Читать книгу Der Krieg im 20. und 21. Jahrhundert - Malte Riemann - Страница 20
Gesellschaftliche Kriegsfolgen
ОглавлениеDie Auswirkungen des Krieges auf die Gesellschaft sind vielfältig. Am offensichtlichsten treten bei einer Betrachtung der gesellschaftlichen Kriegsfolgen zunächst die Opfer ins Auge. Der Krieg verletzt, verstümmelt und tötet unzählige Menschen. Die Kriegsopfer des Zweiten Weltkrieges werden auf über 60 Millionen geschätzt. Hierbei lässt sich vor allem seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts feststellen, dass der Anteil von Zivilopfern zunimmt. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz schätzt den Anteil von Zivilopfern während des Ersten Weltkrieges auf 5 Prozent, während dessen Anteil gegen Ende des 20. Jahrhunderts auf 90–95 Prozent gestiegen ist. Laut Mary Kaldor ist die Wahrscheinlichkeit eines gewaltsamen Todes im Krieg heutzutage achtmal höher für die Zivilbevölkerung als für Angehörige der kriegsführenden Parteien.
Abb. 2b: Die Altstadt von Frankfurt nach den schweren Bombardements durch Alliierte. Luftbild von Juni 1945.
(Kaldor 2002) Neben zahlreichen Todesopfern führt der Krieg auch zu Flucht und Vertreibung. Der Krieg hat darüber hinaus weitreichende Auswirkungen auf das Gesundheitswesen. Hierbei ist zwischen physiologischen und psychologischen Folgen zu unterscheiden. Bezüglich der physiologischen Folgen lässt sich zunächst feststellen, dass Kriege oft zu einer Notfallsituation bei der humanmedizinischen Versorgung führen. Krankenhäuser werden zerstört oder sind durch den plötzlichen Anstieg an Verletzten und Verwundeten überlastet. Erschwert wird diese Situation oftmals durch den Ausbruch von Infektionskrankheiten, die aufgrund der mangelnden Gesundheitsversorgung schnell endemische Ausmaße annehmen können. Darüber hinaus führt der Krieg oft zu einem Zusammenbruch der pharmazeutischen Versorgung, was einen Mangel an Medikamenten und Impfstoffen zu Folge hat, was ebenfalls den Ausbruch von Infektionskrankheiten begünstigt. Häufig ist eine vom Krieg betroffene Bevölkerung auch der Unterernährung ausgesetzt, da Landwirtschaft und Handel zum Erliegen kommen. Auf die körperliche Gesundheit bezogen lässt sich allgemein feststellen, dass in Zeiten des Krieges die Lebenserwartung sinkt. Der Krieg hat neben den Auswirkungen auf den Körper auch folgenschwere Auswirkungen auf die Psyche. Die Schrecken des Krieges führen zu Depression und Trauma. Posttraumatischen Belastungsstörung sind die Folge. Von diesen psychologischen Begleiterscheinungen des Krieges sind sowohl Zivilbevölkerung als auch Kombattanten betroffen. Außerdem hat die moderne Kriegsführung weitreichende ökologische Folgen. Während des Vietnamkrieges z. B. versprühten die USA über 70 Millionen Liter Entlaubungsmittel, um die Nachschubrouten der nordvietnamesischen Armee, die sogenannten Ho-Chi-Minh Pfade, sichtbar zu machen. Dies zerstörte ca. 15 Prozent des vietnamesischen Ökosystems. Nach dem Ende des Krieges wurden diese Gebiete neu besiedelt und seitdem zeigt sich in diesen Gebieten eine auffällig hohe Anzahl an Fehlgeburten.
Abb. 3: Vietnamkrieg, flüchtende Mutter mit Kindern.