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Um ungefähr 17 Uhr 30

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betrat Udo S. seine Wohnung an diesem Abend wieder. Es war bereits dunkel und unangenehm kalt und Udo knipste in Flur und Wohnzimmer das Licht an. Heizen wollte er aber noch nicht .Er hatte sich ganz fest vorgenommen, die Heizung nur für drei Stunden am Tag aufzudrehen und das auch nur, wenn es unumgänglich war und so beschloss er angesichts der recht frühen Abendstunden, erst um 20 Uhr zu heizen, sonst war die Wärme verflogen ehe er es sich vor dem Fernseher bequem machen konnte. Udo holte einen dicken Pullover aus seinem Kleiderschrank und zog ihn über, dann machte er sich daran, die Telefonnummer von Zeitarbeitsfirma T. herauszusuchen, aber erreicht hatte er nur den Anrufbeantworter. Er gab Namen, Telefonnummer und Grund seines Anrufes an, dann hatte er für diesen Tag seine Schuldigkeit getan...-

„Jetzt erst mal was essen!“ Udo hatte seit der Frühstückspause im Betrieb keinen Bissen mehr zu sich genommen und sein Magen knurrte schon den halben Tag. Aber im Kühlschrank fand sich nur ein angebrochenes Päckchen Quark, etwas Marmelade und eine Scheibe Kochschinken. Udo kramte in seiner Hosentasche: Von den dreißig Euro, die er an diesem Morgen mitgenommen hatte, waren ganze zwei Euro übriggeblieben. Fahrtkosten für die S- Bahn und dann auch noch -unvorhergesehenerweise - die Praxisgebühr beim Arzt hatten fast alles verschlungen.-

Die letzten zwei Euro, die er heute noch ausgeben musste! Und keine Aussicht darauf, dass seine finanzielle Lage sich besserte! Erschöpft vom ständigen Kampf um die Existenz setzte sich Udo in die Küche und das erste Mal seit langen Jahren liefen ihm nun dicke Tränen über das Gesicht. Er holte nun das Rezept hervor, das ihm der Doktor ausgestellt hatte, warf einen Blick darauf und warf es wehmütig in den Karton mit Altpapier, den er in einer Flurecke stehen hatte. Nein, für Medizin war nun wirklich kein Cent mehr übrig! Wer wusste, ob das Rezept nicht Zuzahlungs-pflichtig war? ...-

In dieser Nacht hielt ihn nicht nur der Husten wach, er bekam auch noch hohes Fieber. Schwitzend kroch er schließlich mitten in der Nacht aus seinem warmen Bett und fahndete in seinem Medikamentenschrank nach einem Fieberthermometer, klemmte es sich unter die Achsel und wartete fast sieben Minuten auf den Piepton: 39,0 Grad! Das war hohes Fieber und er hatte nichts im Haus, um die Temperatur zu senken! Udo kam nun auf die Idee, sich ganz einfach kalte Umschläge zu machen. Er zog zwei große Handtücher aus dem Schrank, hielt sie unter fließendes kaltes Wasser und wrang sie aus. Dann wickelte er sich die Handtücher um die Waden und setzte sich ins Wohnzimmer, das intensiv nach abgestandenem Rauch roch. Er hustete.

Gern hätte er gelüftet, aber er wollte die spätherbstliche Kälte nicht hereinlassen. Das hätte nämlich erneutes, sofortiges Heizen bedeutet, sonst wäre es in der Wohnung zu kühl für einen Kranken gewesen, denn die Raumtemperatur betrug jetzt schon nur 15 Grad. . Vom Fieber benebelt saß Udo eine geschätzte Dreiviertelstunde auf der Couch, aber die Temperatur wollte trotz der kalten Umschläge nicht weichen, zudem verspürte er nun einen unerträglichen Durst. Mit letzter Kraft suchte er ein zweites Mal seinen Medikamentenschrank durch und wurde schließlich doch noch fündig: In einem fast leeren Blister befanden sich noch zwei Paracetamol. Udo holte sich ein großes Glas Leitungswasser und leerte es mit einem Zug, dann füllte er nach und nahm das Medikament ein.


Er schleppte sich jetzt wieder ins Wohnzimmer und nach einer halben Ewigkeit fühlte er sich endlich besser. Udo schaltete den Fernseher ein und tauchte für einige Stunden ein in die Welt der Schönen und Superreichen, die gerade in einer Sendung über Very Important Persons auf einem Privatkanal lief.

„Eigentlich ist es immer dasselbe mit denen“, dachte er. „Im noblen Restaurant können sie sich nicht entscheiden zwischen den winzigen Portionen Kaviar oder Hummer, die sie für so viel Geld ordern, dass ich vermutlich zwei Wochen davon einkaufen könnte.

Und an ihren exklusiven Urlaubsorten sind sie eifrig bedacht, für die yellow-press im Gespräch zu bleiben. Halbnackt, und so attraktiv wie der Schönheitschirurg sie geschaffen hat, sonnen sich die Luxusweiber auf millionenschweren Yachten von Vielfachmillionären und Milliardären, die ihrerseits wieder darauf bedacht zu sein schienen, dass alle Welt erfährt, was ihre jeweiligen „Traumschiffe“ gekostet haben.“ Abstoßend und dekadent fand Udo die Informationsvermarktung der persönlichen und finanziellen Verhältnisse der Schwerstreichen durch das Fernsehen und irgendwann in den frühen Morgenstunden war er auf dem Sofa eingeschlafen.-

Der Verachtete

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