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1.5. Finale Logik
ОглавлениеEin Ausschnitt aus einem Gespräch von Jesus mit seinen Jüngern soll als Einführung in Gottes finale Sichtweise dienen:
Seine Jünger fragten ihn und sagten: Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde?
Jesus antwortete: Weder dieser hat gesündigt, noch seine Eltern, sondern damit die Werke Gottes an ihm offenbart würden. Wir müssen die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat …46
Die Jünger gehen davon aus, dass jede Sache eine kausale Ursache hat und hinter jedem Problem die Frage nach der Schuld steht.
Jesus geht davon aus, dass es schwierige menschliche Situationen gibt, die nicht auf klar zuweisbare menschliche Schuld zurückzuführen sind. Für all diese Nöte gibt es aber göttliche Lösungen bzw. Werke, die Gott durch seine Mitarbeiter tun will.
Die Warum-Frage ist der typische Ausdruck des kausalen Denkens der Jünger; das „Damit“ Jesu ist das Merkmal seiner finalen Ausrichtung.
Die beiden Sichtweisen führen zu einer anderen Ausrichtung und einer anderen Vorgehensweise: Im rückwärtsgerichteten kausalen Ansatz müsste man die Ursache angehen, um deren negative Auswirkungen zu verändern; im vorwärtsgerichteten finalen Ansatz stellt sich die Frage, wie Gott sich in dieser Not durch sein Wirken verherrlichen will; die Frage nach der Ursache ist dafür nicht von Bedeutung.
Trotz der intensiven Erfahrungen mit Jesus sind die Jünger noch immer im kausalen Denken verhaftet; sie haben Gottes Sicht- und Denkweise noch nicht übernommen.
Dass Gott final denkt, hängt mit seinem Wesen zusammen: Das Gesetz von Ursache und Wirkung, von Saat und Ernte gehört zu den Naturgesetzen der Schöpfung.47 Gottes Segen und seine Gnade durchbrechen dieses Gesetz. Die Finalität ist die Logik der Erlösung, der Gnade und des Reiches Gottes.48 Jesus hat stellvertretend für uns geerntet, was wir gesät haben; wir dürfen ernten, was er am Kreuz für uns gesät hat.
Auch nach mehr als zwanzig Jahren Erfahrung mit Gottes finalem Denken und seinem vorwärtsgerichteten Handeln geht es mir immer wieder so wie den Jüngern: spontan reagiere ich oft aus dem kausalen Denken heraus. Unter den Fähigkeiten, die wir als Gottes Mitarbeiter zu entwickeln haben, ist das Umstellen auf Gottes finale Sicht- und Handlungsweise etwas vom Schwierigsten. Und doch ist es für unsere Zusammenarbeit mit Gott grundlegend wichtig: Die finale Sicht ist die Perspektive des Glaubens und der Hoffnung. Wir wollen so denken lernen wie unser Meister.
Wenn wir im helfenden Gespräch innerlich bei Gott bleiben und uns auf seine finale Sicht einlassen, wird unser Hören, Denken und Handeln dadurch bestimmt. Wir hören anders zu, halten nach anderen Lösungen Ausschau und stellen die den Verlauf des Gesprächs bestimmenden Weichen anders. Mit unserem Entschluss, uns auf Gottes Sicht- und Handlungsweise einzustellen, wählen wir auf der Zeitachse einen anderen Standort (vgl. Abb. 1).