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Nach dem Geschirrspülen

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am späten Abend nahm Udo den vorangegangenen Besuch seines Bruders zum Anlass, intensiv über sein Leben nachzudenken:

Nach der neunten Klasse mit einem schlechten Hauptschulabschluss vom Gymnasium geflogen - das war die erste bittere Pille, die er hatte schlucken müssen! Nicht, dass er faul war, nein er war ganz einfach mit seinen Mitschülern nicht zurecht gekommen und hatte daraufhin ganz aufgegeben.

Im Unterricht selbst hatte er sich nie als Leuchte hervorgetan, er war still und meldete sich nie zu Wort .Auch dann nicht, wenn der Lehrer sich mit einer Frage direkt an ihn wandte. „Debiler Schwachkopp“ war irgendwann sein Spitzname in der Schule. Und er wurde von fast allen Klassenkameraden auch nicht anders angesprochen, weder im Unterricht noch auf dem Schulhof. Er fühlte sich dieser Beschimpfung damals jeden Tag aufs Neue hilflos ausgeliefert! Gleichwohl war er sehr darauf bedacht, dass niemand außerhalb der Schule von diesem Spitznamen erfuhr, zu sehr hatte er sich dafür geschämt!

Wie wäre sein Leben verlaufen, wenn er etwas selbstbewusster gewesen wäre, überlegte er selbstkritisch und ließ nun ein Leben Revue passieren, wie er es gerne gehabt hätte. Mit sehr gutem Abitur hätte er ganz ohne Probleme Germanistik studiert oder Soziologie und anschließend sofort eine Stelle als Lehrer gefunden, eine Frau kennengelernt, geheiratet, zwei Kinder bekommen, ein Haus gebaut. Und er wäre zwei Mal im Jahr in Urlaub gefahren: nach Südfrankreich im Sommer und nach Österreich im Winter. Und ein Engagement für Greenpeace und die örtliche Neusser Tafel hätte da auch noch dringesessen!

Udo steigerte sich nun für mindestens eine Viertelstunde in seinen Traum über einen gelungenen Lebenslauf hinein und kam erst dann wieder zu Besinnung, als er die vorletzte seiner Zigaretten auf geraucht hatte.

„Auch so ein Thema.“, dachte er. Hätte er sich nur nie dazu hinreißen lassen, das Rauchen anzufangen! Er wollte damals nur endlich dazugehören und seinen Außenseiterstatus beenden, aber selbst mit Fluppe im Mund war ihm das nicht gelungen. Aber zumindest im privaten Umfeld hatte er ein paar Bekanntschaften gemacht, die sich mit ihm abgaben.

Sie rauchten alle und tranken auf Partys Unmengen von Alkohol und Udo hatte jahrelang so nach Zuwendung gelechzt, dass er alles getan hätte, den Respekt seiner zweifelhaften Freunde zu erwerben! Und so hatte er sich später sehr oft hervorgetan im Konsum von Alkohol und Tabak und leider auch im kostenlosen Erwerb dieser Genussgifte! Es war zu der Zeit nicht selten vorgekommen, dass er seiner Mutter heimlich ins Portmonee gegriffen oder im Einkaufsladen eingekauft hatte, ohne zu bezahlen! Und er hatte Glück! Nie war er erwischt worden! Das hatte ihm im Bekanntenkreis den Ruf eines Helden eingebracht und Udo hatte diese Rolle sichtlich genossen. Mit sechzehn rauchte er dann schon ein Päckchen Zigaretten am Tag und bis zum heutigen Tag konnte er die Finger nicht vom Nikotin lassen! Von seiner Mutter, die immer noch in unmittelbarer Nachbarschaft zu seinen ehemaligen Freunden lebte, hatte Udo allerdings schon vor einem Jahrzehnt erfahren, dass niemand von ihnen mehr rauchte und alle einen gutbezahlten Job ausübten. Der Gedanke, dass er der Einzige aus der Clique war, aus dem nichts geworden war und der immer noch seine Gesundheit ruinierte, ärgerte Udo und er biss sich, wieder mal wütend auf sich selbst, auf die Lippe.-

Der Verachtete

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