Читать книгу Außerhalb der Zeit - Marit Schalk - Страница 3
Kapitel 1
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„Bist du fertig? Bin in fünf Minuten da“, lese ich in der Nachricht meines Bruders.
„Fünf Minuten? Das heißt, du hast schon einen Parkplatz gefunden?!“, antworte ich, während ich den letzten Rest meines Schinkenbrots vertilge.
„Na gut. Also in zwanzig Minuten“, kommt es zurück.
Ich gönne mir noch ein zweites Butterbrot, bevor ich zum Wohnzimmer hinübergehe. „Gregor ist jeden Moment da. Wie sieht’s aus? Kommst du mit?“, frage ich die Rückenlehne unseres Sofas. Dahinter befindet sich mein Freund Johannes. Seine Füße liegen gekreuzt auf dem Wohnzimmertisch und zeichnen sich als schwarze Silhouette vor dem Bild des Fernsehers ab, auf dem gerade irgendein Fußballspiel läuft.
„Gleich wird die Zusammenfassung des St.-Pauli-Spiels übertragen, und ich muss mich ja auch noch für den Bandauftritt heute Abend fertig machen“, ertönt es als Antwort auf meine Frage. Seine Stimme klingt leicht schleppend und gleichzeitig gereizt. So hört er sich an, wenn er verkatert oder müde ist. In diesem Fall tippe ich auf Letzteres, denn gestern ist er erst spät in der Nacht von der Arbeit zurückgekommen.
Johannes ist Gitarrist im Orchester einer der zahlreichen Musicalproduktionen bei uns in der Stadt. Gestern Abend hat er gespielt, und für heute Nachmittag waren zudem noch stundenlange Proben angesetzt. Kein Wunder also, dass er müde ist und lieber vor dem Fernseher abhängt, bevor er später zum Auftritt seiner Band „Heavy Eagles“ in einer Altonaer Kneipe gehen wird. Da wir schon seit drei Jahren zusammen sind, weiß ich, dass er abgekämpft ist und nehme entsprechend Rücksicht.
Trotzdem bin ich enttäuscht. In letzter Zeit ist Johannes für gar nichts mehr zu motivieren, es sei denn, es hat unmittelbar mit ihm selbst zu tun. Wenn ich nicht meinen Bruder oder meine Freundinnen hätte, mit denen ich etwas unternehmen kann, würde ich zu Hause glatt versauern.
„Schon okay. Dann ziehe ich eben erst mal ohne dich mit Gregor los, um seine neueste Eroberung unter die Lupe zu nehmen“, antworte ich und versuche, mir meinen Verdruss nicht allzu deutlich anmerken zu lassen.
„Dieser Andy ist bestimmt nett, und ich sehe ihn doch heute Abend noch nach dem Auftritt“, brummt es hinter der Sofalehne. Tröstend? Versöhnlich? Entschuldigend? Keine Ahnung, ich kann seinen Tonfall in diesem Moment nicht deuten.
„Alex. Der Typ heißt Alex“, verbessere ich und höre selbst, dass ich nun doch leicht gereizt klinge, beweist Johannes‘ Namensverwechslung doch, dass er mir wieder einmal nur mit halbem Ohr zugehört hat, als ich ihm vom neuen Freund meines Bruders erzählt habe. „Und ob er nett ist, gilt es ja heute Abend erst herauszufinden…“, klugscheiße ich, wohl wissend, dass er das nicht leiden kann. Soll er sich doch auch über mich ärgern, anstatt ich nur über ihn.
Das Klingeln der Türglocke verhindert seine Erwiderung und dass wir infolge dessen in einen Streit geraten.
„Das wird Gregor sein“, bemerke ich und gehe zum Türöffner, um meinen Bruder ins Haus zu lassen. Wenige Augenblicke später erklimmt er leichtfüßig die Treppenstufen zu uns in den zweiten Stock, wo ich in der Wohnungstür auf ihn warte. Die Freude ihn zu sehen, vertreibt augenblicklich meinen Ärger über Johannes. In Gregors Gegenwart bin ich eigentlich selten schlecht gelaunt.
Wir sind Zwillinge, und das sieht man auch. Obwohl Gregor mich mit seinen fast Einsachtzig um mehrere Zentimeter überragt, werde auch ich von meinen Mitmenschen als groß wahrgenommen. Groß und dürr, denn zu meinem Leidwesen sind die weiblichen Attribute meines Körpers nicht allzu übertrieben ausgebildet - um nicht zu sagen kümmerlich unterentwickelt. Genau wie mein Bruder habe ich rötlichblondes Haar, blaue Augen, einen vollen Mund und eine kleine, mit feinen Sommersprossen gesprenkelte Nase. Letztere treten zum Glück meistens nur im Hochsommer wirklich deutlich auf meiner blassen, zu Sonnenbrand neigenden Haut hervor.
