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Für die Arbeitslosen

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»Man sollte ihnen Goldstatuen bauen. In jeder größeren Stadt müssten sie für die Arbeitslosen aufgestellt werden.«

Hündchen sitzt auf meinem Sofa. Es ist wieder alles gut zwischen uns. Wir haben uns darauf verständigt, unser Streitthema vom letzten mal einfach zu ignorieren. Wenn ich bereit bin, darüber zu reden, dann soll ich es sagen und wenn nicht dann nicht. Noch bin ich nicht dazu bereit. Hündchen ist damit einverstanden. »Wären Goldstatuen nicht zu kostspielig? So eine Art Goldlack erfüllt bestimmt den selben Zweck.«

»Aber mir tun sie so leid. Menschen sind dumm. Sie sehen nicht, wie wichtig richtig faule Arbeitslose für unsere Gesellschaft sind. Würden sie jeden angebotenen, miesen Job einfach annehmen, hätten Arbeitgeber kaum noch ein Interesse daran, Arbeit menschenwürdig zu gestalten.«

Eigentlich könnte man jetzt denken, dass Hündchen mir widerspricht, aber es sagt: »Schade, dass die arbeitenden Menschen für angeblich stinkfaule Arbeitslose nicht dankbarer sind. Sie registrieren einfach nicht, dass ihnen die Verurteilung und Gängelung dieser Menschen selbst am meisten schadet. Wenn man Leute zur Lohnarbeit zwingen kann, gibt es keinen Grund, Arbeit attraktiv zu gestalten. Das bedeutet weniger Arbeiterrechte und geringere Bezahlung. Attraktive Jobs hingegen würden viel mehr Leute dazu bewegen, Arbeit zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit zu nutzen. Würde es stattdessen, wie vielleicht aus Neid von vielen Arbeitenden gefordert, eine noch viel härtere Gangart, womöglich sogar ein existenzgefährdendes Vorgehen gegen »faule« Arbeitslose geben, würde das besonders denen schaden, die diese Forderung stellen. Man kann davon ausgehen, dass Leute mit eher gering bezahlten Jobs über kurz oder lang doppelt so viel arbeiten müssten für das halbe Geld und zudem quasi über keine Arbeiterrechte verfügten, weil Nichtarbeiten de facto verboten wäre. Wenn als Alternative zur schlechten Arbeit nur Ächtung, Erpressung und Zwang durch die Ämter möglich wären, müssten sie jede Sklavenarbeit annehmen. Erst der Tod würde von der unerträglichen Mühsal erlösen.«

Ich gucke Hündchen erstaunt an. »Du denkst auch so? Aber du bist doch... Du bist doch sozioman, extrem sogar!«

»Kann sein, aber wie du vielleicht merkst, kann ich Menschen lesen und ihre Überzeugungen schnell nachvollziehen, vielleicht gerade wegen meiner extremen Soziomanie. Ich kann das nicht mal steuern.«

Ich werfe Hündchen einen anerkennenden Blick zu: »Wow! Deine Soziomanie ist glaub ich irgendwie anders, weniger krank, obwohl du es teilweise noch viel stärker hast als andere, irgendwie jedenfalls. Oder?« Ich komme ins Schlingern. Ich überlege kurz und spreche schließlich weiter: »Also bist du auch der Meinung, dass man Menschen, die gegen »faule« Arbeitslose hetzen, eine Strafe beziehungsweise erzieherische Maßnahmen verhängen sollte. Sie sollten sich bei einem Langzeitarbeitslosen entschuldigen, ihn umarmen und sich bedanken. Selbst der Staat sollte dankbar sein, denn niedrige Löhne bedeuten niedrige Steuereinnahmen. Das heißt, ohne »faule« Menschen würden die Staatseinnahmen sinken. Man muss den Leuten klar machen, dass »faule« Arbeitslose einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft leisten und unsere Unterstützung verdienen. Dazu braucht es ungewöhnliche Methoden, wie zum Beispiel, Arbeitslose zu verehren. Siehst du das auch so?«

»Ich sehe das genau so wie du, aber das Problem ist, dass es international ähnliche Arbeitnehmerrechte geben müsste, weil Arbeitgeber ansonsten weiterhin Jobs in Länder verlagern, in denen man Arbeitskräfte zu sklavischen Bedingungen halten kann.«

Hündchen hat recht, ohne eine Weltregierung bleiben wir Sklaven und die Heilung der Menschheit bleibt ein utopischer Traum. Wir haben inzwischen das Thema gewechselt. Wir wollen schließlich nicht nur über Schlechtes reden, das uns traurig macht.

Hündchen wirft unvermittelt ein: »Du entwickelst eine Depression. Du musst hier mal raus! Du musst hier wirklich raus! Das kann nicht so weiter gehen.«

Ich ignoriere seine plötzlichen Anwandlungen. Es weiß doch, dass das unmöglich ist.

Ich bin normal, nur ...

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