Читать книгу Die Artuslinde - Manuela Tietsch - Страница 10
8 Die Jagd
ОглавлениеKaum, daß sie aus dem Tor geritten waren, begann es fürchterlich zu regnen. Nur die dicken Wollumhänge hinderten den Regen daran, bis auf die Haut durchzudringen und sie völlig durchzuweichen. Talivan ritt Lluagor. Raban flog krächzend von seiner Schulter auf, er konnte Regen nicht ausstehen und flog laut schimpfend, denn andererseits liebte er die Aufregung, zurück in die Burg. Talivan mußte über ihn lächeln.
Die Hunde begannen mit ihrem fürchterlichen Gejaule, er bekam eine Gänsehaut. Er haßte dieses Jaulen. Nichts war schlimmer als eine auf Spur geführte Bluthundrotte. Morcant erfreute sich bester Laune, trotz des Wetters. Angewidert stellte Talivan fest, daß er von dem allgemeinen Jagdeifer angestachelt wurde. Hoffentlich verloren die Hunde bei diesem Regen die Witterung nicht zu schnell. Was würden sie vorfinden? Eine alte Druidin? Eine schöne und ebenso böse Zauberin? Er trieb Lluagor in eine schnellere Gangart. In straffer Geschwindigkeit ritten sie auf den Wald zu, die jaulenden Hunde zerrend an den Leinen.
Ich hörte die Hunde erst im Schlaf, doch als mein Traum von den Tieren nicht verschwinden wollte, wachte ich entsetzt auf. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken. Eine Jagd, bei diesem Wetter? War das so üblich? Ich wußte unwillkürlich, daß diese Jagd mir galt. Dieses Mal war ich an der Reihe. Ich dachte nicht länger darüber nach. Hastig warf ich den Rucksack hinunter und kletterte in Windeseile hinterher. Während ich schon losrannte, hängte ich mir den Rucksack um. Verdammt! Ich hatte die Decke oben vergessen! Umzukehren wäre Wahnsinn! Wohin sollte ich denn laufen? Der Bach! Ohne Zweifel, dort könnte ich meine Spur verschwinden lassen. Im Wasser würden die Hunde meinen Geruch nicht mehr verfolgen können. Ach, wäre ich doch nie auf den dummen Gedanken gekommen, ein Messer haben zu wollen. Das hatte ich nun davon. Plötzlich wußte ich nicht mehr in welche Richtung ich laufen mußte, um den Bach zu erreichen. Mein Gedächtnis war wie ausgelöscht, und das, obwohl ich jeden Tag am Bach gewesen war! Dann hörte ich die Hunde lauter werden. Sie waren schon so nah! Viel zu nah...
Talivan und seine Gruppe entdeckten den Baum. Sie fanden das Vorratslager, und entdeckten eine Decke auf einem Ast in der Baumkrone. Ganant kletterte hinauf, um die Decke zu holen, damit sie diese den Hunden vorhalten konnten. Jetzt ging es erst richtig los. Sie nahmen Witterung auf. Ihr Gejaule ging Talivan durch Mark und Bein. Sie zogen an den Leinen. Talivan warf den Hundeführern einen scharfen Blick zu, sie sollten bloß nicht wagen, die Tiere loszulassen.
Zwischen Talivan und Morcant fand ein kurzer Blickkampf statt. Morcant war jedoch klug genug, sein Spiel nicht auf die Spitze zu treiben. Sie jagten den Hunden hinterher.