Im Gegensatz zu ihm trage ich allerdings keinen Vollbart, um damit männlicher und attraktiver auszusehen und würde es wahrscheinlich auch nicht machen, wenn ich ein Mann wäre, denn mir persönlich gefällt mein Bruder besser glattrasiert. Aber die Tatsache, dass er kurz nach dem Wachsen seines Vollbartes auch prompt den Mann seiner Träume getroffen zu haben scheint, bestätigt Gregor in seiner Überzeugung, der Bart sei eine richtige Entscheidung gewesen. Dementsprechend ist es mir nicht möglich, ihm das rote Gestrüpp am Kinn wieder auszureden.
Gregor erreicht den obersten Treppenabsatz und streicht sich eine leicht verschwitzte Strähne aus dem Gesicht. Die derzeitige schwüle Augusthitze legt sein ohnehin schon krauses, kurzes Haar noch zusätzlich in leichte Wellen. Auf meinem eigenen Kopf sieht es bei dieser Witterung nicht viel anders aus. Aber da ich mein Haar zu einem Pferdeschwanz gebändigt habe, fällt es bei mir nicht so auf.
„Hey!“, strahlt er mich an und hebt erwartungsvoll die Augenbrauen. „Bist du fertig?“
„Fast. Bloß noch die Schuhe“, antworte ich und lasse ihn in die Wohnung.
„Hallo Johannes!“, ruft er durch die geöffnete Wohnzimmertür.
„Hey!“, tönt es von dort zurück. „Trinkst du noch schnell ein Bier mit?“ Offenbar hätte Johannes gegen ein wenig Gesellschaft beim Fußballgucken nichts einzuwenden.
Aber heute wird er mit seiner Einladung kein Glück haben. Obwohl er für gewöhnlich Fußball mag, hat Gregor gerade andere Prioritäten. Er brennt sichtlich darauf, endlich loszuziehen und Alex zu treffen.
Ich erkenne es daran, wie er auf seinen Füßen fast unmerklich vor- und zurückwippt, während er mir dabei zusieht, wie ich in meine Schuhe schlüpfe und abschließend den Inhalt meiner Handtasche überprüfe.
„Nein, danke. Lieber später nach eurem Auftritt, ja?“, gibt er dann auch gleich darauf zur Antwort, und an mich gerichtet, fragt er mit hochgezogenen Brauen: „Was, um alles in der Welt, machst du da?“
„Ich stopfe meine Jeansjacke in meine Handtasche für den Fall, dass es später kühler wird“, erkläre ich das Offensichtliche.
„Handtasche nennst du dieses Monstrum?“, grinst er nachsichtig. „Warum nimmst du nicht gleich einen Rollkoffer mit? Ich frage mich wirklich, warum du immer diesen ganzen Kram mit dir rumschleppen musst…?“
„Nun, zum Beispiel, um gewissen Leuten in meiner Begleitung mit diversen Kleinigkeiten auszuhelfen. Als da wären: Papiertaschentücher, Heftpflaster, ein Regenschirm, Zahnkaugummi, Kopfschmerztabletten, Kondome…“, beginne ich lauter Dinge aus meinem Handtaschenbestand aufzuzählen, von denen nahezu ausschließlich Gregor im Laufe der letzten Monate profitiert hat, wenn wir miteinander losgezogen sind.
„Schon gut, hör auf!“, unterbricht er mich lachend. „Ich hab’s kapiert: Du betrachtest dich selbst als so eine Art wandelndes Rotes Kreuz für all meine Notfälle.“
„Wohl eher das THW“, grinse ich, hieve mir die Tasche über die Schulter und schnappe mir den Wohnungsschlüssel.
„Bis später!“, brüllen wir einen letzten Abschiedsgruß in Richtung Fußballcouch und verlassen das schlichte Mehrfamilienhaus, in dem ich seit vier Jahren mit Johannes wohne. Ein stinklangweiliger Bau, aber nah am Bahnhof Altona gelegen, von wo ich tagtäglich bequem die vier S-Bahn-Stationen bis zu meiner Arbeit an den Baumwall fahre. Dort arbeite ich seit einigen Monaten in der Redaktion eines namhaften, deutschlandweit erscheinenden Wochenmagazins.
Falls jemand dabei an Topjournalismus denkt, liegt er aber leider falsch. Ich arbeite bloß in der Leserbriefredaktion und verbringe meinen Tag damit, Leserzuschriften zu lesen, auszuwerten und nötigenfalls an die betreffenden Fachredaktionen weiterzuleiten. Intellektuell nicht besonders anspruchsvoll und entsprechend nur mäßig bezahlt. Aber immer noch um Längen besser als eine Stelle in der Gastronomie, sage ich mir immer. Somit mache ich beruflich zugegebenermaßen nicht mehr ganz das, was unserer Mutter vorschwebte, als ich mein Psychologiestudium aufnahm – sie sah mich schon als neuen Stern am Psychologenhimmel leuchten, gleich knapp links von Sigmund Freud. Dass ich das Studium nach fünf Semestern hinschmeißen und den Aushilfsjob bei den Leserbriefen annehmen würde, kam in Mamas Träumen leider nicht vor.
