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1.2Zukunftsausrichtung in fordernden Zeiten

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Dem französischen Autor Viktor Hugo werden die Worte „Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance“ zugeschrieben. Der Mensch kann aufgrund seiner geistigen Fähigkeiten nicht nur aus Vergangenem lernen, sondern auch antizipieren und Einfluss nehmen. Die Zukunft ist zwar ungewiss, aber die Beschäftigung mit möglichen Entwicklungen ist nicht nur die Aufgabe von Zukunftsforschern. Überlegungen zur Zukunft und den Implikationen für den eigenen Betrieb anzustellen, ist unternehmerische Basisarbeit und Voraussetzung für langfristig erfolgreiches und somit nachhaltiges Handeln. Dies gilt besonders für fordernde Zeiten, die durch schnelle Entwicklungen, massive globale Veränderungen und Zäsuren gekennzeichnet sind. Globalisierung, Klimawandel, Technologisierung, Digitalisierung, Marktkonzentration, Transparenz oder Wertewandel sind nur ausschnittsweise Phänomene einer zunehmenden Dynamik und Komplexität. Die noch nicht bewältigte Corona-Pandemie und eine Flutkatastrophe mit katastrophalen Folgen für Menschen und Betriebe unterstreichen, wie Krisen den Wandel unserer wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Umwelt bestimmen können.


Abb. 2: Beispielhafte Einflussfaktoren einer sich verändernden Umwelt

Die Geschwindigkeit des Wandels lässt sich an gekürzter Lebensdauer von Unternehmen ablesen. 1920 hatten die in einem amerikanischen Börsensegment gelisteten Unternehmen eine durchschnittliche Lebensdauer 67 Jahren, heute beträgt sie nur noch 15 Jahre (Foster & Kaplan 2011). Veränderungsfähigkeit ist, wie vom Ökonomen Schumpeter, der die zerstörerische Kraft von Innovation als Notwendigkeit für gesellschaftliche Veränderung bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts postulierte („Creative Destruction“), Triebkraft für notwendige Entwicklung. Aktuell hinterlässt die Covid-19-Pandemie destruktive Spuren (bspw. massive Umsatzeinbrüche in der Gastronomie) bei beschleunigter Veränderung (z.B. E-Business). Besonders in der Landwirtschaft und im Handwerk vollzieht sich seit Jahren ein weitreichender Strukturwandel mit einer massiv abnehmenden Anzahl von Betrieben. Dieser Wandel unterstreicht steigende Managementherausforderungen, besonders für die im Markt verbleibenden Unternehmen.

Dpa-Meldung: „Dürre trifft Landwirte hart: Nach der starken Dürre im Sommer 2018 sind noch mehr landwirtschaftliche Betriebe in die Insolvenz geraten … 23,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Geringere Erlöse und höhere Kosten infolge der Dürre seien die Hauptgründe für den Anstieg der Insolvenzen.“ (dpa 2019b)

Neben belastenden, negativen Effekten wirkt Veränderungsdruck als Hebel für Weiterentwicklung. Wirtschaft und Gesellschaft profitieren vom Veränderungsdruck durch neue Angebote und neue Anbieter. Technologischer Fortschritt und auch durch Digitalisierung getriebene Veränderungen bieten Chancen für Geschäftsideen und -gründungen.

Corona-Krise beschleunigt Wein-Start-up: „Einen besseren Zeitpunkt für den Launch seines Start-ups hätte sich Thomas Winther kaum aussuchen können. Wenige Tage vor Beginn der Corona-Krise ging der Däne mit Winejump online. Über den Online-Marktplatz können Kunden ihren Wein direkt bei Winzern aus dem europäischen In- und Ausland ordern. Pro verkaufter Flasche erhält Winejump einen Euro. So wie die Corona-Krise das Kaufverhalten vieler Menschen ändert, wäre ich nicht überrascht, wenn sich der Online-Weinmarkt in Deutschland in den nächsten fünf Jahren verdoppeln würde“, sagt Winther. Den ambitionierten Zielen seiner frisch gestarteten Firma würde das jedenfalls helfen. Der Gründer sagt selbstbewusst: „Winejump hat die große Chance, ein Unicorn-Start-up zu werden.“ (Hüfner 2020)


