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Ja, Silbergrau gehört Ulv.

Ville, das Hündchen, fühlt sich vernachlässigt. Es starrt eifersüchtig zu Ulv, wenn er Silbergrau Heu und Wasser gibt. Und jedes Mal, wenn Ulv den Stall ausmistet, steht Ville mitten im Dreck und bellt den großen Besen wütend an.

Das erste Mal, als Ulv auf Silbergrau reiten will, packt Ville das Pferd beim Hufhaar und lässt es nicht mehr los. Steht da und knurrt drohend. Bengt muss den Hund in die Arme nehmen und ganz festhalten. Sonst kann Silbergrau nicht freikommen.

Silbergrau läuft in ruhigem Schritt über den Hof, obgleich er das erste Mal einen Reiter trägt. Und Ulv ist das Reiten gewohnt. Es ist, als hätten die beiden seit jeher zusammengehört.

Aber Ville ist noch immer eifersüchtig.

Ulv muss ihn vor sich auf den Sattel nehmen, so wie Ulv selbst vor Bengt reiten durfte. Und jetzt ist Ville zufrieden. Seine Nasenspitze zeigt stolz nach vorn. Die Ohren flattern fröhlich im Wind. Er genießt es, noch einmal vorwärts zu fliegen, hoch über dem harten Boden. Selbst schafft er es ja kaum noch, dahinzustürmen.

Sattellos sprengen sie über Felder und Wiesen.

Erforschen neue Gegenden, weiter entfernt, als sie sie zuvor erreichen konnten. Bahnen sich einen Weg tief hinein in die dunkelgrünen Verstecke des Waldes.

Silbergrau scheint nie müde zu werden und geschickt weicht er Ästen und Zweigen aus. Die Hufe bewegen sich leicht, als berührten sie die Erde nicht.

Ein weiteres Pferd im Stall heißt auch Arbeit. Ulv kehrt den Mist aus und trägt Heu aus der Scheune herbei. Er füllt Trinkwasser in den Eimer. Doch oft nimmt er sich Zeit, das Tier zu liebkosen, oder er stiehlt sich zu einem Ausritt davon, der länger dauern kann, als er zunächst beabsichtigt hat ...

Anneli murrt. Doch nicht, weil sie den Stoff nicht bekommen hat. Das kann sie verkraften. Sie sieht schließlich ebenso gut wie Bengt, dass Silbergrau etwas Besonderes ist.

Nein, Anneli findet, der Junge sei wie ausgewechselt, seit das neue Pferd auf den Hof gekommen ist. Er vergisst, Brennholz und Wasser hereinzutragen. Das muss sie selbst tun. Er schleicht sich fort, wenn er auf dem Acker mithelfen soll.

Will man etwas von ihm, ist er nirgendwo zu sehen. Entweder sitzt er im Stall oder er ist mit dem Pferd auf und davon.

»Als ich Kind war, konnte ich mir das nicht erlauben«, faucht sie eines Abends, als er den ganzen Tag verschwunden gewesen war. »Da hätte ich wirklich ...«

Jetzt verstummt sie. Ulv wartet gespannt.

»Erzähl«, bittet er. »Mutter, du hast mir nie erzählt, wie es war, als du klein warst.«

Die Erinnerung an den Abend, als Vater und er zum Markt fuhren, wird lebendig. Bis heute hat er sie vor Freude über Silbergrau vergessen. Jetzt will er es wissen.

Was hat er an dem Abend über Mutter gehört? Dass sie das Finnenmädel war, das Vater im Wald gefunden hat ...

»Erzähl«, bittet er erneut. »Woher kommst du?«

Anneli sieht ihn erschrocken an. Sie muss auf der Hut sein. Der Junge soll niemals erfahren ...

Und Gertrud schnaubt hinten in ihrer Ecke: »Nein, sicherer ist es wohl, du schweigst.«

Mehr wagt die Alte nicht zu sagen. Denn tief in ihrem Inneren hat sie Angst. Das Rückenweh bekam sie an dem Tag, als Anneli zu ihnen kam. Bestimmt hat sie es herbeigezaubert.

Wer weiß, was Anneli als Nächstes vorhat. Gertrud hat gesehen, was auf dem Dachboden versteckt liegt.

Anneli wirft der Alten einen wütenden Blick zu. Manchmal hat sie die Bosheiten Gertruds so satt, dass sie Lust hat zu schreien. Doch wer weiß, was der Greisin dann einfallen könnte. Wenn sie nun zum Pfarrer geht und alles erzählt!

Stattdessen befiehlt sie Ulv in strengem Ton: »Morgen gehst du mit auf die Wiese!«

Das Heu muss eingeholt werden und die Zeit drängt. Bald kommt der Herbstregen und dann muss das Heu unterm Dach der Scheune liegen.

Den ganzen langen Tag waren Bengt und Anneli allein auf der Wiese, haben das Gras gemäht und es zusammengerecht. Morgen muss Ulv mithelfen, es zum Trocknen aufzuhängen.

»Mache ich«, seufzt Ulv und geht zurück in den Stall.

Dort ist es ruhig und still und niemand schimpft.

Warum will Mutter nicht erzählen? Was für ein Geheimnis hat sie zu verbergen?

Ulv würde am liebsten Vater fragen, doch er wagt es nicht.

Und die Zeit vergeht.

Aus dem Herbst wird Winter. Aus dem Winter Frühling. Bald ist der Sommer da.

Die Erinnerungen versinken, doch ruhen sie nur. Tief in Ulv leben sie weiter. Manchmal erwachen sie wieder, so, wenn Ulv sieht, dass Vater und Gertrud zum Grab des Großvaters gehen.

Niemals sieht Ulv, dass Mutter zum Friedhof geht. Dennoch muss doch auch sie Eltern gehabt haben. Vielleicht sind sie noch nicht gestorben?

Wenn sie nun noch leben?

Vielleicht hat Ulv ja irgendwo noch eine Großmutter und einen Großvater? Vielleicht hat Mutter sogar Geschwister?

Hexenjunge

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