Immerhin macht Gregor unseren Eltern in beruflicher Hinsicht ein wenig Freude. Er ist neuerdings selbstständiger Fotograf mit eigenem Atelier und gerade dabei, sich einen guten Ruf als Portraitfotograf zu erwerben. Dabei fällt mir auch der Grund wieder ein, warum er soeben mit dem Auto bei mir vorgefahren ist, anstatt wie sonst mit dem Fahrrad oder der Bahn zu kommen. „Wie ist denn dein Auftrag heute Nachmittag gelaufen?“, frage ich ihn, als wir zusammen zur S-Bahn gehen. Sein Auto möchte er vorerst nicht wieder von seinem jetzigen Parkplatz wegbewegen. Nicht, nachdem es ihn so viel Mühe gekostet hat, eine geeignete Abstellfläche zu finden.
„Oh ganz gut. Ich denke, mir sind ein paar passable Aufnahmen gelungen und das, obwohl die Braut - hm, wie soll ich sagen – ein wenig üppig geraten ist.“ Er grinst mir verschmitzt zu. „Aber ich bin optimistisch, dass ich das während der Nachbearbeitung gut in den Griff bekomme“, berichtet er, während er, die Hände lässig in den Hosentaschen seiner Jeans versteckt, neben mir her schlendert. „Wenn es ganz hart auf hart kommt, betone ich einfach mehr den Hintergrund. Der jedenfalls konnte sich wirklich sehen lassen! Wir waren draußen vor der Stadt im Alten Land, wo die Familie des Bräutigams einen alten Hof als Ferienhaus besitzt. Eine super Kulisse für die Hochzeit.“ Er schnalzt anerkennend mit der Zunge.
„Ein Gehöft im Alten Land als „Ferienhaus“? Und wahrscheinlich auch noch eins auf Sylt…? Von der Villa an der Elbchaussee gar nicht erst zu reden“, vermute ich, zugegeben nicht ganz ohne Neid. Mit unseren Jobs könnten Johannes und ich uns auch in hundert Jahren noch nicht eine einzige der genannten Immobilien nur im Entferntesten leisten, geschweige denn gleich mehrere in dieser Art. Johannes glaubt zwar fest daran, eines Tages noch den großen Durchbruch mit seiner Rockband zu schaffen und infolgedessen ein reicher Mann zu werden, aber ich bin da offen gestanden eher skeptisch.
„So ähnlich, ja“, nickt Gregor entspannt. Da er häufiger mit reichen Leuten zu tun hat, kann ihn so etwas nicht mehr allzu leicht beeindrucken.
„Das klingt ja so richtig schön nach echten Pfeffersäcken. Irgendeine Familie, deren Namen mir was sagen könnte?“, erkundige ich mich neugierig.
„Vielleicht“, gibt er mir Antwort. „Der Bräutigam ist ein Sohn von Ehlers/Schmitt und Partner. Schon mal gehört?“
„Nee, keine Ahnung“, muss ich passen.
„Solltest du aber. Ehlers und Schmitt ist die älteste Rechtsanwaltskanzlei Hamburgs, wenn nicht sogar ganz Deutschlands! Die werden im nächsten Jahr 175-jähriges Bestehen feiern“, klärt er mich auf. „Das musst du dir mal vorstellen: eine wahre Dynastie an Notaren und Rechtsanwälten. Und der Sohn, den ich heute fotografiert habe, ist natürlich auch Jurist und wird den Laden weiterführen.“
„Klar, was bleibt dem armen Kerl angesichts dieser Familiengeschichte auch anderes übrig?“, entgegne ich, obwohl sich mein Mitleid für den mir unbekannten Ehlers Junior insgesamt gesehen doch eher in Grenzen hält.
In der Zwischenzeit haben wir eine Bahn der S3 bestiegen und fahren in Richtung Altstadt. Unser Ziel ist das Viertel am Nikolaifleet, wo Gregors Schwarm Alex einen Antiquitätenladen betreibt.
Letzteres ergibt schon mal einen wichtigen Pluspunkt für Alex auf meiner heimlichen schwesterlichen Checkliste: Ich liebe altes Zeug und bin eine begeisterte Trödelmarktbesucherin. Ein Antiquitätengeschäft ist demnach genau nach meinem Geschmack. Hoffentlich haben wir gleich noch Gelegenheit, uns im Laden ein wenig umzusehen, bevor wir losgehen.
Als ich einen Blick auf Gregor werfe, muss ich mir ein Grinsen verkneifen, denn er wippt schon wieder mit den Füßen. Ich hoffe wirklich sehr für ihn, dass er in Alex einen liebenswerten Menschen gefunden hat, der auch an einer ernsthaften und längeren Beziehung mit ihm interessiert ist. Nach all den Nieten in der Vergangenheit, hätte er das endlich mal verdient.
