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Orientierungslos

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Dring, dring, dring. Stopp, das waren nur drei Stufen und sie hörten sich auch nicht nach einem Gong an – eher wie ein – Wecker! Ich richte mich ruckartig auf und streife mit dem Kopf die Federn des Traumfängers über meinem Bett. Was für ein skurriler Traum. Ich reibe den Sand aus den Augen und fahre mir mit der Hand über den Nacken. Erholsamer Schlaf ist etwas anderes. Ganz benebelt steige ich in meine Hausschuhe und rutsche auf den Fußboden. An Aufstehen ist noch nicht zu denken, also genehmige ich mir ein paar Sekunden Ruhe. Ich schließe die Augen, konzentriere mich auf die Atmung und lasse die weichen Haare des Teppichs durch meine Finger gleiten. So lebhaft hab ich noch nie geträumt. Gut, dass ich nicht abergläubisch bin, sonst würde ich Rheas Worten womöglich Glauben schenken, was die Erfüllung des ersten Traumes im neuen Bett angeht.

Ich drehe den Kopf zu beiden Seiten, um die Nackenmuskulatur wieder in Gang zu bringen, klopfe meine Wangen wach, ziehe frische Sachen an, drehe einen Knoten in die Haare und schnappe die Schultasche – startklar.

Papa sitzt bereits am Frühstückstisch und liest die Zeitung. Mama bringt die Kanne und gießt ihm seinen zweiten Kaffee ein. Rhea ist natürlich schon ins Krankenhaus gefahren. Hier ist alles beim Alten. Für mich ist es immer eine Überraschung, sie mal beim Frühstück anzutreffen. Entweder schiebt sie Frühdienst oder ist noch in der Nachtschicht und lässt sich nicht blicken.

Ich mampfe mein Müsli und starre aus dem Fenster. Es hat in der Nacht etwas geregnet und nun zieren Nebelschwaden die Felder hinter unserem Haus. Wenn ich diese Szene noch eine Weile beobachten könnte, würde sicher ein Reh vorbeilaufen. Doch es ist Mittwoch und diese Tatsache räumt mir leider nicht mehr Zeit ein als an den restlichen Tagen der Woche.

Nach dem Zähneputzen belege ich mir flink ein Brot und gebe meinen Eltern einen flüchtigen Kuss. Fenja wartet bestimmt schon an der Ecke, denn sie ist im Gegensatz zu mir immer sehr pünktlich.

Wir schlendern die Straße vor bis zum Rathaus und setzen uns an der Bushaltestelle vor der Schule auf eine alte Bank. Sie hat nicht mehr alle Latten und man muss höllisch aufpassen, um sich keinen Schiefer einzuziehen. Gleich wird der Bus vorfahren und den alltäglichen Trubel ins Rollen bringen. Wir genießen die Ruhe vor dem Sturm. Das machen wir schon seit der siebten Klasse so. Jeden Morgen sind wir die Ersten hier und atmen gemeinsam die noch so jungfräuliche Luft des Tages. Keiner kann sie uns nehmen. Wir sitzen einfach nur schweigend nebeneinander. Heute muss ich diese Tradition allerdings brechen, um nicht vor Aufregung zu platzen.

»Letzte Nacht hatte ich einen irren Traum.« Bitte, Bitte, Bitte – lach mich nicht aus. »Ich war in einem riesigen Gebäude, welches sie ›Akademie‹ nannten, trug einen potthässlichen Overall und wurde zusammen mit vierzehn weiteren Freaks in einem gläsernen Zimmer belehrt. Ein extrem gutaussehender Lehrer erzählte uns etwas von ›Ihr seid die Auserwählten‹ und alle anderen schienen diesen Quatsch zu glauben.« Ich berichte ihr von Caris, Frau Prof. Dr. Adaliz Pfefferhauser und dem unfairen Fakt, dass ich heute Morgen viel zu früh aus dieser absurden Traumwelt gerissen wurde.

»Klingt ja irre, Roya. Ich wusste schon immer, dass du zu Höherem berufen bist!« Fenja boxt freundschaftlich auf meinen Arm und grinst wie ein Breitmaulfrosch. Sie verarscht mich – natürlich. Aber dieser Traum war so intensiv und nah. Ich habe immer noch den Duft der Mandelbäume in der Nase und spüre das weiche Leder des Rucksacks zwischen den Fingern.