Unternehmensgründungen entspringen vornehmlich einem Wunsch nach unternehmerischer Selbstverwirklichung. Einige Geschäftsideen schaffen in betriebswirtschaftlicher Lichtgeschwindigkeit globale Entfaltung und lassen bis dato gelebte Geschäftsmodelle obsolet werden. Ein Start-up startet mit einer guten Idee. Die Idee kann sich aber nur dann langfristig durchsetzen, wenn sie unternehmerisch realisiert wird. Nur die Hälfte aller Neugründungen überlebt die ersten vier Jahre.

Laut Länderbericht des Global Entrepreneurship Monitors (GEM) sind die für Unternehmensgründungen förderlichen Rahmenbedingungen in Deutschland:

- Schutz von geistigem Eigentum (z. B. Patente)

- Wertschätzung neuer Produkte/Dienstleistungen aus Konsumentensicht

- Öffentliche Förderprogramme

- Physische Infrastruktur

- Berater und Zulieferer für Unternehmen. (Sternberg 2020)

Konzeptionelle Überlegungen zur Konkretisierung der Idee und dessen Umsetzung sind frühzeitig praxisnah zu validieren. Nachhaltigkeitsüberlegungen sollten bei neuen Geschäftsideen ein Prüfstein sein, oftmals sind diese sogar ursächlich. Etwa jede fünfte Firmengründung in Deutschland ist im Bereich Klima- und Umweltschutz angesiedelt. Besonders naturnahe Branchen locken unternehmerische Entfaltung, um zur Verbesserung des Klimas beizutragen.

Unternehmerische Ansätze, ob im Fall von etablierten Unternehmen in zunehmend wettbewerbsintensiven Märkten oder bei der Realisation einer Unternehmensgründung, bedingen vorausschauendes Handeln und agile Umsetzung. Agilität ist mehr als Flexibilität, um eine kurzfristige Nachfrage befriedigen zu können. Strategische Agilität ist gegeben, wenn trotz ungewisser Zukunft Entscheidungen getroffen und bei erkennbarem Handlungsbedarf diese in Frage gestellt und revidiert werden. Agile Unternehmen sind in der Lage umzusteuern, wenn sich ein eingeschlagener Weg als Sackgasse erweist. Strategisches Management verkümmert dann nicht in seitenfüllenden Fünf- oder Zehn-Jahresplänen, es wird zur permanenten Managementaktivität auf Basis einer Beobachtung der Umwelt, proaktiver Wahrnehmung von Chancen und unternehmerischer Steuerung von Risiken. Proaktives und antizipatives Handeln wird zur notwendigen Voraussetzung für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung.

Unternehmertum sichert eine Perspektive für den Betrieb, wenn Chancen und Herausforderungen im Markt erkannt, betriebliche Ziele definiert und Maßnahmen zur Zielerreichung eingeleitet werden. Dies bedingt auch Risikobereitschaft. Strategisches Handeln synchronisiert dabei unter Wahrung eines längerfristigen Planungshorizonts die strategischen Ziele und Maßnahmen, die Positionierung im Wettbewerb, das Innovationsmanagement, die Nachhaltigkeitsmaßnahmen und die Organisationsentwicklung. Damit wird Adaptionsfähigkeit der Betriebe in der sich dynamisch verändernden Umwelt gewährleistet, eine notwendige Voraussetzung zur nachhaltigen Existenz. Ein externer Veränderungsdruck, wie beispielsweise die Corona-Pandemie, wirkt dabei als Katalysator. Agilität sichert besonders in Zeiten mit massiven Veränderungen langfristige Perspektive und sichert Resilienz, d.h. Überlebensfähigkeit. In kleinen Unternehmen ist dies eine unternehmerische Aufgabe, die anhand der folgend dargelegten Instrumente, Beispiele, Fragen, Einstellungen und Anregungen sichergestellt werden kann.

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