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b) Konsequenzen der Andeutungstheorie
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Bei Falschbezeichnungen ist zwischen bewussten und unbewussten Falschbezeichnungen zu unterscheiden. Die bewusste Falschbezeichnung ist aus der Sicht des Erblassers der zutreffende Ausdruck des Gemeinten (falsa demonstratio non nocet).[16]
Schulbeispiel
ist der Erblasser, der seinen Weinvorrat als „Bibliothek“ zu bezeichnen pflegt und ihn unter dieser Bezeichnung auch vermacht. Aufgrund des besonderen Sprachgebrauchs des Erblassers – und nicht nur, weil er innerlich den Weinvorrat vermachen wollte – ist der Weinvorrat zumindest im Testament angedeutet.[17]
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Die unbewusste Falschbezeichnung, die auf einem Erklärungs- oder Inhaltsirrtum beruht, kann auch dem Problemkreis der irrtümlichen Verfügungen zugeordnet werden. Die Verfügung gilt dann mit ihrem objektiv eindeutigen Gehalt und kann nicht durch Auslegung dem eigentlichen Willen des Erblassers angepasst werden; hier hilft ggf. nur die Anfechtung (→ Rn. 384 ff.).[18]
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Unterbliebene Verfügungen – sei es aufgrund der Zerstreutheit des Erblassers oder aufgrund eines Motivirrtums – können nicht durch Auslegung ersetzt werden. Vermacht der Erblasser lediglich die Flurstücke 31 und 32 gesondert und vergisst das Flurstück 30, so kann das Vermächtnis nicht im Wege der Auslegung auf das letztere Flurstück erstreckt werden. Zwar hat der BGH einen ähnlichen, sich jedoch auf einen Vertragsschluss beziehenden Fall als unschädliche Falschbezeichnung gewertet.[19] Dieses Ergebnis lässt sich zwar mit den Anforderungen aus Treu und Glauben (§ 157) begründen; § 157 ist jedoch auf die Auslegung von Testamenten gerade nicht anwendbar (→ Rn. 325). Das Ziel des Erblassers kann auch hier allenfalls durch eine Anfechtung erreicht werden.[20]
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Der Auslegung zugänglich sind auch scheinbar eindeutige Erklärungen.[21] Ein eindeutiger Wortlaut ist nicht die Grenze, sondern das Ergebnis der Auslegung. Der Wortlaut hat jedoch die Vermutung, den Willen des Erblassers wiederzugeben, für sich, sodass an eine abweichende Auslegung strenge Beweisanforderungen zu stellen sind. Häufig sind Fälle, in denen der Erblasser einen Begriff gebraucht, dem in der Fachsprache eine feste Bedeutung zukommt, der in der Alltagssprache jedoch unscharf verwendet wird.
So kann z.B. bei der testamentarischen Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft in der Bezeichnung des Vorerben als „Alleinerben“ die Andeutung eines Willens gesehen werden, den Vorerben von den Verfügungsbeschränkungen der §§ 2113 ff. (→ Rn. 759 ff.) zu befreien.[22]