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5 Die Sprache des Arztes

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Deneb

„Vielleicht bekommen wir jetzt Zwillinge.“

„So läuft das nicht, Deneb“, erwiderte sie und kuschelte sich an meine Brust. Noch immer bebte mein Körper von dem, was wir gerade getan hatten. Es war so unfassbar, als würde mein Körper zerbersten und meine Seele in hundert Teile zerbrechen. Sex war eine Explosion von tausend Gefühlen. Ich schmunzelte, bekam dieses dämliche Grinsen nicht aus meinem Gesicht. Was alle Voids nur verpassten ... Lacy schloss die Augen und es entging mir nicht, dass sie müde zu sein schien.

„Alles in Ordnung?“ Mein besorgter Blick brannte auf ihr, während ich meine Arme um sie schlang und mit meinen Händen über ihren heißen und verschwitzten Körper fuhr.

„Es geht schon. Ich bin nur etwas müde.“

„Dann schlaf.“

„Was wirst du tun?“ Ein Gähnen entrang ihrer Kehle. Sie schien wirklich erschöpft zu sein und nachdem sie letzte Nacht nicht sehr viel geschlafen hatte, erschien es mir nicht verkehrt, wenn Lacy ein Nickerchen halten würde, während ich meinen Königlichenpflichten nachging. Außerdem brach ja auch das letzte Viertel des Tages an, an dem Lacy ohnehin durch die Schwangerschaft geschwächt wurde. „Ich werde Ärzte damit beauftragen, eine Lösung zu finden, und ich werde meinem Volk nun offiziell mitteilen, dass du meine Königin wirst und den Erben in dir trägst. Es muss damit begonnen werden, die - wie ihr Menschen es nennt - Hochzeit zu planen. Oh, und ich muss meinem Volk die Neuigkeiten mitteilen, die die Erde betreffen. Die nächsten Tage bin ich also voll ausgelastet.“ Sie gähnte erneut, ließ ihre Hand hinauf zu meiner Brust wandern, genau dort, wo mein Herz schlug. Für sie. Für niemand anderen, schien ich im Moment zu atmen oder gar zu leben. Waren alle Menschen so, wenn sie verliebt waren? Ich erwiderte ihre Geste, indem ich meine Hand auf die ihre legte.

„Und was sind das für Neuigkeiten?“, murmelte sie an meiner Haut und ihr Atem jagte über meinen Bauch. Sie war wohl drauf und dran einzuschlafen.

„Das wirst Du schon noch sehen. Schlaf jetzt erstmal.“

„Ihre Schwangerschaft ist ein Riesenproblem Deneb.“

„Ich weiß das!“ Nachdenklich spielte ich mit meinem Projektor, mit dem ich gerade ein Dokument unterzeichnet und abgeschickt hatte. Ich starrte auf meine Handbewegungen, während Sarirs Augen mich taxierten.

„Du musst eine Entscheidung treffen.“

„Denkst du, ich weiß das nicht?“

„Wovor hast du nur solche Angst? Auf der Erde sind ihre Freunde. Ihre Familie. Es wird sie freuen, sie wiederzusehen.“

„Genau das, ist das Problem“, murmelte ich mehr zu mir selbst, als zu ihm aber ich war mir sicher, dass er es hatte hören können. Planlos ließ ich meine Blicke durch mein Büro schweifen. Durch die große Glaswand beobachtete ich meine Mitarbeiter. Wie sie fleißig ihrer Arbeit nachgingen, ohne all die Probleme zu kennen, mit denen ich mich herumschlagen musste. Keine Gefühle zu haben war wohl die leichteste Version eines Lebens. Einer Existenz. Aber eben auch die Langweiligste. „Also echt. Ich verstehe nicht, wo dein Problem liegt? Sie hat sich für dich entschieden. Sie hat sogar beschlossen, euer Kind zu behalten und es mit dir großzuziehen. Hast du wirklich immer noch Angst, sie würde dich verlassen? Diese Frau liebt dich – niemand wird wissen warum.“

„In dieser Schwangerschaft liegt doch das Problem! Die Menschen wissen, wie wichtig sie mir ist. Wir haben sie schon einmal unterschätzt und das werden wir nicht ein zweites Mal tun.“

