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Im Sommer, als Ulv zehn Jahre alt ist, darf er Bengt das erste Mal zum Markt in die Stadt begleiten. Anneli hätte auch mitkommen sollen, aber Gertrud will nicht allein bleiben. Wie stets ist es Anneli, die verzichten muss.

Sie ist enttäuscht. Sie hätte Freunde besuchen wollen, die sie in der Stadt hat, und einen schönen Kleiderstoff hätte sie auch kaufen mögen.

Sie ist nicht mehr in der Stadt gewesen, seit Ulv noch ganz klein war und sie dort gewohnt hatten. Das ist jetzt schon so lange her.

Ulv erinnert sich überhaupt nicht mehr, wie es dort aussieht. Er war ja nur ein Dreikäsehoch, als Anneli ihn auf einen Karren gesetzt hatte und hierher zurück in die Berge und Wälder gewandert war.

Nein, Ulv erinnert sich nicht an die Stadt. Doch jedes Jahr, wenn Bengt vom Markt zurückgekommen ist, hat er ihm Naschereien mitgebracht. Und dann hat Ulv still auf seinem Schoß gesessen und zugehört.

Bengt hat von der Kirche erzählt, die höher ist als der große Berg jenseits des Flusses. Von den Häusern, die dicht an dicht stehen. Von all den Menschen, die sich auf den Straßen drängen. Von den Tieren, die auf dem Markt verkauft werden.

Nun kann Ulv es kaum erwarten, dass sie losfahren.

Der Weg ist weit und sie müssen am Tag vor dem Markttag frühmorgens aufbrechen. Die Nacht werden sie bei Verwandten unterkommen, die am Weg wohnen.

Schon lange vor dem Morgengrauen hat Bengt die Pferde vor den Wagen gespannt. Auf dem Markt wollen sie zwei Schweine, drei Schafe und zwei Kälber verkaufen, es wird also eng werden auf dem Karren. Die Kälber müssen hinterhertrotten, festgebunden mit einem Seil.

Anneli hilft Ulv und Bengt, die störrischen Tiere auf den Wagen zu treiben. Und auch der Hund Ville tut, was er kann. Doch Ville ist jetzt schon recht alt und steifbeinig. Die Schweine quieken laut. Sie würden lieber hier bleiben und auf dem Hof herumwühlen. Ulv tun sie Leid. Ihre Schreie schneiden ihm ins Herz. Und die Kälber und Schafe, mit denen er gespielt und herumgeschmust hat! Bald wird er sie nicht mehr sehen. Er spürt einen Kloß im Hals, sobald er daran denkt, dass er sich von ihnen trennen muss.

Als er noch jünger war, schrie er mit den Schweinen um die Wette, wenn Bengt sie auf den Karren lud. Doch er hat gelernt, dass es nichts hilft. Die Tiere müssen verkauft werden. Müssen geschlachtet werden, damit man Nahrung hat. Jahr für Jahr ...

»Hoch mit dir, Junge!«

Alles ist aufgeladen. Bengt knallt mit der Peitsche. Ulv schluckt die Tränen hinunter und klettert auf den Wagen. Er denkt stattdessen an das Abenteuer, das ihn erwartet. Alles ist spannend und traurig zugleich.

Als der Karren zum Weg hinaufrollt, hockt er zwischen den Schafen und Schweinen auf der Ladefläche. Anneli aber bleibt auf der Treppe zurück und hört das Klappern der Hufe leiser werden.

»Vergiss nicht den Topf und den Kleiderstoff!«, ruft sie, so laut sie kann.

Bengt hebt die Peitsche zum Zeichen, dass er verstanden hat. Salz, Stoff und einen Kochtopf wird er mitbringen. Doch in seinem Herzen trägt er einen heimlichen Traum. Gar zu gern möchte er sich eine neue Geige kaufen ...

Die alte ist stumpf gespielt und verbraucht. Die Saiten hat er aus Biberdärmen gedreht. Er weiß, dass man in der Stadt neue Geigen kaufen kann. Sie kosten viel Geld, doch ganz unten in der Tasche hat er einen Spargroschen versteckt.

Und die Tiere, die er mitgenommen hat, wird er sich gut bezahlen lassen.

Ulv hat auf dem Wagen alle Hände voll zu tun, um die Tiere ruhig zu halten, damit sie sich nicht losreißen, denn auf dem Weg um sie herum herrscht viel Betriebsamkeit. Je mehr sie sich der Stadt nähern, desto größer ist das Gedränge von Menschen und Tieren.

Ulv hat sich niemals vorstellen können, dass es so viele Menschen auf der Welt gibt! Ihm, der an die Stille und Ruhe daheim gewöhnt ist, wird fast schwindlig. Erschöpft hockt er sich ein Weilchen zu den Schweinen ins Heu.

Doch plötzlich springt er wieder auf und reibt sich die Augen. Dort drüben läuft ein silberfarbenes Fohlen! Oh ...

Nie zuvor hat er etwas so Schönes gesehen.

Er springt vom Wagen, um zu dem Fohlen zu laufen, doch Bengt ruft ihn barsch zurück: »Wir müssen hier vom Weg abbiegen, denn hier liegt der Hof, auf dem wir übernachten.«

Der Bauer auf dem Hof ist Gertruds Bruder. Neugierig mustert er Ulv und zieht ihn am Schopf.

»Aha, das ist also dein Junge mit dem Finnenmädel, das du im Wald gefunden hast.«

Bengts Miene verfinstert sich. »Lass den Jungen los«, sagt er.

Aber der Alte gibt keine Ruhe.

»Du hättest reich heiraten sollen, ein Mädchen aus dem Dorf. Das wäre besser gewesen. Kommt jetzt rein, das Essen steht auf dem Tisch.«

Das Haus ist nicht groß. Ulv muss im Stall übernachten. Es dauert einige Zeit, ehe er einschlafen kann, denn die Gedanken drängen sich in seinem Kopf. Was hat der Alte über Mutter gesagt? Dass sie das Finnenmädel sei, das Vater im Wald gefunden hat?

Endlich fällt er doch in den Schlaf.

Er glaubt, er reite auf einem Silberpferd über ein Moor, überall Sumpf und fette, grüne Kröten.

Doch die Hufe des Pferdes tragen ihn hoch hinauf zu den Wolken ...

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