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Meine körperliche Behinderung annehmen
ОглавлениеIm November 1967 wurde ich in Roßlau (Elbe) geboren. Wir wohnten in Zerbst (Sachsen-Anhalt). Während meiner Geburt gab es Komplikationen. Da aber die Ärzte im Zerbster Krankenhaus leider den Ernst der Lage nicht erkannten, wurde meine Mutter mit dem Krankenwagen und bei Glatteis ins 15 Kilometer entfernte Roßlauer Krankenhaus gebracht. Durch diese Prozedur verging wertvolle Zeit. In Roßlau führte man dann endlich den für meine Mutter und mich so lebensnotwendigen Kaiserschnitt durch. Durch diesen Eingriff wurde ich zwar gerettet, jedoch erlitt ich bei der Geburt einen erheblichen Sauerstoffmangel. Das ist auch der Grund für meine spastische Lähmung. Diese körperliche Beeinträchtigung äußert sich darin, dass ich krampfhafte Bewegungseinschränkungen der Arme und Beine habe. Meine Sprachfähigkeit ist dadurch ebenfalls gestört und meine Aussprache oft sehr undeutlich. Falls man mich jedoch nicht richtig versteht, muss ich das Gesagte eben noch einmal wiederholen. Geistig bin ich jedoch zweifelsohne voll auf der Höhe!
Über meine körperliche Behinderung denke ich nur selten so richtig nach. Ich brauche sie auch nicht anzunehmen und zu akzeptieren wie andere Menschen, die, eventuell durch einen Unfall, plötzlich zu ihrer Behinderung »gekommen« sind. Für mich gehört sie zu mir wie meine Hände und Füße, denn ich bin schließlich damit aufgewachsen. Wenn ich heute im Rollstuhl sitze und mich von einem Ort zum anderen bewege, sage ich trotzdem umgangssprachlich: »Ich gehe da und da hin.« Und das ist schon so okay.
Obwohl meine Mutter eine schwere Geburt hinter sich hatte, bei der es nun einmal offensichtlich Komplikationen gab, meinten die Ärzte, ich sei ein vollkommen gesundes Kind.
Nach ein paar Monaten merkten meine Eltern und meine Oma schnell, dass ich mich nicht richtig entwickelte. Unter anderem konnte ich meinen Kopf nicht gerade halten, er hing immer zur Seite. Die Antwort der Ärzte war lapidar: »Das ist ein Schiefhals, das gibt sich wieder.« So überließen die Ärzte mich und meinen Eltern einfach dem Schicksal. Nur durch Eigeninitiative meiner Eltern konnte ich mich meinem Alter entsprechend entwickeln!