Читать книгу Void - Mandy Hopka - Страница 8
4 Die Entscheidung
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Als wir den Palast wieder betraten, kam uns Deneb schon entgegen. „Da seid ihr ja.“ Er wirkte ein wenig sauer auf seinen Freund. „Ich bin hier nur der Babysitter. Sie ist meine Königin und sie gibt die Befehle“, erwiderte Sarir und zeigte mit seinem Finger auf mich.
„Schiebst du mir gerade die Schuld in die Schuhe?“, rief ich und sah gespielt erzürnt zu ihm hinauf. Sarir zuckte nur mit den Schultern.
„Kann ich jetzt wieder meiner Arbeit nachgehen, Boss?“ Deneb klopfte ihm auf die Schulter. Die beiden Sprachen etwas in ihrer Sprache, dann verschwand der Hauptmann. Ich sah ihm nach. Je mehr ich mit Sarir Zeit verbrachte, desto menschlicher erschien er mir. Auch er veränderte sich. Das Eis, welches ihn umgab und ihn zu einem kalten Geschöpf werden ließ, schien langsam aber sicher zu schmelzen. Denebs Hand legte sich auf meinen Rücken und er schien zu wollen, dass ich mich ihm zuwandte.
„Immer, wenn du willst, dass ich etwas nicht verstehe, redest du in deiner Sprache. Das ist nicht fair.“
„Es gibt Angelegenheiten, von denen du besser nichts weißt“, gab er mir als Antwort und strich mir eine verlorene Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine Finger streiften nur leicht meine Haut, aber sie entfachten ein Feuer an jeder Stelle, wo sie mich berührten. Wie ein Waldbrand, der sich nicht aufhalten ließ, breitete es sich in meinem gesamten Körper aus und ließ mich in Flammen aufgehen. Seine hellen Augen taxierten mich. Ich schnappte nach Luft. Noch immer wurde ich bei seinem Anblick atemlos. Verlor mich in der Intensität seiner heißen Augen und dieser Berührung, von der ich mehr wollte. Ich vermisste ihn, ohne dass ich ihn verloren hatte. Ohne ihn leben? Was war ein Leben ohne ihn? Wir kannten uns keine Monate und keine Jahre aber ich fühlte es. Spürte es in jeder Zelle meines Körpers, dass ich diesen Mann nicht aufgeben konnte. Für nichts.
„Ich habe mich entschieden.“ Leicht öffnete sich sein Mund, aber er sagte nichts.
„Ich will es behalten.“
Er schwieg und schien eine Weile zu brauchen, ehe er die Bedeutung meiner Aussage verstand.
„Du weißt, wie viel Verantwortung du damit erbst. Du wirst meine Königin sein und hier leben müssen. Es wird dir nicht mehr möglich sein, in dein altes Leben zurückzukehren. Ich kann dich nicht mit dem Erben, meinem Kind gehenlassen, verstehst du das?“
„Wenn ich nicht schwanger wäre, würdest du mich dann gehenlassen?“ Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem schelmisch Lächeln. „Nein. Wahrscheinlich nicht. Du trägst das Amulett. Für mich bist du schon lange meine Königin.“
„Das habe ich mir gedacht.“ Ich nahm seine Hand und zog ihn mit mir.
„Was hast du vor?“, fragte er, ließ sich aber von mir führen. Ich betätigte den Knopf des Fahrstuhls und wir traten ein. Er setzte sich in Bewegung und nun war ich diejenige, die schmunzelte.
„Wir sollten zum Arzt gehen und mit ihm reden. Außerdem muss ich meinem Volk davon berichten, dass du nun offiziell meine Königin bist. Das wir ein Kind erwarten. Und es gibt Neuigkeiten von der Erde.“ Ich legte ihm einen Finger auf seine Lippen.
„Später“, hauchte ich ihm entgegen und küsste ihn auf die Wange. Seine Hände umfassten meine Hüfte, bevor er mich zwischen sich und der Fahrstuhlwand gefangen nahm. Diese Nähe zu ihm hatte etwas Elektrisierendes. Ich schnappte nach Luft, da ich nicht damit gerechnet hatte.
