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II. Mitwirkung(-spflichten) bei der Sachverhaltsaufklärung und deren Beauftragung

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Wird in einem Unternehmen eine Tax Investigation durchgeführt, können alle für ein Unternehmen tätigen Mitarbeiter in den Fokus von Untersuchungen geraten. Entweder weil sie verdächtigt werden einen Regelverstoß begangen zu haben oder weil sie Informationen geben können, die dazu beitragen einen bestimmten Sachverhalt aufzuklären. Welche Handlungspflichten bei einer Sachverhaltsaufklärung bestehen, richtet sich insbesondere nach der Funktion der Betroffenen.

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Verantwortung und Haftung treffen zunächst die Organe von Gesellschaften (Geschäftsleitung und Überwachungsgremien). Diese werden regelmäßig ein hohes Interesse an einer Sachverhaltsaufklärung haben, denn bereits eine nicht vorgenommene Aufklärung des Sachverhalts kann eine Verletzung der Organpflichten darstellen, wenn ein ordentlicher Geschäftsleiter in dieser Situation eine Sachverhaltsaufklärung hätte vornehmen müssen. Darüber hinaus haften die gesetzlichen Vertreter und die Verfügungsberechtigten z.B. auch nach § 69 AO i.V.m. §§ 34, 35 AO für Steuern, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig ihre Pflichten verletzen. Bei einem Organisationsverschulden kann darüber hinaus eine Haftung nach §§ 30, 130 OWiG einschlägig sein.[10]

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Bei Organen stellt sich weiter die Frage, ob diese neben internen Investigation zur Sachverhaltsaufklärung auch externe Berater beauftragen dürfen.[11] Bei Kapitalgesellschaften besteht ein dahingehendes Auswahlermessen, welches sich im Einzelfall zu einer Verpflichtung der Geschäftsleitung (Geschäftsführung oder Vorstand) zur Beauftragung externer Dritter verdichten kann. Ähnlich wird dies bei einer GmbH gesehen, wenn und soweit in den gesellschaftsvertraglichen Regelungen kein Zustimmungserfordernis der Gesellschafterversammlung vereinbart wurde.[12]

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Dem Aufsichtsrat obliegt die komplette Überwachung der Geschäftsleitung. Dieser hat den Vorstand zu kontrollieren und zu beraten.[13] Weiter kann der Aufsichtsrat auch besondere Sachverständige zur Aufklärung von Sachverhalten beauftragen. Auch der BGH fordert im Fall der gerichtlichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen ein Vorstandsmitglied grundsätzlich eine Sachverhaltsaufklärung durch den Aufsichtsrat.[14]

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Die einzelnen Aktionäre bzw. die Hauptversammlung bei der Aktiengesellschaft trifft grundsätzlich keine Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung z.B. durch die Beauftragung externer Ermittler. Dies ergibt sich aus der Natur der Aktiengesellschaft als Publikumsgesellschaft mit einer hohen Gesellschafteranzahl. Für die Gesellschafterversammlung bei einer GmbH ist geregelt, dass den Gesellschaftern die Bestimmung der Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsleitung obliegt. Eine Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung besteht nicht.[15] Dem einzelnen Gesellschafter einer GmbH steht lediglich ein Auskunfts- und Einsichtsrecht zu.[16]

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Die Pflichten zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung von geschäftsführenden Gesellschaftern einer Personengesellschaft (OHG, KG) sind abhängig von der jeweiligen rechtlichen Ausgestaltung im Einzelfall. So sind z.B. bei einer OHG grundsätzlich alle Gesellschafter zur Führung der Geschäfte berechtigt und verpflichtet. Mithin kann den einzelnen Gesellschafter grundsätzlich keine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung treffen. Gem. § 115 Abs. 1 HGB ist zwar in dem Fall, dass die Geschäftsführung allen oder mehreren Gesellschaftern zusteht, jeder von ihnen allein zu handeln berechtigt. Dies gilt für die mit dem gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes verbundenen Geschäfte der Gesellschaft. Zur Vornahme von darüber hinausgehenden Geschäften ist ein Beschluss sämtlicher Gesellschafter erforderlich.

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Compliance Beauftragte, Compliance Officer oder Chief Compliance Officer können verpflichtet sein, bei der Sachverhaltsermittlung tätig zu werden. Nach BGH-Rechtsprechung kann dem Chief Compliance Officer eine Garantenpflicht i.S.d. § 13 Abs. 1 StGB treffen.[17] Dies hängt jedoch insbesondere von den arbeitsvertraglichen Regelungen ab. Bei anderen Personen im Unternehmen (z.B. Leiter der Rechtsabteilung oder der Internen Revision) kommt es nach dem BGH entscheidend auf die Zielrichtung der Beauftragung an, ob sich die Pflichtenstellung des Beauftragten allein darin erschöpft, die unternehmensinternen Prozesse zu optimieren und gegen das Unternehmen gerichtete Pflichtverstöße aufzudecken und zukünftig zu verhindern, oder ob der Beauftragte weitergehende Pflichten dergestalt hat, dass er auch vom Unternehmen ausgehende Rechtsverstöße zu beanstanden und zu unterbinden hat.[18]

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Schließlich ergibt sich aus dem Arbeitsrecht eine Reihe von Mitwirkungspflichten für Arbeitnehmer. So steht dem Arbeitgeber nach §§ 666, 667 i.V.m. § 675 BGB ein Auskunfts- und Herausgabeanspruch zu. Daraus folgt, dass der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber zur Auskunft und Rechenschaft über alle Vorgänge, die in Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen, verpflichtet ist.[19] Alle vorhandenen Akten und Daten, die zur Aufklärung eines Sachverhalts notwendig sind, sind auszuhändigen.

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