Je näher wir unserem Ziel kommen, umso deutlicher wird seine Nervosität. Immer öfter zupft er an seinem T-Shirt herum oder streicht sich durchs Haar. Als wir in die Station Stadthausbrücke einfahren, gibt er sich sogar die Blöße mich zu fragen, ob er gut aussieht. So etwas macht er sonst nur, wenn es für ihn ums Ganze geht.
Ich versichere ihm ernsthaft, dass er in meinen Augen der attraktivste Mann von ganz Hamburg sei, wenn man von seinem grässlichen Vollbart mal absähe. Und dass ich bei seinem Anblick auf der Stelle schwach und ihm zu Füßen liegen würde, wenn ich nicht seine Schwester wäre und er ohnehin bloß auf Männer stünde. Er schenkt mir dafür eine schiefe Grimasse, dann müssen wir auch schon aussteigen und die letzten Meter zu Fuß gehen.
Donnerstag, 19. August 1841
Mit einem dumpfen Knall schloss Eduard das dicke Kassenbuch und unterstrich somit akustisch das Ende eines langen Arbeitstages der beiden Sieveking-Brüder.
Henry bedeutete mit einem knappen Nicken seine Zustimmung zu dieser Geste, lehnte sich in seinen Stuhl zurück und begann seine Pfeife zu stopfen. Er sah müde aus. Genauso wie Eduard sich gerade fühlte. Müde, aber sehr zufrieden mit ihrem gemeinsamen Tagwerk. Sie hatten seit dem Morgen fast ohne Pause gearbeitet. Wie immer, wenn eines ihrer Schiffe eintraf.
Die Ware, mit der Henry heute im Hafen angekommen war - hauptsächlich Nelken, Palmöl und Gewürze - war inzwischen vom Schiff gelöscht und per Schuten ins Sievekingsche Haus am Nikolaifleet verbracht worden. Selbst jetzt noch, nachdem die letzten Angestellten bereits vor Stunden das Haus verlassen hatten, duftete es bis in den hintersten Winkel nach Nelken, Vanille und Muskat. Ein Duft, der dem Haus zwar nach so vielen Jahren im Gewürzhandel eigen war, der aber nie derart intensiv hervortrat wie an solchen Tagen, wenn die Ware frisch aus Sansibar eintraf.
Die Brüder waren den ganzen Tag über damit beschäftigt gewesen, die Arbeiten zu überwachen und die Verteilung der Warenlieferungen richtig zu lenken. Nur ein Teil der Schiffsladung hatte nämlich in ihren eigenen Speicherräumen in den Obergeschossen des Hauses verstaut werden müssen. Einen nicht unbeträchtlichen Anteil hatten sie direkt an die Käufer ausgeliefern können.
Darauf war Eduard durchaus ein wenig stolz, denn es war seiner gründlichen Vorarbeit der vergangenen Tage zu schulden, dass sie die frische Ware bereits im Vorfeld hatten an den Mann bringen können, noch bevor das Schiff überhaupt den Hafen erreicht hatte.
Henry war beeindruckt gewesen und hatte ihm zwischendurch anerkennend auf die Schulter geklopft, eine Geste, die Eduard sehr viel bedeutete, wie er sich selber eingestand, denn obwohl er bereits 32 Jahre alt war, der vielköpfigen Familie vorstand und ihre gemeinsame Firma während Henrys Abwesenheit erfolgreich alleine geleitet hatte – was die Bücher, die sie bis gerade eben durchgegangen waren, eindrucksvoll belegten – so fühlte er sich dem nur knapp zwölf Monate Älteren gegenüber doch stets als das, was er unabänderlich war: der kleine Bruder. Henrys Meinung war ihm schon immer wichtig gewesen, und das würde wahrscheinlich auch so bleiben, bis sie als Greise eines schönen Tages beieinandersäßen und das Handelshaus Sieveking in die Hände der nächsten Generation übergeben würden.
So sinnierte Eduard, während er seine Augen über den mächtigen Schreibtisch hinweg durch das von der Lampe nur noch schwach erhellte Kontor schweifen ließ.
Er hätte sich in dem Raum mit den deckenhohen Wandregalen blind zurechtfinden können. Hier stand noch alles genauso an seinem Platz wie schon zu Zeiten ihres Vaters. Sein Blick blieb an Henry hängen, der scheinbar entspannt an seiner Pfeife zog.
