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Kapitel 6
ОглавлениеEine Viertelstunde später stürmte ein Mann auf die Wache. Er hatte die Tür so heftig aufgestoßen, dass sie gegen die Wand knallte.
Der Mann ließ seinen Blick über das Revier und die anwesenden Schutzpolizisten schweifen.
„Wer von euch hat meinen Sohn und seinen Freund eingesperrt?“, rief er laut, ohne überhaupt ein Wort zur Begrüßung zu sagen.
Philipp Lindemann erhob sich, ging auf den Unbekannten zu und sah ihn ruhig an.
„Guten Tag“, sagte er, „mein Name ist Philipp Lindemann. Mein Kollege und ich haben zwei junge Burschen hier aufs Revier gebracht, weil sie sich weigerten, sich auszuweisen. Da Sie von Ihrem Sohn gesprochen haben, gehe ich davon aus, dass Sie Herr Unterhofer sind.“
„Wer sonst?“, bellte dieser.
„Dann können wir ja jetzt in Ruhe über die Sache reden.“
„Wo sind mein Sohn und sein Freund?“, fragte Unterhofer drohend.
„Wir haben Sie in die Arrestzellen gesperrt, damit sie ein wenig runterfahren können, weil sie randaliert haben“, erklärte Johann Berger.
„Holen Sie sie sofort her“, befahl er Berger.
„Sie haben uns nichts zu befehlen, Herr Unterhofer“, meinte Philipp Lindemann höflich, aber bestimmt, „wir holen die beiden dann, wenn wir mit Ihnen über die Angelegenheit gesprochen haben.“
Unterhofer sah ihn herablassend an.
„Ich will und werde nicht mit Ihnen reden. Ich bin hier, um Moritz und Arthur abzuholen. Offensichtlich wissen Sie nicht, mit wem Sie reden. Wenn Sie die beiden nicht sofort holen, dann …“
„Dann werde ich dafür sorgen, dass Sie ebenfalls Bekanntschaft mit unserer Zelle machen“, mischte sich Kommissar Gerber ein, der den Dialog mitgehört hatte.
„Wer sind Sie denn?“, fragte Unterhofer unwillig.
„Mein Name ist Gerber, ich bin von der Kripo. Wir haben telefoniert. Nehmen Sie gefälligst einen anderen Ton an sonst nehme ich Sie fest.“
Kommissar Gerber sah Hartmut Unterhofer grimmig an. Er war gut eineinhalb Köpfe größer als dieser und um einiges kräftiger. Axel stellte sich neben seinen Chef und blickte finster drein.
Unterhofer überlegte. Der Kerl war größer und kräftiger als er und außerdem waren noch vier Schutzpolizisten im Raum und dieser junge Bursche, der ziemlich durchtrainiert aussah. Da hatte er keine Chance.
„Tut mir leid“, würgte er hervor, „aber Sie müssen verstehen, dass ich ein wenig aufgeregt bin. Schließlich wird mein Junge nicht alle Tage festgenommen und in eine Zelle gesteckt.“
Er brachte ein verzerrtes Lächeln hervor, das wie ein Zähnefletschen aussah.
„Ihr Sohn und sein Freund waren in einem Geländewagen unterwegs und sind mit hoher Geschwindigkeit durch die Stadt gerast. Wir wollten sie kontrollieren und haben ihren Führerschein verlangt. Da sie sich weigerten, ihn uns zu zeigen, haben wir sie mit auf die Wache genommen. Hier ging es dann weiter, sie wurden sogar handgreiflich, da haben wir sie kurzerhand in die Zelle gesperrt, damit sie ein wenig zur Ruhe kommen“, fasste nun Johann Berger die Geschehnisse zusammen.
„Der Geländewagen gehört mir, ich habe ihn meinem Sohn geliehen“, sagte Unterhofer patzig.
„Sie wissen aber schon, dass Ihr Sohn mit 17 noch nicht allein fahren darf, sondern nur in Begleitung eines Erwachsenen?“
Unterhofer machte eine abfällige Handbewegung.
„Natürlich“, meinte er dann, „aber meine Frau und ich hatten heute keine Zeit und die Jungs wollten nur eine kleine Runde drehen. Das ist doch nicht weiter schlimm.“
„Die sind wie die Verrückten durch die Stadt gerast, das hätte auch anders ausgehen können“, mischte sich jetzt wieder Kommissar Gerber ein.
„Sind Sie nie als junger Mann ein wenig schneller gefahren als erlaubt?“, fragte Unterhofer, „da ist doch nichts dabei.“
„Das sehen wir anders und der Gesetzgeber auch“, erwiderte der Kommissar und versuchte, ruhig zu bleiben.
„Ihr Sohn bekommt eine Verwarnung und Sie auch. Sollten wir ihn noch einmal ohne Begleitung am Steuer erwischen, dann wird das ernste Konsequenzen für ihn haben“, erklärte Philipp Lindemann Hartmut Unterhofer.
„Nun lassen Sie mal die Kirche im Dorf“, blaffte dieser den Schutzpolizisten an, „das ist doch absolut lächerlich, was Sie da sagen. Mein Sohn hält sich immer an die Vorschriften.“
„Vielleicht, wenn Sie dabei sind“, meinte Axel, „aber Sie können nicht wissen, wie er sich verhält, wenn Sie nicht dabei sind.“
„Ich kenne meinen Sohn – und jetzt will ich ihn endlich mit nach Hause nehmen!“
Ralf Mertens ging hinaus, um die beiden jungen Männer zu holen. Kurz darauf betraten diese die Wache.
„Hallo Papa“, sagte Moritz, „es wird Zeit, dass du kommst. Da drin ist es so etwas von öde.“
Er zeigte in Richtung der Zellen.
„Seid ihr in Ordnung, Jungs?“, fragte Unterhofer und schaute erst Moritz und dann Arthur an.
Beide Jungen nickten.
„Dann können wir ja gehen.“
Alle drei verließen die Wache, ohne auch nur noch einmal ein Wort an die dort anwesenden Polizisten zu richten.
„Das gibt’s doch gar nicht“, murmelte Philipp Lindemann vor sich hin, „sind die zu dumm, um die Sache zu verstehen oder zu arrogant?“
„Letzteres würde ich sagen“, brummte der Kommissar.
„Oder beides“, fügte Axel hinzu.
„Sicher werden wir über kurz oder lang wieder mit denen zu tun haben“, sagte der Kommissar.
„Das glaube ich auch, Chef“, stimmte ihm Axel zu.
„Wir werden öfter Streife fahren, um zu sehen, ob alles seine Ordnung hat“, meinte Johann Berger.
Alle widmeten sich nun wieder ihrer Arbeit.