Da, gerade mußten die Hunde den Baum entdeckt haben. Ich hörte ihr überheiztes Aufjaulen. Lauf um dein Leben, dachte ich bei jedem Schritt. Lauf, lauf, lauf... Diese Worte gaben mir die nötige Gleichmäßigkeit und die Kraft, um weiterzulaufen. Was würde wohl mit mir geschehen, wenn sie mich einfingen? Oder täuschte ich mich doch? Waren sie gar nicht hinter mir her? Und wenn doch? Würden sie sich einen Spaß mit mir machen und mich anschließend um die Ecke bringen? Wie wurde Mundraub in dieser Zeit bestraft? Mit Schrecken erinnerte ich mich an Berichte aus dem Mittelalter von abgehackten Händen und ausgestochenen Augen! Gab es ein Gericht? Oder Vergeltung ohne Gericht? Verdammt, es war egal, wie ich umgebracht wurde, mit oder ohne Gerichtsbeschluss. Ich zitterte, nicht nur, weil mir eiskalt war und das nasse Kleid mir am Körper klebte. Die Angst gewann die Oberhand. Ich merkte, wie kopflos ich wurde, betete, daß alles nur ein böser Traum war und ich gleich in meinem Bett aufwachte. Umsonst! Nichts veränderte sich, außer dem Hundegejaule, das immer lauter wurde. Zweige klatschten mir ins Gesicht, hinterließen Schrammen, zerrissen mein Kleid. Ich blieb hängen, riß mich wieder los, lief weiter, immer nur weiter. Ich fühlte den Schock meine Glieder lähmen. Ich war so unendlich müde. Meine Lungen brannten. Ich fühlte den Tod nach meinem Herzen greifen. Doch mein Körper lief weiter. Egal wohin, nur weg von diesen gräßlich jaulenden Hunden. Wo war denn bloß der Bach geblieben?
Morcant ritt an der Spitze des Zuges. Er empfand die Jagd als überaus angenehmen Zeitvertreib. Talivan ritt dicht hinter ihm. Da ließ Morcant einen Freudenschrei los.
Talivan erblickte sie im selben Augenblick. Er konnte das rote Gewand erkennen. Also war es tatsächlich dieselbe Frau. Er trieb Lluagor an, um an Morcant und Cadoc vorbeizuziehen, denn er wollte auf jeden Fall als erster bei ihr sein.
Ich hörte die Hunde und Reiter jetzt unmittelbar hinter mir. Nur nicht umdrehen! Weiterlaufen! Doch ich hielt es nicht aus. Ich mußte mich umwenden, um zu sehen, wieviel Zeit mir blieb. Standen die Schutzengel mir bei? Ich blickte über die Schulter. Der Schreck fuhr mir in alle Glieder. Mich trennten nur noch höchstens fünfzig Schritte von den Reitern und den erregten Hunden. Neben den ersten Reitern liefen die Hundeführer. Ich erstarrte innerlich. Die Gesichter der beiden Reiter flößten mir bloßes Entsetzen ein. Sie wollten Blut sehen. Mein Blut! Sie wollten ihren grausamen Spaß haben. Für sie war alles nur ein Spiel, es ging ja nicht um ihr Leben. Die beiden wurden von einem anderen Reiter überholt. Der Narbige! Sogar ihm stand der Jagdeifer im Gesicht geschrieben. Anscheinend wollte er derjenige sein, der mich als erster erreichte. Wollte er mich schützen oder Besitzansprüche geltend machen? Ich wandte mich wieder meinem Fluchtweg zu, gerade rechtzeitig, denn ich war im Begriff, in einen an der Wurzel gegabelten Baum hineinzulaufen. Um ihn zu umrunden war es zu spät, ich mußte mich hindurchzwängen. Ich stützte mich mit der linken Hand am Stamm ab, während ich mich durch die v-förmige Lücke zwängte. Ein heftiger Schmerz in meiner Hand ließ mich innehalten und meinen Blick auf sie richten.
Der Schock traf mich wie ein Schlag in die Magengrube. Ein Pfeil nagelte meine linke Hand am Baum fest. Das war zuviel! Ich lehnte mich an den Stamm hinter mir, und während mir die Tränen ungehindert über die Wangen liefen, schloß ich die Augenlider. Meine Knie waren butterweich. Jäh erfaßte mich die Wut. Wut über meine Lage, über diese Wilden, die mir dies antaten. Mein Blick flog anklagend zu den Reitern. Welcher von ihnen hatte mich derart verletzt? Etwa der Narbige? Die Hunde kläfften laut und wild. Nein, kein Zweifel, es war der andere, der höhnisch grinsend auf seinem Rappen saß. Er zog spöttisch an der Bogensehne, als spielte er eine Harfenseite ab. Ich mußte mich abwenden. Ich gab mir einen Ruck und sammelte alle Kraft, die ich noch aufbringen konnte. So sollten sie mich nicht niedermachen. Meine rechte Hand legte wie im Rausch den Weg zur linken zurück. Ich mußte den Pfeil brechen, um meine Hand frei zu bekommen.