So wie er dasaß, ohne Rock und Halsbinde, das Hemd gelockert und die Beine lässig übereinandergeschlagen, sah er für den Augenblick jung und unbeschwert aus, fast so wie früher. Leider ein Trugbild, wie Eduard nur zu genau wusste. Das Leichte und Jungenhafte, das Henry früher charakterisiert und das Eduard immer besonders an ihm geliebt hatte, war dem älteren Bruder vor Jahren mit einem Schlag abhandengekommen. Und mit der Ankunft in Hamburg und ganz besonders hier im Haus war der Gram, den Henry in den vergangenen Jahren in der Fremde zu vergessen gesucht hatte wieder zurückgekehrt. Spätestens als er die große Diele betreten hatte, hatten sich die Schatten der Vergangenheit erneut auf ihn gestürzt wie eine Meute ausgehungerter Wölfe.
Eduard hatte es fast körperlich gespürt, so als geschehe es ihm selbst. Er hatte Henry ansehen können, wie sehr dieser sich hatte zwingen müssen, über die Schwelle der Diele zu treten, und wie er sich dann hatte beherrschen müssen, nicht zu der Stelle hinzusehen, dorthin, wo …
Eduard fühlte, wie er bei dem Gedanken an das, was damals geschehen war, erneut erschauerte, wie er sich des schrecklichen Bildes, das sich in sein Gehirn eingebrannt hatte und das sich nun unerbittlich wieder vor sein inneres Auge zu schieben drohte, nur mit größter Anstrengung erwehrte. Wenn es selbst ihm so erging, der seit mehr als fünf Jahren tagtäglich dort arbeitete und dem die Diele dadurch wieder ein Stück Normalität geworden war - wie furchtbar musste es dann erst für Henry sein, der vor eben jenem Ort geflohen war?
Geflohen, ja das war er. Er hatte alles irgendwann einfach nicht ertragen können, hatte schließlich kurzerhand das nächstbeste ihrer Schiffe genommen und war nach Sansibar abgereist, um sich dort um ihre Dependance zu kümmern, obwohl es turnusgemäß an Eduard gewesen wäre, die dortigen Geschäfte zwölf Monate lang zu führen.
Und aus dem einen Jahr waren schließlich fünf geworden. Vorgeblich, weil die Geschäfte es erforderten und insbesondere die neu gegründete Faktorei in Lagos ihn unabkömmlich machte. In Wahrheit aber, weil Henry sich nicht zurückzukehren getraut hatte. Nach zwei Jahren nicht. Nicht nach drei. Und auch nicht nach vier.
Eduard konnte die Beweggründe des Bruders nachvollziehen, auch wenn er die negativen familiären Konsequenzen, die aus seiner Abwesenheit erwuchsen, fast jeden Tag vor Augen hatte und diese nicht gutheißen konnte. Aber dies stand auf einem anderen Blatt - und nun war Henry ja da, um sich darum zu kümmern. Letzteres stand jedenfalls dringend zu hoffen.
Freitag, 19. August 2016
Wenn es eines gibt, was man uns in Hamburg ganz bestimmt nicht vorwerfen kann, dann ist es, dass wir übertrieben sentimental mit unserer historischen Bausubstanz umgehen würden. Ganz im Gegenteil, ist in meiner Heimatstadt schon immer gnadenlos alles abgerissen worden, was der Weiterentwicklung des Hafens oder der Geschäfte der großen Handelshäuser und Reedereien im Wege stand. Allem, was dann noch übriggeblieben ist, hat der Bombenhagel des 2. Weltkriegs den Rest gegeben.
Daher kommt es, dass Hamburg heute durch und durch modern ist und die ganz wenigen architektonischen Zeugnisse aus der Vergangenheit, die mehr als einhundertfünfzig Jahre auf dem Buckel haben, über das gesamte Stadtgebiet verteilt sind wie Rosinen in einem traditionellen norddeutschen Käsekuchen.
Eine dieser wenigen Rosinen ist die Deichstraße am Nikolaifleet. Für einen an historischer Architektur interessierten Besucher unserer Stadt ist diese Straße ein echter Pflichtprogrammpunkt, denn dort stehen, eingezwängt zwischen moderne Betongebäude, noch ein paar wenige, allerletzte alte Kaufmannshäuser. Hinter herausgeputzen Fassaden erstreckt sich hier jeweils ein vier- bis fünfgeschossiges Gebäude, das mit seiner Rückseite bis ans Nikolaifleet reicht. In den Obergeschossen befinden sich Mietwohnungen, und auf der Vorderseite sind die ehemaligen Kontore zu kleinen Läden, Kneipen und Restaurants umgebaut worden. Ich hoffe aber nicht, dass wir mit Alex noch in eins der Lokale gehen werden, bevor wir zu Johannes‘ Bandauftritt fahren, da die hier üblichen Preise mein Budget wahrscheinlich arg überstrapazieren werden.
Zunächst allerdings mache ich mich daran, zusammen mit meinem inzwischen zum Nervenbündel mutierten Bruder Alex‘ Laden zu finden, der sich tatsächlich in einem der wirklich richtig alten Bürgerhäuser befindet. Sehr passend für einen Antiquitätenladen.