„Natürlich werden wir das nicht. Sie wird offiziell unsere Königin sein. Sie bekommt ihre Wachen, anders als damals, als ich sie schutzlos auf die Erde brachte. Außerdem ist diese merkwürdige Organisation doch zerschlagen.“

„Dennoch gibt es immer noch Menschen, die uns hassen und uns vernichten wollen. Das wird es auch weiterhin. Solange, bis entfernte Generationen von ihnen begreifen werden, dass ich all das nur getan habe, um sie zu schützen. Wenn die Menschheit so weitergelebt hätte wie bisher, währen sie bereits in ein paar Jahrzehnten nicht mehr in der Lage gewesen, alle von ihnen zu ernähren. Hungersnöte und Kriege wären die Folgen. Wir wissen das, aber sie nicht. Die Menschen sehen nicht so weit, wie wir es tun. Irgendwann werden sie begreifen, dass ich etwas Gutes für sie getan habe. Aber dadurch, dass ich am Anfang den falschen Weg gewählt habe, sind sie mir noch immer feindlich gesinnt. Und deshalb ist Lacy in Gefahr, wenn sie auf der Erde ist. Sie trägt mein Kind, Sarir. Die Erde dort unten ist nicht mehr die, die sie kennt. Es wird nicht gut sein, wenn ich sie mitnehme. Ihre Eltern werden mich hassen und wie viel Einfluss können sie auf ihr Kind ausüben?“

„Willst du sie dann hier lassen? Bei deinem Bruder? Ohne Schutz?“

„Natürlich nicht, wo denkst du hin?“

„Dann brauchst du dir doch überhaupt keine Gedanken mehr zu machen. Du musst Lacy mitnehmen. Punkt!“

„Seit wann ist es dir eigentlich so wichtig, dass sie lebt?“ Ich bedachte meinen Freund mit strengen Blicken. Er erwiderte sie mit dergleichen Ernsthaftigkeit in den Augen.

„Du liebst sie. Sie ist meine Königin. Es ist meine Pflicht und meine Aufgabe sie zu schützen.“ Ein Lächeln umspielte meine Mundwinkel.

„Ich glaube nicht, dass dies der Wahrheit entspricht. Du hast Lacy schätzen gelernt oder nicht?“

„Lenk nicht vom Thema ab“, antwortete er und ließ sich auf den Sessel fallen, der am anderen Ende meines Raumes stand.

„Wenn ich sie mitnehme. Wer wird sie dann beschützen? Ich brauche dich bei mir. Ich muss auf der Erde vieles regeln und werde sehr oft in der Öffentlichkeit stehen. Ich brauche dich und deine Anwesenheit. Deine Autorität. Es ist deine Aufgabe, mir beizustehen. Mit Rat und Tat. Wer wird sich dann um Lacy kümmern?“

„Dein Bruder und dein Vater sind nicht dort. Auf der Erde können auch meine Leute sie beschützen.“ Angestrengt rieb ich mir die Schläfen meiner Augen. Diese Entscheidung zu treffen war keine leichte. Aber ich musste auf die Erde zurück. Ich musste die Menschheit führen. Zu ihnen reden und sie davon überzeugen, dass ich kein Märtyrer war. Dass ich nicht über sie herrschen wollte, sondern mehr oder weniger von ihnen dazu gezwungen wurde. Ich konnte mich nicht länger hier verstecken. Ich hatte Verantwortung und dieser musste ich nachkommen.

Das Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. Sarir und ich blickten zu dem Mann, der mein Büro betrat, nachdem ich ihn hereingebeten hatte.

„Doktor Arktur. Ich hoffe, Sie haben positive Neuigkeiten für mich.“ Ich rief den Mann mit einer Handbewegung zu mir. Er schwebte geradezu über den Raum mit seinem roten Gewand. Arktur war einer der bedeutendsten Ärzte in meiner Welt. Wenn er uns nicht zu helfen wusste, dann würde es niemand.

„Haben sie einen Weg gefunden, unser Kind zu retten?“ Ich überkreuzte meine Hände auf dem Tisch vor mir und fixierte ihn mit meinen Augen.

