Читать книгу Vampiluna - Maren Jaenicke - Страница 10
Оглавление2 DIE DÖDEL VON ÖDEL
Habe ich schon erwähnt, dass unsere Burg die schönste überhaupt ist ? Früher einmal war sie Sitz der Landgrafen gewesen und damit nicht nur Wohnort einer richtig adeligen Familie, sondern auch Treff- und Mittelpunkt für alle Bewohner im gesamten Umkreis. Leider ist die Grafenfamilie vor ein paar hundert Jahren sehr schnell sehr arm geworden und konnte ihr Zuhause nicht mehr halten. Der frühere Bewohner der Dödel-, ähm ich meine natürlich Ödelburg, Gustav Hans-Heinrich von und zu Brödelbeck, hat daraufhin unsere schöne Wackelburg gekauft. Und weil unsere Burg so schön oben auf dem Hügel und seine eigene nur unten hinterm Wald lag, ist er umgezogen. Hätte ich ja wahrscheinlich auch gemacht. Dafür ist seine alte Ödelburg aber ziemlich verfallen. Der alte Gustav Hans-Heinrich hatte keine Nachkommen und niemand anderes wollte in dem großen Kasten wohnen. Mittlerweile stehen nur noch das klapprige Burgtor und ein paar halbe Wände. Sogar der große Burgfried (das ist der zentrale Turm, sozusagen der Hauptturm der Burg, von dem man in alle Richtungen den besten Blick hat) ist vor ein paar Jahren eingestürzt.
Das alles könnte Lotta, Milli, Nola und mir natürlich vollkommen egal sein. Wir haben ja die schönste Burgruine und wollen hier eh nie wieder weg. Aber dass auf der Ödelburg seit Gustav Hans-Heinrich niemand mehr wohnt, stimmt nicht ganz… Da wohnen nämlich die Dödel. Die fiesesten und gemeinsten Doofi-Vampirjungs, die es gibt. Die heißen natürlich nicht in echt Dödel. Wir nennen sie nur so. Eingezogen sind Bertie, Fritz und Bohne vor ungefähr einem Jahr. Weiß Dracula wo die hergekommen sind, diese Nervbolde! Auf einmal waren sie da und sind nachts in UNSEREM Wald herumgeflogen. Gibt es sowas? Das ist doch wohl eine Frechheit!
Eines nachts saßen wir vier auf einem Baum, schauten in die Sterne und überlegten, ob wir dieses Jahr einmal wieder Urlaub in Transsilvanien machen wollten, da zischten drei Gestalten so nah an uns vorbei, dass wir durch den Luftzug fast nach hinten gefallen wären. Ab und an treffen wir schon andere Vampire, nur wohnt die nächste Familie bestimmt zwei Nachtflüge entfernt. Und daher waren wir von den drei Figuren so überrascht, dass wir zuerst dachten, das seien vielleicht Riesen-Fledermäuse gewesen. Natürlich mussten wir der Sache auf den Grund gehen und hinterherfliegen.
„Los!“, habe ich gesagt. „Hinter mir her, aber leise.“
Wir breiteten alle nacheinander unsere Arme aus, hoben ab in die Lüfte und flogen mit wehenden Umhängen in die dunkle Nacht .
Die drei Doofi-Jungs hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich zu verstecken. Mitten auf einer Lichtung saßen sie auf großen Steinen und lachten laut scheppernd über irgendeinen albernen Witz.
„Was habt ihr hier zu suchen?“, rief ich aufgebracht, als ich im fahlen Mondlicht ihre helle Haut und eindeutig spitze Eckzähne aufleuchten sah. Drei Köpfe drehten sich gleichzeitig um als wir auf der Lichtung landeten. Unhöflich wie richtige Grobiane blieben sie einfach sitzen und schauten uns an, als wären wir die ersten Vampire, die sie je gesehen hatten.
„Wieso? Wer will das wissen?“, antwortete einer, anscheinend der Anführer, gelassen. Er hatte schwarze, struppige Haare, die so ziemlich in alle Richtungen, aber hauptsächlich nach oben abstanden. Er war blass und hatte tiefe, rötliche Schatten um die Augen. Von seinem schwarzen Umhang her wehte ein leicht modriger Geruch zu uns herüber, seine Hände schauten lang und dünn darunter hervor. Wenn ich ehrlich bin, hat mein Herz so stark geklopft, dass ich dachte, alle müssten es hören.
Die große Nola stand breitbeinig und kampflustig mit verschränkten Armen neben mir. Lotta schaute unsicher zwischen den drei Fremden und mir hin und her und Milli nestelte mal wieder an ihrem Umhang, weil er sich beim Landen mit ihren Armen verheddert hatte.
„Das ist unser Wald!“, zeterte ich vielleicht etwas zu laut. Wenn ich wütend bin, ärgert es mich einfach, wenn der andere so ruhig bleiben kann, wie der Junge in diesem Moment.
„Also ich habe kein Schild gesehen“, meinte er honigsüß . „Oder habt ihr eins gesehen, auf dem steht „Achtung: dieser Wald gehört vier Vampirzicken!“? Grinsend schaute er seine Freunde an, die daraufhin laut lachten. Der kleinste der drei hielt sich vor Lachen sogar den Bauch.
„Was fällt euch eigentlich ein? VAMPIRZICKEN? Ich glaube, ihr spinnt!“ Mann, war ich wütend!
Nola stieß ein Brummen aus, wie ein Vulkan , der gleich ausbricht. Und der Oberdoofi lächelte mich nur so seltsam von der Seite an, dass es sich anfühlte wie tausend Ameisen, die meinen Bauch von innen kitzeln.
„Wir wohnen hier. Ihr könnt nicht bleiben“, sagte jetzt Lotta leise aber bestimmt.
Das Lachen der Jungs wurde nicht einmal leiser.
„Wir machen den Wald ja nicht kaputt. Ihr könnt aufhören zu meckern“, meinte der lange Lulatsch.
Wieder kicherten die Jungs.
„Wer oder was hier gleich kaputt ist, können wir schnell herausfinden“, grummelte Nola und trat zähneknirschend einen Schritt vor.
„Friedensangebot, meine Damen“, sagte der Erste und hob beschwichtigend die Arme.
„Ich schlage vor, wir stellen uns erst einmal vor: Das da“, er zeigte auf den Lulatsch, „ist Bohne. Er kommt aus Frankreich. Das“, er zeigte diesmal auf den Kleinen, „ist Bertie. Er ist mein Bruder. Und ich bin Fritz. Fritz von Feuerstein-Finkebein.“ Mit sichtlichem Stolz verneigte er sich. Na toll, dachte ich nur . Ein aufgeblasener, eitler Vampirfatzke mit seinem kleinen Bruder und einer Riesen-Bohne. In unserem schönen Wald.
„Die müssen weg“, flüsterte Milli hinter mir, die endlich ihren Umhang befreit hatte. Da stimmte ich ihr eindeutig zu!