Plötzlich fühlte ich einen kräftigen, warmen Händedruck auf meiner Schulter. Ich blickte auf, geradewegs in die dunklen Augen des narbigen Ritters. Ich wußte nicht warum, doch in diesem Augenblick fiel alle Angst von mir. Ich empfand unsinnigerweise tiefe Ruhe, hatte mit einem Mal das Gefühl, zu Hause zu sein, mein Ziel erreicht zu haben. Ich konnte es gar nicht in Worte kleiden, was in diesem Augenblick alles in mir ablief, doch es war wunderbar und vollkommen! Wie eine Heimkehr nach langer Suche. Ich hielt seinem Blick, den er unentwegt auf mich richtete, stand.
Talivan sah in ihre Augen, und was er erblickte, konnte er nicht begreifen. Eben noch hatte er die Angst und das bloße Entsetzen auf ihren Zügen gesehen, doch jetzt schienen diese Gefühle wie fortgewischt. Stattdessen entdeckte er einen zufriedenen, ruhigen Ausdruck. Die Angst schien verflogen. Er verlor sich in ihrem Blick, in ihren Augen. Nie zuvor sah er schönere. Er hatte das Gefühl, in einen klaren Moorsee zu sehen, um sich dort selber wiederzufinden.
Morcants dreckiges Lachen holte ihn wieder in die Wirklichkeit zurück. Talivan zog sein Messer und schnitt den Pfeilschaft ab. Ohne Vorwarnung zog er die Hand vom Baum und somit den Rest des Pfeiles heraus. Er blickte wieder zurück in ihre Augen, sah die Schwäche, die sie überwältigte, als der Schmerz bis zu ihrem Bewußtsein durchdrang. Wie hatte er Jagdeifer empfinden können? Ihre Tränen bekümmerten ihn. Er wollte sie fortwischen, aber dazu hatte er wohl kein Recht. Und wer gab ihm das Recht, sie auf diese Weise einzufangen? Trotzdem war er froh, sie gefunden zu haben. Sein Blick wanderte an ihr herunter und wieder herauf. Ein Wunder, daß sie bis jetzt zurechtgekommen war, in diesem hauchdünnen Kleid. Adna hatte nicht übertrieben. Das nasse, dadurch durchsichtige und zerrissene Gewand klebte eng an ihrem zitternden Körper und entblößte mehr, als es verbarg. Ihre Brust hob und senkte sich von der Anstrengung, und der Stoff des Kleides zwischen ihren Brüsten bewegte sich mit ihrem Herzschlag. Ihre Haare trug sie zu einem dicken Zopf geflochten, der ihr bis über den Po reichte. Er pfiff, Lluagor kam zu ihm. Für einen Augenblick ließ er ihren Arm los, den er stützend gehalten hatte. Sie würde nicht mehr fortlaufen, dessen konnte er sicher sein. Er suchte aus seiner kleinen Tasche hinter dem Sattel ein Stück Leinen hervor, das er für alle Fälle immer bei sich hatte. Morcant tauchte ungeduldig hinter ihm auf. Talivan mußte verhindern, daß irgendjemand Hand an sie legte. Bevor Morcant oder ein anderer einen Einwand hervorbringen konnte, sagte er laut:
„Sie gehört mir!“ Er wandte sich an Morcant, „wenn Ihr dieser Frau noch ein Haar krümmt, lernt Ihr mich kennen!“ Er wendete sich ihr wieder zu. Sie hielt die verletzte Hand stützend, und um den Schmerz zu lindern, mit der rechten fest. Er wickelte das Leinentuch um die Wunde. Ihre Hand trug, außer leichten Abschürfungen und Rissen, wahrscheinlich vom Klettern, weder Schwielen noch andere Merkmale, die auf schwere Arbeit hindeuteten, fein und wohlgestaltet lag sie in seiner; den Dreck unter ihren Nägeln schob er dem Leben ihm Wald zu. Sie mußte also von hoher Geburt sein. Er ließ die Hand nur ungern los, während er wieder in ihre Augen sah, wo er deutlich die Frage las:
„Was werdet Ihr mit mir tun?“ Es fiel ihm unendlich schwer, sich von ihrem Blick zu lösen. Widerstrebend ließ er sie aus den Augen, nahm den Umhang von seinen Schultern und legte ihn über ihre. Die Geste besiegelte seine Worte und vermittelte ihr hoffentlich, daß er ihr nichts Böses wollte.