„Ich denke, es gibt da eine Möglichkeit. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt oder Komplikationen bei der Geburt, dennoch hoch.“ Er erwiderte meine Blicke, jedoch ausdruckslos und starr. Der Mann war bereits ein Urgestein. Dadurch hatte er mehr Erfahrungen im Bereich Fortpflanzung und Genetik, als all die anderen Ärzte und Wissenschaftler, die sonst noch für mich arbeiteten. „Fahren sie fort“, rief ich und er trat noch einen Schritt auf meinen Schreibtisch zu. Der Doc rieb sich seinen Kurzen aber vollen grauen Bart, als würde ihm etwas Sorge bereiten. Aber er kannte ja keine Sorgen…

„Es gibt einen Weg, die Schwangerschaft und die Königin bis zur Geburt zu erhalten. Alles andere bleibt noch immer ein Risiko. Das wird es auch bleiben, denn dafür gibt es keine Mittel, die wir ihr einflössen können.“

„Kann man das Risiko nicht minimieren?“

„Wir werden es minimieren, in dem wir bei ihr einen Sectio caesarea durchführen werden. Dennoch wird immer ein gewisses erhöhtes Risiko bleiben.“ Lacy würde nichts über einen Kaiserschnitt einzuwenden haben, solange, wie unser Kind lebendig und gesund zur Welt kommen würde.

„Und wie wollen sie das Leben meiner Königin bis zur Geburt erhalten?“

„Nun, im Normalfall bekommen die Frauen im ersten Trimester der Schwangerschaft nicht viel mit. Natürlich müssen wir noch ein paar Tests durchführen aber ich denke, schuld an dem Gesundheitszustand unserer werten Königin ist das Schwangerschaftshormon: humanes Choriongonadotropin. Die Konzentration dieses Hormons nimmt mit der Zeit zu. Sie ist es, die die typischen Schwangerschaftssymptome - wie Müdigkeit oder morgendliche Übelkeit, hervorruft. Scheinbar ist bei dieser Schwangerschaft eine sehr hohe Konzentration des HCG Hormons im Körper vorhanden. Was dazu führt, dass die Schwangerschaftssymptome in einer erhöhten Form auftreten.“

„So erhöht, dass es ihr Leben gefährdet“, warf ich ein. Ich atmete schwermütig aus, während ich mich in meinem Stuhl zurücklehnte.

„Was können sie dagegen tun?“

„Ich habe ein Präparat erstellt, welches sie mit zusätzlicher Energie und Nährstoffen versorgen wird. Es ist voll mit Vitaminen und Eisen, welche ihre Müdigkeit und ihre Erschöpfungssymptome lindern werden. Ebenso befinden sich ein paar unserer heimischen Kräuter darin, die gegen Übelkeit helfen und ihr einen gewissen Energieschub geben. Es ist ein Mittel, welches sie mit ausreichend Wasser zu sich nehmen muss.“

„Gibt es keinen Weg, dieses Hormon zu unterbinden?“, fragte Sarir, der bis dato nur schweigend zugehört hatte. „Wenn wir das tun würden, würden wir die Entwicklung des Kindes gefährden. Nicht zuletzt, auch dass der Königin. Man kann die Nebenwirkungen einer Schwangerschaft nicht komplett verhindern. Aber wir können sie lindern.“

„Dann wird sie also immer noch dieselben Symptome haben?“

„Mit Sicherheit aber in abgeschwächter und - wie ich denke, für eine Schwangerschaft normalen Form. Es wird nicht mehr ihr Leben gefährden. Ich habe mir für dieses Präparat auch die Aufzeichnungen ihres Vorfahren zu Nutzen gemacht. Als er die Urform mit den Menschen kreuzte.“ Ich ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen, bevor ich ihm antwortete. „Ich werde mit meiner Frau darüber reden.“

„Ich würde Ihnen ebenfalls dazu raten, sie öfters von mir untersuchen zu lassen.“

„Gewiss. Vielen Dank für ihre Mühe Doktor.“

„Es ist mir eine Ehre.“ Arktur verabschiedete sich in höfflicher Void Manier und verließ den Raum.