»Wie sah der ›sexy Lehrer‹ denn aus?«, stichelt Fenja weiter. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, den perfekten Freund für mich zu finden und ist stets auf der Suche nach sachdienlichen Hinweisen meinerseits. Jetzt bekommt sie die Faust in den Arm und wir müssen beide anfangen zu kichern. Glücklicherweise unterbricht der herannahende Bus unser Gespräch, bevor ich rot werden und ihr peinliche Details verraten kann.

Heute ist ›Tag der Orientierung‹ und es haben sich unzählige Offizielle aus Midden in der Schule eingefunden, um uns unsere Perspektiven vorzustellen. Einmal im Jahr haben alle Schüler der elften Klassen die Möglichkeit, sich Vorträge anzuhören, an Workshops teilzunehmen oder sich zum Einzelgespräch mit einem der Zuständigen zu verabreden. Vor zwei Wochen waren uns bereits die Listen für die Anmeldung ausgeteilt worden und somit ist das heutige Programm keine Überraschung mehr. Ich höre zuerst eine Einführung in Soziologie und Sozialpädagogik. Sollte ich diese Veranstaltung unbeschadet überstehen, widme ich mich danach der Medizin und letztendlich der Kunst. Im Anschluss an das ganze Spektakel wird uns das Prozedere der bevorstehenden Elevenauswahl erläutert. Alle sieben Jahre haben wir ›Polarjahr‹, das politische Ereignis schlechthin. Ich gehöre zu den Glücklichen, die im kommenden Wahljahr genau das richtige Alter haben, um an den Auswahltests teilzunehmen. Das erzählt man uns zwar schon seit der Geburt, aber ehrlich gesagt habe ich mich nie für Politik interessiert. Zeit, das zu ändern, schließlich liegt, laut Moreno, genau da meine Bestimmung.

Eine vollschlanke Beamtin mit Schamhaarfrisur hat am Lehrerpult im Klassenzimmer der 11/1 Platz genommen und legt unzählige Broschüren von Hochschulen und anderen Ausbildungsstätten in Fächerform aus. Wir sind circa vierzig Schüler im Raum. Die Bänke wurden am Rand gestapelt und somit ist genug Platz für die doppelte Anzahl an Schülern. Vorwiegend Ökos und Leute mit chronischem Helfersyndrom sitzen mit Bleistift und Papier bewaffnet da und starren Löcher in die Decke. Die Ersten fangen an, künstlich zu husten, um der Dame in vorderster Front ein Startsignal zu geben – zwecklos – dass Gelassenheit zu den typischsten Eigenschaften einer Beamtin gehört, dürfte doch allen bekannt sein.

Ich öffne meinen Haarknoten und beginne kleine Zöpfe zu flechten. Sie werden nicht halten, doch sie vertreiben die Zeit. Eins ist sicher, in Morenos Unterricht könnte ich auf solche Spielereien getrost verzichten.

»Willkommen, liebe Schüler, zum Tag der Orientierung. Ich freue mich über Ihr zahlreiches Erscheinen und hoffe, Sie gehen nach diesen fünfundvierzig Minuten gut informiert in die nächste Veranstaltung.« Fünfundvierzig Minuten? Ihre einschläfernde Stimme klingt jetzt schon wie eine Einladung zum Wegnicken. Leider haben wir keine Tische vor uns, um ein kurzes Nickerchen zu halten. Das haben die so geplant, diese hinterhältigen Halunken. »Ich werde Ihnen die Notwendigkeit der sozialen Berufe verdeutlichen und Sie mit dem Begriff ›Berufung‹ vertraut machen. Nächstenliebe und selbstloses Engagement sind die ersten Stufen auf der Leiter zum Sozialarbeiter, Erzieher, Heilpädagogen oder Streetworker.« Der Text stammt aus einer Broschüre, welche sie im Anschluss austeilt. Entweder sie glaubt, wir seien des Lesens nicht mächtig oder ihr würde Nachhilfe in ›Rhetorik‹, wie Prof. Pfefferhauser so schön sagte, gut bekommen.