„Du kannst mich auch richtig küssen oder siehst du hier irgendjemanden? Außer uns?“ Ich fuhr mit meinen Fingern durch seine Haare, während sich sein Kopf in meine Richtung schob. Ich wollte diesen Kuss. Brannte danach. Nichts anderes schien das Feuer in mir löschen zu können. Wir küssten uns zärtlich, bis mein Feuer sich auch auf ihn zu übertragen schien und seine Lippen meinen Mund auf stürmische Art und Weise eroberten. Eine Hand schob sich zu meinem Po, während sich sein Körper verlangend an mich presste. Wir lösten uns schwer atmend voneinander. Das typische Ping Geräusch ließ mich innehalten, aber Denebs Lippen legten sich erneut gierend nach mehr auf die meine. Erst ein tiefes Räuspern ließ uns auseinanderfahren. Mit aufgerissenen Augen sah ich dabei zu, wie Denebs Bruder zu uns in den Fahrstuhl trat. Beschützend schob Deneb mich hinter sich. Erneut war ich gefangen zwischen den glasigen Wänden und seinem imposanten Körper. Nur, dass er mir dieses Mal den Rücken zugewandt hatte. Vermutlich, um seinen Bruder besser im Blick zu haben. Die beiden sahen einander an und die Türen schwangen wieder zu. Der Fahrstuhl setzte sich erneut in Bewegung und verpufft war die Blase von Liebe und Lust. Nun breitete sich eine angespannte und explosionsartige Atmosphäre in diesem kleinen Glaskasten aus. Ein gefährliches Gemisch aus Resignation und Verachtung.
„Herzlichen Glückwunsch, Bruder. Ist es das, was du gewollt hast? Ein Menschenbaby? Der zukünftige König von Avior - ein Menschlein. Wie amüsant.“ Warum sprach sein Bruder in meiner Sprache? Warum wollte er, dass ich verstand, was er sagte? „Hast du es getan, um die Menschen besser um den Finger wickeln zu können? Damit du vor der Masse stehen und ihnen dein Kind präsentieren kannst? Mit den Worten: Hier ist die fleischlich gewordene Hoffnung unserer Verbindung. Unserer wundersamen Zukunft, in deren wir Void mit euch Menschen verkehren. Ist das dein Plan? Unsere Rassen verschmelzen zu lassen, zu einer Hybridform. Mich widert diese Vorstellung ja an.“ Seine eiskalten Augen legten sich auf mich. Deneb bemerkte dies, denn ich spürte, wie er sich vor mir anspannte. Von seinem Bruder jedoch fehlte jeglicher Ausdruck in seinen Worten oder gar seinem Gesicht. Aber aus dem, was er sagte, konnte ich schließen, dass er nicht gerade erfreut über den Nachwuchs war.
„Du kennst meinen Plan nicht. Es ist mir gleich, was du denkst. Bruder.“
„Aber nicht doch. Ich habe nichts dagegen. Mit Sicherheit ist alles, was du tust, nur zum Besten unseres Volkes. Ich werde Onkel, das ist doch mal etwas Erfreuliches.“ Du wirst niemals auch nur in die Nähe meines Kindes kommen, dachte ich bei mir selbst. Ich konnte nur hoffen, dass Deneb das ebenfalls so sah. Jedoch spürte ich seine Abneigung gegenüber seinem Bruder sehr deutlich. Die beiden hassten sich, dass stand außer Frage.
„Ich bin der König. Ich tue alles zum Wohle unseres Volkes.“ Mit diesen Worten öffnete sich endlich der Fahrstuhl und er schob mich heraus. Wir liefen den Gang entlang und während Deneb ihn keines Blickes mehr würdigte, schaute ich noch einmal über meine Schulter hinweg. Ich blieb stehen. Der Fahrstuhl setzte sich wieder in Bewegung und verschwand.