„Nun haben wir noch ein Problem. Willst du den Arzt etwa mit auf die Erde nehmen?“

„Warum nicht?“ Sarir lachte. Es war ein spöttisches Lachen… „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass er das machen würde? Nicht jeder Void will unbedingt die Erde sehen, so wie du.“

„Er ist ein Void meines Volkes. Und ich bin sein König. Er wird das tun, was ich von ihm verlange. Außerdem wird es ja nicht für ewig sein. Ich rechne nicht damit, dass ich für Jahre auf der Erde bleiben muss. Lass es ein paar Monate sein.“ Entgegnete ich und sah dem Arzt hinter der Glasscheibe nach. Wie er um eine Ecke bog und dann verschwand. Ich musste mit Lacy darüber reden. Aber höchstwahrscheinlich würde sie dafür sein. Sie hatte sich für das Kind entschieden und wenn dieses Mittel ihr Leben und das des Kindes retten konnte, würde sie es nehmen wollen. Allerdings gab es noch immer bedenken bei der Geburt. Was, wenn ich sie dadurch verlieren würde? Ich werde Vater. Aber war dieser Wunsch es wirklich wert, die Frau zu verlieren, die ich liebte? Andererseits gab es immer bei jeder Geburt Risiken.

„Ich werde Vater. Ich glaube, das realisiere ich erst jetzt.“

„Du hattest doch genug Zeit, dich darauf vorzubereiten.“ Ich blickte zu meinem Freund, der mich mit besorgter Miene bedachte.

„Ich weiß. Es ist nur so unwirklich. Ich hätte niemals geglaubt, dass sich Lacy für mich entscheiden würde. Dass sie sich offiziell zu mir bekennen würde. Ich hatte es gehofft aber nie für möglich gehalten. Dass sie jetzt auch noch schwanger ist ... Das wir ein Kind erwarten… Das ist unfassbar, findest du nicht?“ Er schwieg einen kurzen Moment. Dann richtete er sich auf und ging zur Tür hinüber.

„Wir sind beide keine Kinder mehr, Deneb. Scheinbar ist unser Leben, wie wir es vorher kannten, vorbei. Du wirst schneller als gedacht eine Familie gründen. Das, obwohl Kinder und eine Frau für dich nie Thema waren.“

„Ich wollte nur das Problem mit den Menschen beseitigt haben, bevor ich mir darüber Gedanken gemacht hätte.“ Lacy veränderte alles. Sie machte es, um einiges komplizierter aber wann war das Leben schon einfach? Zu jammern brachte mir auch nichts, ich musste weiter machen und Lösungen finden.

„Ich werde alles tun, um dich und deine Familie zu beschützen. Deshalb werde ich jetzt an meine Arbeit gehen und dafür sorgen, dass wir die besten Männer haben, wenn wir zur Erde aufbrechen.“ Viele Male hatten wir in den letzten Tagen gestritten. Aber nun schien er endlich respektiert zu haben, das Lacy ein Teil von mir werden würde. Ich konnte nicht verhindern, dass sich ein herzlicher Ausdruck über mein Gesicht legte. Ob nun Void oder nicht. Weshalb sollte ich vor ihm meine Emotionen Verbergen? „Sarir. Du bist wie ein Bruder für mich. Du wirst immer ein Teil von mir und meinem Leben sein. Das weißt du, oder nicht?“ Er blieb vor der Tür stehen, nahm jedoch die Klinke in die Hand. Er war noch nie ein Fan von Gefühlen gewesen. Aber er hatte sie, egal, wie oft er auch versuchte, ausdruckslos zu bleiben. „Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast und noch immer tust.“

„Du bist nicht nur mein König, Deneb. Du bist auch mein Freund. Mein Bruder. Lass uns die Angelegenheiten auf der Erde klären, damit du dich um deine Familie kümmern kannst. Um Avior, so, wie all deine Vorfahren zuvor auch.“ Er schaute über seine Schulter hinweg zu mir. Betrachtete mich mit zuversichtlichem Ausdruck.

„Du hast dich verändert, Deneb. Wir haben uns alle verändert und ich glaube fest daran, dass du unser Volk zum Guten wenden wirst.“

„Die Zeit wird uns Voids ändern. Nicht nur ich.“ Sarir öffnete die Tür und die Geräusche der Mitarbeiter drangen zu mir hinüber. Zumindest solange, bis er die Tür wieder geschlossen hatte. Dann umfing mich erneut die Stille. Die Stille, in deren mir bewusst wurde, dass sich in der Tat vieles in meinem Leben verändern würde.

Void

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