Morcant sah geringschätzend zu.
Talivan fing seinen überheblichen Blick auf.
„Ich könnte wetten, daß dieses Weib es nur darauf anlegte, Euch in ihren Bann zu ziehen. Womöglich steckt sie mit Rioc und Mruad unter einer Decke!“
Talivan wurde hellhörig, was hatte Morcant mit den beiden zu tun? „Wieso Rioc und Mruad?“ fragte er scheinbar teilnahmslos.
Morcant wurde eine Spur blaß, hatte sich jedoch sofort wieder in der Gewalt. Nur ein guter Beobachter wie Talivan bemerkte eine Veränderung. Er wechselte einen Blick mit Gavannion. Morcant stieg ärgerlich wieder auf seinen Rappen. Talivan gab seinen Männern das Zeichen, umzukehren.
Bevor Morcant seinen Hengst antrieb, wandte er sich, unterschwellig vor Wut kochend, an Talivan. „Sie gehört mir! Es war mein Pfeil, der sie aufhielt! Das solltet Ihr nicht vergessen. Ich überlasse sie Euch eine Weile, irgendwann, wenn ich den Drang verspüre, werde ich mein Eigentum einfordern!“ Er riß seinen Hengst brutal im Gebiß zerrend herum und sprengte davon. Cadoc und die Hundeführer folgten ihm verstört.
Comgal wagte einen Einwand. „Könnte es nicht wirklich geplant sein? Oder sie ist tatsächlich eine Zauberin!“ Prüfend blickte er die Frau an, entschlossen, seinen Freund und Lehrmeister zu verteidigen.
„Sie ist weder eine Zauberin, noch ein Spitzel! Ich bin mir sicher!“ Beschützend, ein bißchen besitzergreifend, legte Talivan seine Hand stützend unter ihren Ellenbogen.
„Mit Sicherheit ist sie von hoher Geburt. Ich nehme an, daß sie von ihren Begleitern getrennt wurde, womöglich entführt! Habt ihr den Stoff ihres Gewandes bemerkt?“ Wie zur Bestätigung blickte Talivan an ihr herunter. Obwohl von dem Kleid nur wenig zu sehen war, zeigte er auf das kleine Stück, das aus dem Umhang hervorlugte.
„Das ist feinste Ware, solches trägt nur eine edle Dame!“ Allerdings wunderte er sich, daß sie nur noch ihr Untergewand trug. Wo war ihr Überkleid?
Ich versuchte den Umhang vorne zu verschließen. Innen war er warm vom Vorträger, obwohl von außen regennaß. Ich schloß die Augen kurz und genoß das Gefühl, wärmenden Stoff an mir zu fühlen. Über was unterhielten sie sich wohl? Wollten sie mir jetzt mehr und andere Gewalt antun? Ich versuchte anhand der Gebärden und des Tonfalls zu verstehen. Sie schienen sich nicht einig zu sein. Anscheinend waren sie sich nicht sicher, was sie mit mir anstellen sollten. Der narbige Ritter wandte sich mir zu.
Talivan wollte wenigstens versuchen, mit ihr zu reden, vielleicht verstand sie ihn ja doch, und ihre Schwierigkeiten lösten sich von selbst. Er verneigte sich.
„Ich sollte mich erst einmal vorstellen, denn Ihr befindet Euch auf meinem Land. Ich bin Talivan, Sohn der Talhearn, Söhne der Rua. Dies,“ er zeigte auf Gavannion, „ist mein Bruder Gavannion. Der dort,“ er deutete zu Comgal hin, „ist Comgal Sohn des Fernvael. Ich wäre Euch überaus dankbar, wenn Ihr mir nun Euren Namen sagtet!“ Er lächelte aufmunternd.