Hinter dem riesigen weißen Sprossenfenster tummelt sich in der Auslage ein buntes Sammelsurium an altem Schnickschnack: ein Stuhl mit geschwungenen Beinen und fadenscheinigem Bezug, ein Globus, Porzellantassen, antike Lampenschirme: Mein Herz macht einen freudigen Hüpfer. Sofort verspüre ich Lust, den Laden zu betreten und darin zu stöbern, auch wenn es dort wohl kaum etwas gibt, das ich mir leisten könnte.
Nur zu gern folge ich Gregor über ein paar Stufen und durch die breite Tür ins Innere des Hauses, wohl wissend, dass mein Bruder mehr am Inhaber des darin befindlichen Ladens interessiert ist, als an dessen Ware. Aber das hält mich ja nicht davon ab, es umgekehrt zu halten.
Innen im Haus beeindruckt mich als erstes die hohe Eingangshalle mit der rundum verlaufenden, hölzernen Galerie sowie die graue Holzdecke darüber, die über und über mit verschlungenen Pflanzenornamenten bemalt ist, was rustikal und zugleich superschick aussieht. Von der Mitte der Decke hängt sogar ein verschnörkelter Messingleuchter herab und lässt mich unwillkürlich einen anerkennenden Pfiff ausstoßen. Das nenne ich doch mal einen Hauseingang!
Wir wenden uns nach links und betreten Alex‘ Laden: Wunderschöne Möbel, alte Kerzenleuchter, silbernes Besteck. Ich kann mich gar nicht sattsehen an all den vielen Kostbarkeiten, die geschickt dekoriert überall im Verkaufsraum präsentiert werden, der mit dicken, bunten Teppichen ausgelegt ist, die unsere Schritte dämpfen.
‚Also selbst wenn Alex sich als Niete herausstellen sollte, sein Geschäft ist es mit Sicherheit nicht‘, denke ich im Stillen.
Gerade habe ich in einer Ecke einen mannshohen, alten Spiegel entdeckt. Er steckt in einem aus dunklem Holz aufwändig gearbeiteten Rahmen, der auf einem passenden Gestell befestigt ist, sodass man den Spiegel wie ein Möbelstück frei im Raum aufstellen kann. Soweit ich es von hier aus erkennen kann, weist der Rahmen oben über der Spiegelfläche einen geschnitzten Aufsatz auf, in den links und rechts jeweils eine Art ovales Medaillon eingelassen ist, auf dem in geschnörkelter Schrift etwas geschrieben steht.
Ich will gerade näher gehen und mir den Spiegel genauer ansehen, als ich hinter meinem Rücken eine hörbar erfreute männliche Stimme höre: „Oh, hallo Gregor!“ gefolgt von einem in meinen Ohren schon fast unnatürlich schüchternem „Hallo Alex.“
Was meinen Bruder angeht, ist die Sache für mich allerspätestens jetzt sonnenklar: er ist Alex schon längst hoffnungslos verfallen. Fragt sich also nur noch, wie es mit der anderen Partei steht?
Der Klang seiner Stimme war bereits vielversprechend. Sie ist mir schon einmal genauso sympathisch wie sein Laden. Und als ich mich umdrehe, weiß ich auch sofort, warum Gregor sich in Bezug auf Alex so sicher ist: Er strahlt meinen Bruder mindestens ebenso verzückt an wie dieser ihn.
Ich betrachte Alex genauer. Vor mir steht ein eher kleiner Mann in Jeans und einem kurzärmligen Poloshirt, unter dem sich ein leichter Bauchansatz abzeichnet. Aber nur ein ganz kleiner.
Alex ist älter als wir, bestimmt schon an die dreißig, und sein schwarzes, glattes Haar beginnt bereits vorzeitig, sich an den Schläfen zurückzuziehen. Bestimmt bringt ihn sein Bartwuchs insgeheim zur Verzweiflung, denn obwohl er sich am Morgen sichtlich rasiert hat, wie ein winzig kleiner Schnitt an seinem Kinn verrät, sind nun bereits gegen Abend wieder erste Stoppeln in seinem Gesicht erkennbar. Wenn er sich einen Vollbart wachsen lassen würde, hätte er mein vollstes Verständnis.
Die dunklen Augen hinter den Gläsern seiner modischen Brille zwinkern sichtlich begeistert in Gregors Richtung und können nur schwer von ihm lassen.
Da haben zwei Leute ohne Zweifel Gefallen aneinander gefunden, aber nach ein paar Sekunden, werden sie sich glücklicherweise wieder meiner bescheidenen Gegenwart bewusst.
Gregor stellt mich vor, und Alex begrüßt mich mit einem warmen Händedruck. „Es freut mich, dich kennenzulernen“, lächelt er. Dabei sieht er so umwerfend nett aus, dass ich fast versucht wäre, mich auf der Stelle ebenfalls in ihn zu verlieben. Aber das kommt natürlich aus gleich mehrfachen Gründen nicht in Frage.
