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Innovationen der Vergangenheit und damalige Reaktionen

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Wie die Geburten der Lebewesen zunächst unförmig sind, so sind alle Neuerungen, die die Geburten der Zeit sind.

Sir Francis Bacon

Anfang des 20. Jahrhunderts hatte der japanische Schriftsteller Tanizaki Jun’ichirō ein kleines Pamphlet verfasst, in dem er auf die japanische Ästhetik einging und seine Meinung in einer recht ungeordneten Weise kundtat. Gerade dieser in Japan geschätzte Stil einer nonchalanten literarischen „Unstruktur“ fand bei seiner Leserschaft Anklang. Tanizaki reflektierte in „Lob des Schattens“ über das langsame Verschwinden des japanischen Stils durch die seit Mitte des 19. Jahrhunderts begonnene Öffnung des Landes zum Westen hin. Für ihn war besonders der Verlust der Bauweise und der Innengestaltung japanischer Häuser beklagenswert. Er schildert seine Versuche, trotz moderner Glasfenster seinem Haus den Anschein traditioneller verkleideter Papieröffnungen zu geben – und scheitert kläglich, da er weder den japanischen noch den modernen westlichen Effekt erreicht. Auch lässt sich Tanizaki über die beste Art aus, wie die elektrischen Leitungen am wenigsten sichtbar einzubauen sind und klagt, dass moderne Glühbirnen nicht den heimeligen Schein alter Öllampen verbreiten. Das Dunkel in traditionellen japanischen Häusern zog er den lichtdurchfluteten neuen Gebäuden vor, weil diese das Geheimnisvolle bewahrten.

Auch wenn er den Lesern immer wieder versichert, dass dies der Lauf der Zeit sei, so ist seine Nostalgie für das verschwindende Alte nicht zu übersehen. Wie auch immer, er schien einen Nerv bei seinen Landsleuten getroffen haben, das Pamphlet erreichte einige Popularität.

Einige Jahre später bestellte Tanizaki einen Architekten zu sich, der ihm ein neues Haus bauen sollte. Der Architekt kam und teilte Tanizaki mit Stolz mit: „Ich habe ihr ‚Lob des Schattens‘ gelesen, Mr. Tanizaki, und ich weiß ganz genau, was Sie möchten.“ Der überrumpelte Tanizaki antwortete: „Aber nein, ich könnte doch nie in solch einem Haus leben!“3

Der Komfort der Gegenwart war selbst dem Nostalgiker Tanizaki wichtiger. Die Retrospektive verklärt, die Prospektive erschreckt. Die nächsten Kapitel bringen eine Reihe von amüsanten und doch nachdenklich machenden Beispielen aus der Zeit unserer Vorväter und -mütter, die vor Neuerungen standen, die sie damals so bewegten wie uns heute künstliche Intelligenz, Selfies oder Roboter.

Sehen wir uns ein paar Innovation aus der Vergangenheit an, die wir heute wie selbstverständlich hinnehmen: den Fahrstuhl, den Mülleimer, die Impfung, den Regenschirm, den Teddybären, das Stethoskop, den Spiegel, Elektrizität und in einem Spezialkapitel die „Krankheiten“, die sie verursachen.

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