In der letzten halben Stunde stellt sie uns in mehreren Diagrammen die unterschiedlichen Berufsgruppen vor und fragt ab, für welchen Zweig wir uns interessieren. Ich für meinen Teil habe herausgefunden, dass ich so auf gar keinen Fall die nächsten fünfzig Jahre bis zur Rente verbringen möchte und spare mir jeglichen Kommentar.

Zwei Mitschülerinnen verabreden sich im Anschluss mit Frau – ich hab mir nicht einmal ihren Namen gemerkt – zu einem Einzelgespräch. Streber, schießt es mir in den Kopf. Die beiden Scheinheiligen aus der 11/5 werden sicher ihr gesamtes Geld den Armen spenden und abgeschieden in einer Waldhütte leben. Mir wird schlecht bei der Vorstellung von so viel Nächstenliebe und sozialem Engagement. Ha – es ist doch etwas hängengeblieben.

Ich schleiche mich auf den Gang und halte Ausschau nach Fenja und Tarik, welche sich der Philosophie hingegeben hatten. Ich entdecke sie, an eine Säule gelehnt und mit Broschüren bewaffnet.

»Und, wie war es? Habt ihr eure Wahl bereits getroffen?«, frage ich die beiden und blicke in vier verdrehte Augen.

»Ich hatte angenommen, das sei die Veranstaltung mit dem geringsten Geräuschpegel und der sicherste Ort für ein Schläfchen. Aber nein, Pustekuchen. Wir waren nur drei Schüler aus der 11/5, einer aus der 11/3, Fenja und ich.« Tarik greift sich an die Stirn und rauft seine Haare. »Dieser Typ hat uns die ganze Stunde Fragen über die philosophischen Tiefen der Welt gestellt und rundherum abgefragt. Ich bin fix und fertig und es ist noch nicht einmal neun Uhr.« Er täuscht einen Ohnmachtsanfall vor und fällt Fenja in die Arme, die ihn gerade noch halten kann. Herr Jakob, unser Klassenlehrer, gesellt sich zu uns und zieht ein ernsthaft besorgtes Gesicht.

»Ist mit Tarik alles in Ordnung?«, fragt er und sieht ehrlich betroffen aus.

»Ihm hat die Philosophie wohl ein wenig zugesetzt«, entgegnet Fenja, »aber er wird in zehn Minuten wieder völlig hergestellt sein, keine Sorge, Herr Jakob.« Beruhigt verschwindet er zur nächsten Schülergruppe und wir können uns vor Lachen kaum noch halten. Tarik sollte sich ernsthaft mit Schauspielerei beschäftigen oder zum Zirkus gehen – nur bitte keine Clownschule. Clowns finde ich gruselig. Die Mehrzahl von ihnen hat auch fernab der Manege eine rote Nase und man kann sie meilenweit gegen den Wind riechen – nichts für Tarik!

Die Pause ist um und alle Schüler verteilen sich neu auf die vorbereiteten Räume. Nächster Punkt: Medizin. Ein wenig in Rheas Hemisphäre hineinschnuppern. Dieser Beamte ist deutlich kompetenter und auch der Kunstworkshop kann sich sehen lassen. Ich bin trotzdem froh, dass ich nicht gleich morgen eine Entscheidung treffen muss, sondern noch ein paar Monate frei und ungebunden sein darf.

Ein Signal ertönt und alle Schüler werden in die Aula gebeten.

Wo sind nur die anderen? Ich warte eine Weile, bis der Gang fast vollständig leer ist. Als ich ein Kichern hinter der Säule vernehme, ist meine Suche beendet.

»Los, ihr Rumtreiber, eure Zukunft ruft. Macht euch bereit für eine neue ›Orientierung‹!« Doch Fenja und Tarik kommen mit gesenkten Gesichtern zum Vorschein.

»Roya«, Tarik hat sein lieblichstes Stimmchen aufgesetzt, »du Roya, wir haben heute aber gar keine Lust auf die Zukunft und wollen uns lieber an der Natur orientieren.« Wer kann diesen Hundeaugen widerstehen. Ich lasse mich also in den Bann der Faulheit und Trägheit ziehen und gehe mit den beiden in den Park. Auf zwei, drei Schüler mehr oder weniger wird es sicherlich nicht ankommen. Den ganzen Elevenkram erfahren wir schon noch früh genug.