„Ich habe einen Nudelauflauf vorbereitet, damit wir vorher noch kurz etwas zusammen essen können. Jetzt hoffe ich, du hast ordentlich Hunger mitgebracht, denn die Portion ist riesig, weil ich dachte, dein Freund kommt auch mit.“
„Der muss sich noch auf seinen Auftritt vorbereiten“, beantworte ich seine indirekte Frage, warum Johannes nicht mitgekommen ist. „Wir treffen ihn nachher direkt in der Kneipe“, erkläre ich weiter und bereue es insgeheim, dass ich mir zu Hause schon die Schinkenbrote genehmigt habe, duftet es aus einem der rückwärtigen Räume doch bereits durchaus vielversprechend.
Er schaut auf seine Armbanduhr. „Der Auflauf braucht noch etwa eine Viertelstunde. Magst du dich so lange ein wenig im Laden umsehen?“
„Ja, gerne“, stimme ich begeistert zu. „Beim Reinkommen habe ich hinten in der Ecke einen Spiegel gesehen, den ich mir gerne näher anschauen würde.“
„Ach, du meinst bestimmt den Sprechenden Spiegel. Ja, das ist ein schönes Stück“, nickt Alex.
„Sprechender Spiegel? Das klingt ja eigenartig.“, runzelt Gregor die Stirn. Offenbar ist jetzt auch seine Neugier geweckt, denn er folgt uns zu besagtem Exemplar.
Mit meiner dicken Handtasche schlängele ich mich konzentriert durch den schmalen Pfad zwischen Alex‘ ganzen Schätzen hindurch und hoffe inständig, dass ich nicht versehentlich etwas umstoße. Deshalb kann ich nicht mit wirklich gänzlich ungeteilter Aufmerksamkeit zuhören, als er erklärt:
„Ja, diese Art von Spiegel trägt irgendwo im Rahmen einen Sinnspruch, der entweder etwas mit seiner Funktion oder mit der Person zu tun hat, dem er gehört. Diese Sinnsprüche waren quasi das Markenzeichen der kurmainzischen Spiegelmanufaktur in Lohr am Main. An den europäischen Königs- und Fürstenhöfen waren sie im 18. Jahrhundert äußerst beliebte Geschenkartikel, zum einen wegen der hervorragenden Qualität der Spiegel selbst, weshalb man ihnen nachsagte, „immer die Wahrheit zu sagen“, und zum anderen eben wegen der geheimnisvollen Sprüche.“
Inzwischen bin ich gänzlich heil am Spiegel angekommen und stelle meine Tasche vorsichtig vor mir ab. „Ach so“, meine ich, „und ich dachte bei dem Namen schon an tatsächliches Sprechen, so in der Art wie bei „Spieglein, Spieglein an der Wand…“
„Du, damit liegst du gar nicht so falsch“, bestätigt er. „Auf diese Idee sind noch mehr Leute gekommen, vor allem natürlich die Lohrer selbst. Einige von ihnen sind fest davon überzeugt, dass der sprechende Spiegel aus dem Märchen ein Produkt der örtlichen Spiegelmanufaktur sein muss und dass das Schneewittchen selbstverständlich ebenfalls in der Nähe von Lohr gelebt haben soll. Wenn mich nicht alles täuscht, steht im dortigen Museum auch ein weiteres Exemplar dieser Spiegel, ähnlich wie diesem hier, von dem man glaubt, dass es sich um den Schneewittchenspiegel handelt.“
„Aha?“, lässt sich mein in solchen Dingen chronisch skeptischer Bruder vernehmen. „Klingt das nicht auch in euren Ohren ein bisschen weit hergeholt?“
„Ach, Gregor, sei kein Spielverderber! Die Vorstellung, dass es Schneewittchen wirklich gegeben hat, hat doch was!“, gebe ich zurück.
Und Alex meint lächelnd: „Wie bei so vielen Dingen ist auch das eine Frage des Glaubens. Und zumindest den Leuten in Lohr bringt es vielleicht noch den einen oder anderen Touristen mehr ins Museum, um sich den in jedem Fall sehenswerten Spiegel anzusehen.“
„Was genau steht denn jetzt da drauf?“ Ich recke den Hals, um die kleine Zierschrift in den beiden Medaillons besser entziffern zu können. Der Spiegel ist etwa mannshoch, sodass selbst ich mich dabei ein wenig strecken muss. „Oh, das ist ja Französisch. Wie schade“, bedaure ich, da ich bloß Englisch spreche.
„Da steht ‚Regardez les temps‘, was so viel heißt wie ‚Betrachtet die Zeiten‘“, übersetzt Alex.
„Du sprichst Französisch?“, erkundigt sich Gregor entzückt. Gebildete Männer fand er schon immer sexy.
„Nur ein bisschen“, meint Alex bescheiden, und die beiden tauschen einen Blick, der Bände spricht.
