Читать книгу Unternehmensstrafrecht und Unternehmensverteidigung - Markus Berndt - Страница 25

e) Gegenstimme

Оглавление

39

Soweit ein Mitglied des Kollegialorgans erfolglos gegen eine auf rechtswidriges Verhalten abzielende Beschlussvorlage stimmt, ist ihm der Beschluss nicht zuzurechnen, da alles andere auf eine mit dem Konzept von Schuld und Vorwerfbarkeit unvereinbare Kollektivzurechnung hinausliefe.[45] Die Haftung kann insbesondere nicht auf die Mitwirkung an der Abstimmung selbst sowie die damit herbeigeführte Beschlussfähigkeit des Gremiums gestützt werden (siehe Rn. 25 ff.). In diesem Sinne argumentierte in der Vergangenheit allerdings das OLG Stuttgart:

[OLG Stuttgart MDR 1981, 163, 164]

„(...) denn für Kollektiventscheidungen ist kennzeichnend, dass im Zweifel – also unter Berücksichtigung des Grundsatzes von in dubio pro reo – die Einzelstimme sich immer wegdenken ließe, ohne dass der Erfolg entfiele. Doch würde damit wiederum das Wesen der Kollektiventscheidung verfehlt; denn bei diesem Entscheidungsverfahren begibt sich der einzelne in der Regel gerade der Möglichkeit, dass seine Stimme allein etwas bewirkt: Er will zwar mitentscheiden, sich jedoch gegebenenfalls der Mehrheitsentscheidung unterwerfen“.[46]

40

Stellt man richtigerweise allein auf das Abstimmungsverhalten ab, wird deutlich, dass der Negativvotierende den Boden der Mittäterschaft verlässt oder gar nicht erst betritt, weshalb eine auf ihn bezogene Zurechnung des rechtswidrigen Beschlusses als Gesamttat ausscheidet: Es fehlt sowohl an einem gemeinsamen Tatplan als auch an einer gemeinsamen Tatausführung, weil die Gegenstimme die Nichtidentifizierung des Betreffenden mit der Gesamttat deutlich macht.[47]

41

Ist der Erfolg dem Negativvotierenden unter Referenz auf die Abstimmung nicht zurechenbar, gilt anderes für die Frage, ob ein Verhalten jenseits des Beschlusses einen Anknüpfungspunkt für eine strafrechtliche Haftung bildet.[48] Ist dies der Fall, kann auch ihm der Erfolg zugerechnet werden, jedoch eben nicht aufgrund der Teilnahme an der Abstimmung, sondern wegen eines anderen Verhaltens, das insbesondere im Falle eines Unterlassens in der Verletzung einer Erfolgsabwendungspflicht bestehen kann. Es reicht daher nicht aus, in dem Kollegialorgan lediglich eine Gegenstimme abzugeben, um sich auf diese Weise von jedweder mittäterschaftlichen Haftung zu dispensieren. Stattdessen muss der Betreffende entsprechend den in BGHSt 37, 106 ff. aufgestellten Grundsätzen alles ihm Mögliche und Zumutbare tun, um den tatbestandlichen Erfolg abzuwenden, was konkret auf eine Gegenvorstellung und Information des Aufsichtsrates hinauslaufen kann. Die Frage, ob über die gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen hinaus weitere Schritte ergriffen werden müssen – etwa die Stellung einer Strafanzeige oder die Information der Öffentlichkeit – ist zu verneinen.[49] Aus Verteidigungssicht kommt es darauf an, deutlich zu machen, wo die rechtlichen Grenzen einer auf die Verhinderung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten bezogenen Pflicht verlaufen, zumal jede darüber hinausgehende Aktivität gegenüber Polizei bzw. Staatsanwaltschaft oder gar der Öffentlichkeit zumindest mit zivilrechtlichen Risiken verbunden ist.

Unternehmensstrafrecht und Unternehmensverteidigung

Подняться наверх