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3. Sakrales Königtum

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Den Bindungen an Konsens und Akzeptanz der Großen und an die Verhaltensregeln der Adelsgesellschaft, denen das ottonische Königtum unterlag, wird oft die christliche Herrschaftslegitimation als einzige unbestrittene Prärogative des Herrschers entgegengestellt. In der Tradition christlicher Herrschaftsbegründung seit der Spätantike war es selbstverständlich, wie der Römerbrief des Paulus (13,1–7) formuliert hatte, dass jede Herrschaft sich von Gott herleitete. Spätestens seit der Königssalbung des Karolingers Pippin im Jahr 751 wurde die göttliche Erwählung und dauerhafte Begleitung des Königs durch einen speziellen liturgischen Ritus, die Weihe und später auch die Krönung, ausgedrückt. Durch Weihe und Salbung wurde der König zum „Gesalbten des Herrn“ (christus domini) und trat in eine besonders enge Verbindung mit Christus dem Herrn (Christus dominus).

Die Herleitung königlicher Macht von Gott begründete einen besonderen Gehorsamsanspruch des Königs, die Salbung verlieh ihm gemäß alttestamentlichen Vorstellungen eine besondere Unverletzlichkeit. Beides musste aber in den konkreten Bedingungen und unter den Einschränkungen, denen die Königsherrschaft in der Praxis unterlag, zur Geltung gebracht werden; schon deshalb begründete die sakrale Herrschaftslegitimation im frühen und hohen Mittelalter kein „Gottesgnadentum“ absolutistischer Prägung. Die Formel „von Gottes Gnaden“ (Dei gratia) im Herrschertitel verwies nicht nur auf den Anspruch königlicher Herrschaft, sondern auch auf ihre Abhängigkeit vom Walten Gottes; nicht nur herrscherliches Selbstbewusstsein, sondern auch fromme Demut und religiöse Verantwortung sollten darin zum Ausdruck kommen. Beides, Anspruch und religiöse Begrenzung der Königsherrschaft, wurde besonders in der festlichen Liturgie dargestellt, wenn der König beim Einzug Christus darstellte und die Krone trug, die man als Verweis auf das himmlische Jerusalem und damit als Zeichen christlicher Heilsverheißung deuten konnte. Dadurch wurde sowohl die allen Menschen gemeinsame religiöse Hoffnung ausgedrückt als auch die individuelle Hoffnung des Königs, für die Gott wohlgefällige Ausübung seiner Herrschaft dereinst mit dem ewigen Leben belohnt zu werden.

Die Hoffnung auf das religiöse Heil bestimmt auch die Zeugnisse, die den König am deutlichsten in die Nähe Gottes stellen: Die Herrscherbilder, die im Rückgriff auf spätantike, karolingische und byzantinische Ikonographie in klösterlichen Malwerkstätten vor allem in Trier, auf der Reichenau, in Regensburg oder in salischer Zeit in Echternach entstanden sind. Diese Bilder gehören zur Ausstattung kostbarer Handschriften, die für die festliche Liturgie oder für den Schatz einzelner Kirchen bestimmt waren; der König ist in ihnen abgebildet, weil er die aufwendige Herstellung der Handschriften veranlasst und sie einer Bischofskirche oder einem Kloster geschenkt hatte oder weil eine geistliche Gemeinschaft die Handschrift für den König angefertigt hatte. In den Bildern wurde deshalb nicht nur die besondere sakrale Stellung des Königs dargestellt, sondern auch der Heilswunsch, der mit der Stiftung einer solchen liturgischen Kostbarkeit verbunden war.

Wie die Bilder anderer Stifter dienten die Herrscherbilder in liturgischen Handschriften vor allem dazu, die Memoria des Herrschers zu gewährleisten, d.h. die liturgische Fürbitte für den Herrscher über seinen Tod hinaus anzuregen und sein Gedächtnis in den beschenkten Gemeinschaften zu bewahren. Als Medien liturgischer Memoria trugen die Herrscherbilder zur Verbindung zwischen dem König und den von ihm geförderten und beschenkten religiösen Gemeinschaften bei. Gerade im Kontext der Memoria wird deshalb erkennbar, dass die sakrale Auszeichnung der Königssalbung und Krönung den Herrscher nicht aus allen innerweltlichen Bindungen löste, sondern ihn in die Gemeinschaft der liturgischen Fürbitte und der religiösen Heilshoffnung aller Menschen stellte. Die Sakralität des Herrschers kann deshalb im Kontext der sozialen Bindungen verstanden werden, in denen die ottonische Königsherrschaft wirksam wurde. Die Vorstellungen vom sakralen Königtum konnten Bindungen zwischen dem Herrscher und geistlichen wie weltlichen Herrschaftsträgern stärken und dadurch zur Stabilität der Herrschaftsordnung beitragen. Zu dieser Ordnung gehörte der von Gott legitimierte Gehorsamsanspruch des Königs ebenso wie die Erwartungen, die an den Herrscher herangetragen wurden, und die Konflikte, die immer dann ausbrechen konnten, wenn Erwartungen weltlicher oder geistlicher Herrschaftsträger nicht erfüllt oder konkurrierende Interessen und Ansprüche nicht zum Ausgleich gebracht werden konnten.

Ottonen und Salier

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