„Was ist?“, fragte Deneb mich und sah zu mir und dann zum verschwundenen Fahrstuhl.
„Du hältst mich bestimmt für verrückt aber ich schwöre dir, dein Bruder hat mich wütend angesehen.“
„Keid hat keine Gefühle. Es ist also unmöglich.“ Widerwillig schleifte er mich in unser Zimmer. Ich versuchte, diesen merkwürdigen Moment erst einmal beiseitezuschieben. Denn ich hatte gesehen, was ich gesehen hatte. Da war Wut in seinem Gesicht. Wut in seinen Augen.
„Also ich denke, hier wolltest du hin oder nicht?“, begann er und ich erinnerte mich daran, was ich eigentlich vorgehabt hatte. Das, bevor wir Keid getroffen hatten. Ich lief zu dem großen Fenster unseres Zimmers hinüber. Es war jetzt kurz nach Mittag. Nicht mehr lang und ich würde wieder zu diesem Schatten meiner selbst werden. Nun, war es allerdings anders. Ich wusste, weshalb es so war und das macht mich nervös und unsicher. Aber ich wusste auch, dass wenn wir nicht etwas taten, es mich umbringen würde. Das Knarren des Bettes riss mich aus meinen Gedanken. Deneb hatte sich auf das Bett gesetzt und beobachtete mich.
„Du zweifelst an deiner Entscheidung.“ Seine Worte jagten mir eine Gänsehaut über den Körper. Ich blickte auf Izar hinab, begutachtete die Häuser und das Meer im Hintergrund. Dann wandte ich mich wieder dem Mann zu, den ich so sehr liebte, dass ich alles aufgab, was mir einst so wichtig erschien. „Ich bin mir sicher. Ich liebe dich. Und nach all dem, was ich gesehen und erfahren habe, glaube ich sowieso nicht, dass ich jemals wieder in mein Leben zurückkehren könnte. Ich will nicht deine Königin sein, nur weil es mir gefällt, Macht zu haben. Oder nicht mehr Kochen und Putzen zu müssen. Ich denke, wir beide sind für etwas Großes bestimmt. Ich möchte dir und damit der Menschheit helfen. Ich möchte, dass unsere Völker eine Zukunft haben. Deshalb werde ich deine Königin sein. Weil ich dich liebe und weil ich der Meinung bin, dass ich der Menschheit besser dienen kann, wenn ich bei dir bleibe. Ich möchte noch so viel mehr von Avior sehen. Ich möchte eure Sprache lernen. Ich möchte wissen, was eure Traditionen sind. Aber vor allem will ich bei dir sein.“ Sein strahlendes Gesicht ließ mein Herz schwer werden. „Deine Worte sind das schönste Geschenk, das du mir machen kannst.“ Ich liebte diesen verheißungsvollen Blick, mit dem er mich bedachte. Diese Stimme voller Liebe, mit der er zu mir sprach. Ich tat das Richtige. Ich hatte eine Entscheidung getroffen und ich würde mich nicht mehr vom Schicksal so hin und her werfen lassen. Ich würde mich dem stellen und ihm entgegentreten. Ich raffte mein Shirt hoch und schob es mir über den Kopf. Denebs Augen verengten sich zu Schlitzen. Langsam umfasste ich den Knopf meines Rocks und als ich ihn geöffnet hatte, fiel er zu Boden. Während ich mich auszog, ließ ich ihn nicht aus den Augen. Er kaute mit seinen Zähnen auf seiner Lippe herum, als könnte er es kaum erwarten. Als müsste er sich zusammenreißen, um nicht über mich herzufallen. Nackt trat ich zu ihm, setzte mich rittlings auf ihn und küsste ihn. Ließ meine Zunge in seinen Mund huschen. Wir küssten einander, als wäre es das Letzte, was wir tun konnten, um uns gegenseitig zu beweisen, wie sehr wir einander brauchten.
Ja. Ich tat das Richtige.