Ich begriff, daß er sich vorgestellt hatte und anscheinend dasselbe von mir erwartete. Was sollte ich denn sagen? Ich spürte meine Gedanken wirbeln. Außerdem war ich mir nicht sicher, ob mir meine Stimme gehorchte, nach allem, doch ich wollte es wenigstens versuchen.
„Eh, Helene.“ kam mein Name leise zögerlich über meine Lippen. Ich war mir nicht einmal sicher, ob er es gehört hatte, oder ob ich nur in meiner Einbildung sprach. Eine Woche, ohne mit einem menschlichen Wesen gesprochen zu haben, hatte ihre Spuren hinterlassen. Und mir fiel kein Name ein, den ich hätte anhängen können, um wie eine Adlige Dame zu erscheinen. Der Narbige, wenn ich recht verstanden hatte, Talivan, lächelte als hätte ich ihm eine Kiste voll Gold zum Geschenk gemacht. Die anderen blickten nicht so überzeugt. Da offenbar er hier das Sagen hatte, schien es mir jedoch nicht so wichtig, was diese dachten.
Talivan wartete. Also hatte sie verstanden! „Verehrte Dame, wenn Ihr mir sagtet, wie Ihr in diese mißliche Lage geraten seid und wohin ich eine Nachricht schicken soll!“ Er lächelte sie erwartungsvoll an.
Ich wußte genau, daß er etwas von mir wollte. Bestimmt hatte er mir eine Frage gestellt! Ich schüttelte den Kopf, hoffentlich faßte er dies nicht als Unwillen auf.
„Ich kann dich nicht verstehen! Ich spreche deine Sprache nicht!“ sagte ich bedächtig, überdeutlich und erblickte seine in Falten gelegte Stirn. Offenbar hatte er erwartet, daß ich ihm in seiner Sprache antwortete. Ich bemerkte die mißtrauischen Blicke der beiden anderen. Talivan schüttelte den Kopf, als wollte er unwillkommene Gedanken vertreiben. Er verneigte sich ein zweites Mal vor mir. Dann zeigte er auf seinen massigen braunen Hengst und zog mich am Ellenbogen mit sich. Widerstrebend folgte ich ihm bis zu demHengst. Was erwartete mich wohl als nächstes? Ich überlegte, wie ich, ohne mir zu viele Schmerzen zu bereiten, da oben hinauf käme, denn das erwartete er offensichtlich von mir. Während ich darüber nachsann, spürte ich zwei starke Hände, die mich an meiner Körpermitte griffen und hochhoben, als wäre ich ein Federgewicht. Keinen Augenblick später saß er bereits hinter mir im Sattel und ritt los.
Bis hierhin war es mir gelungen, am Leben zu bleiben, würde mir das Glück weiterhin hold sein? So richtig begriff ich allerdings noch immer nicht, was mir in dieser Zeit widerfuhr, das volle Ausmaß meines seltsamen Erlebnisses. In seinen Umhang gehüllt, saß ich vor ihm im Sattel. Ich versuchte, eine angenehmere Haltung zu finden, denn die Sattelwand drückte bei jedem Schritt, doch der Mann mußte den siebten Sinn haben, denn er zog mich mit seinem rechten Arm weiter auf seinen Oberschenkel, näher an sich heran. Dadurch federten seine Schenkel die Schritte ab. Es war viel besser so, keine Frage, doch diese Lage trug Heikles und äußerst Sinnliches in sich. Ich verkroch mich tiefer in den letzten Winkel des Umhangs, denn ich fühlte mich diesem Mann viel zu nahe. So nah, daß ich ihm noch viel näher sein wollte, was ich mit Verlangen und einem gewissen Entsetzen feststellte.
Ich wußte nichts über ihn, außer daß er viele hundert Jahre älter war als ich, oder war es umgekehrt? Und doch! Das Gefühl breitete sich in meinem Körper aus. Ich genoß den Ritt, den Ritt ins Ungewisse.