„Betrachtet die Zeiten?“, schalte ich mich schnell ein, bevor die beiden wieder vergessen, dass ich auch noch da bin. „Das soll doch wohl so viel bedeuten wie: ‚Schau dir die ganzen Runzeln an, die sich im Laufe der Jahre in deinem Gesicht versammelt haben!?‘ Also das nenne ich aber mal extrem uncharmant! Und sowas haben die sich bei den Fürsten ernsthaft als Geschenk überreicht?“
„Ich sehe schon, wenn du eine Königin wärest, hättest du wenig Freude an einem solchen Geschenk?“, schmunzelt Alex.
„Das kannst du aber annehmen!“, grinse ich zurück.
„Na, darüber brauchst du dir jedenfalls keine Sorgen zu machen. So wunderschön dieser Spiegel auch ist, kenne ich doch niemanden, der ihn dir kaufen würde“, meint Gregor und schielt auf das Preisschild, das dezent unten links im Rahmen vor der Spiegelscheibe steckt.
Der Preis ist in der Tat bemerkenswert hoch, und ich kann ein leises Luftschnappen nicht vermeiden, als mein Blick darauf fällt.
Netterweise steckt Alex meinen nonverbalen Kommentar locker weg. „Original Ende 18. oder allerspätestens Anfang 19. Jahrhundert. Das kostet“, zuckt er gespielt entschuldigend mit den Schultern.
„Zum Glück für uns kostet das Gucken nichts“, meint Gregor trocken.
„Wer sagt das?“, kontert Alex im selben Ton und hält prompt die Hand auf. „Fünf Euro bitte.“
„Immerhin hat er noch bitte gesagt“, meine ich zu Gregor gewandt.
Mein Bruder lacht und zwinkert Alex zu: „Ich mache dir einen Vorschlag zur Güte: Wir wandeln die fünf Euro nachher in der Kneipe in Bier um.“
„Das ist eine hervorragende Idee. Einverstanden“, nickt Alex und macht auf dem Absatz kehrt. „Aber vorher sollten wir uns um den Auflauf kümmern. Kommt ihr mit?“
Ich bücke mich, um meine Tasche anzuheben und über meine Schulter zu streifen.
Aus Furcht eine filigrane Porzellanfigur umzustoßen, die auf einem zierlichen Beistelltischchen direkt rechts neben dem Sprechenden Spiegel steht, trete ich einen vorsichtigen Schritt zurück und stolpere über eine Teppichkante, womit das Verhängnis unaufhaltsam seinen Lauf nimmt: Ich verliere das Gleichgewicht und rudere unwillkürlich mit den Armen, um mich wieder zu fangen.
Da sich aber in meiner linken Hand bereits meine schwere Handtasche befindet, entsteht durch mein Rudern eine Unwucht, die die Tasche unkontrolliert in die Höhe schnellen lässt und mir somit endgültig jegliche Balance nimmt.
Vollkommen machtlos, das Folgende noch irgendwie zu verhindern, falle ich nach hinten, wo ich in meinem Rücken den Spiegel weiß. Dabei sehe ich noch, wie meine dicke Handtasche die Porzellanfigur mitreißt, die urplötzlich in hohem Bogen auf mich zugeflogen kommt.
Es handelt sich dabei um ein junges Mädchen in Bauerntracht, das sich anmutig um ein Schäfchen bemüht, welches sich vertrauensvoll in seine langen Röcke schmiegt. Das alles in Pastelltönen gehalten. Absolut kitschig. Aber bestimmt schweineteuer, weil wahrscheinlich original chinesisches Porzellan der Ming-Dynastie oder so etwas in der Art.
Innerlich resignierend, addiere ich den geschätzten Betrag für die chinesische Schäferin zu dem des Sprechenden Spiegels und wappne mich schon für den zweifellos unangenehm werdenden Schriftverkehr mit meiner Haftpflichtversicherung.
Dann sehe ich nur noch mit ungläubigem Staunen, wie die Schäferin mich in meinem Sturz überholt, das Spiegelglas hinter mir durchschlägt und wir anschließend gemeinsam in einem ohrenbetäubenden Klirren durch den hölzernen Rahmen fallen.
Nur Sekundenbruchteile später, wird unser Sturz abrupt von der Zimmerecke unmittelbar hinter dem Spiegel gestoppt. Die Schäferin zerschellt an der hölzernen Wandvertäfelung, gefolgt von meinem Hinterkopf, der mit einer solchen Wucht gegen das dunkle Holz knallt, dass mir augenblicklich die Sinne schwinden.
Das Letzte, was ich noch wahrnehme, während mein Körper in Zeitlupe zu Boden rutscht, ist das leise Knirschen der Porzellansplitter unter meinem Po sowie der Klang zweier Männerstimmen, die unisono einen Schreckensruf ausstoßen. Danach wird es endgültig schwarz um mich.