Читать книгу William Lovell - Ludwig Tieck - Страница 9

6

Оглавление

William Lovell an Eduard Burton


Waterhall.


In einigen Tagen komme ich zu Dir zurück, um auf lange Abschied zu nehmen. Mein Vater wünscht meine Abreise aus England früher; er ist fast immer krank und ich fürchte für sein Leben, daher ich jedem seiner Wünsche zuvorkomme. Es möchte sonst eine Zeit eintreten, wo es mich sehr reuen würde, nicht ganz seine Zärtlichkeit gegen mich erwidert zu haben. – Mein Vater wohnt itzt nahe bei London – und Eduard, ich werde sie wiedersehn! – Meine traurigen Ahndungen sind itzt nichts als Träume gewesen, über deren Schrecken man beim Aufgange der Sonne lacht. Hoffnungen wachen in meinem Busen auf, ich vertraue der Liebe meines Vaters. Wenn ich es nun wagte, ihm ein Gemälde von dem Glücke zu entwerfen, wie ich es in ihren Armen genießen werde, wenn ich ihn in das innerste Heiligtum meines Herzens führte und ihm jenes reine und ewige Feuer zeigte, welches der holden Gottheit lodert? Würde er so hart sein, mich von dem Bilde zurückzureißen, mir meine schönsten Empfindungen zu nehmen, die Hallen des Tempels zu schleifen, um von den Ruinen eine armselige Hütte zu erbauen? – Aber ich fürchte, mein Vater betrachtet mein Glück aus einem ganz verschiedenen Standpunkte; er ist älter und jenes schöne Morgenrot der Phantasie ist von der Gegend verflogen, er mißt mit dem Maßstabe der Vernunft die Verhältnisse des Palastes, wo der jüngere Enthusiast in einer trunkenen Begeisterung anstaunt – ach Eduard, er berechnet vielleicht mein Glück, indem ich wünsche daß er es fühlen möchte, er sucht mir vielleicht eine frohe Zukunft vorzubereiten und schiebt mir seine Empfindungen unter; er knüpft Verbindungen, um mir Ansehn zu verschaffen, um mich in der großen Welt emporzuheben, ohne daran zu denken, daß ich den ländlichen Schatten des Waldes vorziehe und in jener großen Welt nur ein unendliches Chaos von Armseligkeiten erblicke.


Ich habe hier einige Tage in einer süßen Schwermut verlebt, mir selbst und meinen Empfindungen überlassen, ich behorchte in mir leise die wehmütige Melodie meiner wechselnden Gefühle. – Der Wald sprach mir mit seinem ernsten Rauschen freundlichen Trost zu, die Quellen weinten mit mir. Man kann nirgend verlassen wandeln; dem leidenden Herzen tritt die Natur mütterlich nach, Liebe und Wohlwollen spricht uns in jedem Klange an, Freundschaft streckt uns aus jedem Zweige einen Arm entgegen.


Itzt lacht der Himmel mit mir in seinem hellsten Sonnenscheine, die Blumen und Bäume stehn frischer und lieblicher da, das Gras nickt mir am See freundlich entgegen, die Wellen tanzen ans Ufer zu mir heran. – Nein, ich will nicht verzweifeln, nie wird mein Schmerz mich so unedel machen können, daß ich in wilder Verzerrung Liebe und Freundschaft von mir stoße. Auch das größte Leid soll der edle Geist mit Anstand tragen.


Lovell.


William Lovell

Подняться наверх