Tarik hat, wie immer, eine Decke im Rucksack, also legen wir uns gemeinsam auf den Boden und starren in den Himmel. Kein Wölkchen ist zu sehen. Die Luft riecht nach Nichtstun mit einer frischen Brise Langeweile. Doch gleich wird Tarik uns mit einem seiner Einfälle vertraut machen und den Nachmittag verplanen. Bis dahin schließe ich für einen winzigen Moment die Augen und hole auf, was in der vergangenen Nacht zu kurz gekommen ist.

»Roya, fang!«

Ein Hacky Sack landet direkt neben meinem Gesicht. Ich bin eingenickt und habe einen nassen Fleck auf Tariks Decke hinterlassen. Geschieht ihm nur recht, immerhin muss ich gerade seinen Hacky Sack verkosten.

Ich öffne die Augen und will wütend aufstehen, als ich etwas entfernt zwei Gestalten erspähe. Ein Mann mit kurzem weißblondem Haar um die vierzig und ein Junge in unserem Alter, der mit hängendem Kopf hinterher dackelt. Sein Gesicht ist durch die dunklen Locken beinahe gänzlich verdeckt und macht den Anblick nur noch geheimnisvoller.

»Roya, schieß den Hacky wieder zurück!« Tariks Stimme schallt durch den ganzen Park. Die Leute gaffen zu uns rüber und für eine Sekunde sehe ich dem fremden Jungen genau in die Augen. Mein Herz macht einen kleinen Satz. Nicht schwach werden, Roya. Diese mädchenhaften Gefühle hast du sonst nie! Möglicherweise ist es auch nur die Neugier. Ich muss wissen, warum in aller Welt er überhaupt etwas in mir auslöst! Wer ist er? Wo kommt er her? Ist er lediglich ein Tourist auf der Durchreise? Wir haben eine Gesamtschule, welche er definitiv nicht besucht und wenn doch, dann müsste er just in der Aula sitzen, um sich zu ›orientieren‹.

Ich liege weiterhin in meinem Sabberfleck und muss ein skurriles Bild abgeben, wie ich zu ihnen hinüber glotze. Sie gehen weiter. Ich richte mich auf und schaue ihnen nach. Wer bist du? Meine innere Stimme sagt mir, dass ich es noch herausfinden werde. Schließlich sieht man sich immer zweimal im Leben.

»Träumst du? Gib jetzt endlich den Hacky her, du Schlafmütze!« Tarik kommt etwas genervt auf mich zu und ich gebe ihm den Gegenstand seiner Begierde. Wir kicken noch eine Runde und bummeln dann gemütlich nach Hause.

Meine Gedanken hängen an einem unbekannten Jungen aus dem Park. Hach, ein wenig Träumen ist ja wohl erlaubt. Immer nur das fünfte Rad an Fenjas Wagen zu markieren, kann nicht die Dauerlösung sein.

Die Eltern sind unterwegs und Rhea sicherlich bei ihrem mystischen Lover. Keiner hat ihn je zu Gesicht bekommen. Ich weiß nur, er muss ein netter Typ sein, denn er raubt meiner Schwester jede freie Minute. Vielleicht schalte ich irgendwann einen Detektiv ein, um ihn aufzuspüren, bevor wir ihn am Hochzeitstag auf den südlichen Inseln kennenlernen.

Ich hole einen Joghurt aus dem Kühlschrank und setze mich auf die Hollywoodschaukel in den Garten.

Keine zwei Minuten später schaut Rhea zur Terrassentür hinaus und beendet die Einsamkeit.

»Gute Idee«, sagt sie und setzt sich, ebenfalls mit einem Joghurt bewaffnet, zu mir. »Na, kleine Schwester, wie war deine erste Nacht? Bist du einem Prinzen begegnet und nun froher Erwartung, dass der Traum Wirklichkeit wird?« Sie blickt mich schelmisch von der Seite an. Ha, ha, