte das Ausschlagen ihrer Hufe, das Aufheulen eines Wolfes, wenn der Tritt einer Stute ihn traf. Und er hörte den rasenden Hufschlag des Hengstes, der mitten unter das Wolfsrudel sprengte und mit seinen Vorderhufen tödliche Hiebe austeilte.

Mit einemmal ertönte durch das Kampfgetümmel fernes Hufgetrappel, das sich rasch näherte. Drei geschmeidige Gestalten glitten schräg hangabwärts. Es waren die Junghengste, auf deren Spur sie vor einigen Tagen gestoßen waren. Sie hatten sich auf dem Weg in die Berge ganz in ihrer Nähe aufgehalten und den Kampflärm gehört. Und sie waren bereit, ihre alte Herde zu schützen. Im gestreckten Galopp kamen sie dem Leithengst zu Hilfe.

Auch die Wölfe horchten auf. Ein paar von ihnen versuchten noch, den Schutzring der Wildpferde an anderer Stelle zu durchbrechen, um an eines der Fohlen heranzukommen. Doch sie schafften es nicht, gerieten plötzlich zwischen zwei Fronten.

Wie auf Kommando zogen sich die Wölfe zurück. Sie begriffen, daß sie gegen diese Übermacht nichts ausrichten konnten. Der war fehlgeschlagen, ein Wolf mit zertrümmertem Schädel auf der Strecke geblieben.

Nur zögernd trat Wirru aus dem sich auflösenden Kreis der Stuten. Die Gefahr war vorbei, aber noch saß ihm der Schreck in den Gliedern.

Langsam näherte er sich den fremden Junghengsten und schnupperte neugierig. Und sie beschnupperten ihn; vor allem Rikon, der kräftigste, stupste ihn freundschaftlich vor die Nase. Daß es seine älteren Brüder waren, wußte Wirru ja nicht. Er sah nur, wie die Großen sie vertraulich begrüßten.

Als die Nacht hereinbrach, blieben die Junghengste bei der Herde, übernahmen abwechselnd mit dem Leithengst die Wache. Aber auch die Stuten ruhten nur im Stehen. Allein die Fohlen legten sich dicht beieinander in das nachtkühle Gras. Im Schutz der Großen schliefen sie den tiefen Schlaf der Erschöpfung.

Wirru, das Wildpferd

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