Die einheitliche Verwendung der Rechnungslegungsstandards nach IFRS soll es den Adressaten wie Investoren, Arbeitnehmer, Kreditgeber, Gläubiger, Kunden, Regierung, Öffentlichkeit erleichtern, wirtschaftliche Entscheidungen treffen zu können (vgl. IASB, R.9). Erreicht werden sollen, den Kauf und Verkauf von Kapitalanteilen einzuschätzen, ausschüttbare Gewinne und Dividenden zu bestimmen (Eigentümerperspektive), die Sicherheit der dem Unternehmen geliehene Beträge zu beurteilen (Gläubigerperspektive) oder auch generell das Handeln des Managements zu beurteilen (Controlling-Perspektive).
Auch nach IFRS wird ein Rechnungslegungsmodell auf der Grundlage historischer Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie dem Primat der nominalen Kapitalerhaltung aufgestellt (IASB, R.Vorwort). Grundsätzlich gilt, dass die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie Art, Volumen und wesentliche vertragliche Vereinbarungen transparent gemacht werden müssen. Die Aktiva wird unterteilt in langfristiges (Fixed assets) und kurzfristiges Vermögen (Current assets), die Passiva in Eigenkapital (Equity) und Schulden (Liabilities). Die relevanten „Standards“ sind in Abbildung 15 wie folgt gegliedert. Das IASB Rahmenkonzept/Framework (IASB, R) legt die Konzeption dar, ist aber selbst kein Standard (IASB, R.2).
ABB. 15: Die Richtlinien IAS bzw. IFRS
Nach IAS 1.9 ist ein Abschluss eine strukturierte Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Cashflows eines Unternehmens. Es werden Informationen über Vermögenswerte, Schulden, Eigenkapital, Erträge und Aufwendungen (einschließlich Gewinne und Verluste), sonstige Änderungen des Eigenkapitals und Cashflows eines Unternehmens zu Verfügung gestellt. Ein vollständiger Abschluss besteht aus Bilanz, Darstellung von Gewinn oder Verlust und sonstigem Ergebnis, Eigenkapitalveränderungsrechnung, Kapitalflussrechnung, Anhang mit den maßgeblichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie einem Lagebericht (IAS 1.10). Im IASB Rahmenkonzept (IASB R) und IAS 1 sind grundlegende bzw. allgemeine Grundsätze in Bezug auf den Ansatz und die Bewertung formuliert, die mit den „Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung“ nach § 252 Abs. 1 HGB durchaus vergleichbar sind.
ABB. 16: Die grundlegenden Vorschriften HGB und IFRS
Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass der Jahresabschluss nach IFRS im Wesentlichen den Anspruch eines Informationsmediums für wirtschaftliche Entscheidungen hat und nicht wie beim handelsrechtlichen Abschluss die Bestimmung der Ausschüttungsgröße für die Kapitaleigner im Vordergrund steht. IAS 1.118 greift die für die Adressaten relevanten Bewertungsgrößen auf, wie historische Anschaffungs- und Herstellungskosten (IASB, R.100a), Tageswert (IASB, R.100b), Netto-Veräußerungswert (IASB, R.100c), Barwert (IASB, R.100d), beizulegender Zeitwert (IFRS 13.9f) oder erzielbarer Betrag. Der Markt- oder Verkehrswert wird sehr häufig als der beizulegende Wert bezeichnet. Die Vermögens- und Finanzbestände müssen in der „wirtschaftlichen Verfügungsmacht“ des Unternehmens stehen (IASB, R.15). Im Sinne einer umfassenden Informationsgewinnung für die Adressaten sind nach IAS 1 in der Bilanz die folgenden Positionen zu erfassen, wenn der Wert des entsprechenden Sachverhaltes verlässlich ermittelt werden kann.
ABB. 17: Die Bilanzpositionen nach IFRS
| Informationen, dargestellt in der Bilanz oder im Anhang (IAS 1.78): |
| - Untergliederung der Sachanlagen (IAS 16), |
| - Untergliederung der Forderungen, |
| - Untergliederung der Vorräte (IAS 2) nach Handelswaren, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse und Fertigerzeugnisse, |
| - Untergliederung der Rückstellungen für Personalaufwand und sonstige Rückstellungen, |
| - Untergliederung des Eigenkapitals in gezeichnetes Kapital (davon eingezahlt) sowie Kapital- und Gewinnrücklagen. |
Um die nach IFRS relevanten Ansatz- und Bewertungsvorschriften verstehen und anwenden zu können, sollen im Folgenden die Begriffe Vermögen, Schulden, Eigenkapital und Erfolge präzisiert werden:
| Vermögen (IASB, R.49, 53 f.) |
| - Verfügungsmacht über eine Ressource, |
| - Erwartung des Zuflusses eines künftigen wirtschaftlichen Nutzens, |
| - Eingesetzt, um Güter oder Dienstleistungen zu erzeugen, mit denen die Wünsche oder Bedürfnisse der Kunden befriedigt werden können, |
| - Ansatzmöglichkeit über die Anschaffungs- und Herstellungskosten hinaus, |
| - Keine Bildung stiller Reserven, |
| - Ansatzpflicht von selbst erstellten Vermögensgegenständen, |
| - Keine Bilanzierungshilfen, |
| - Keine Rechnungsabgrenzungsposten. |
| Eigenkapital (IASB, R.49, 65, 81) |
| - Restbetrag aus der Gegenüberstellung der Vermögenswerte und Schulden, |
| - Kapitalerhaltungsanpassungen, Gewinnrücklagen, Neubewertungsrücklagen sowie Dividenden rechte. |
| Schulden (IASB, R.49, 60 f.) |
| - Gegenwärtige Verpflichtung, nicht nur eine mögliche Verpflichtung, |
| - Rückstellungen für Garantie- und Pensionsverpflichtungen, |
| - Zukünftig Vermögensgegenstände zu erwerben führt nicht zu einer gegenwärtigen Verpflichtung, |
| - Keine Aufwandsrückstellung. |
| Erfolge (IASB, R.69 f., 74, 78, 85) |
| - Gewinn als Verzinsung des eingesetzten Kapitals oder als Ergebnis je Aktie, |
| - Zunahme (Erträge) bzw. Abnahme (Aufwand) des wirtschaftlichen Nutzens, |
| - Erfassung von Erfolgsbeiträgen, die im oder außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit anfal len und nicht auf Leistungen an und von den Gesellschaftern beruhen, |
| - Erfolgsneutrale Neubewertung von Vermögens- und Schuldenpositionen, |
| - Realisierungswahrscheinlichkeit eines künftigen wirtschaftlichen Nutzens. |
Nicht erfasst werden nach IFRS gegenüber dem HGB Positionen wie „Rechnungsabgrenzungsposten“ und „Bilanzierungshilfen“ in der Bilanz sowie das „außerordentliche Ergebnis“ in der Gewinn- und Verlustrechnung.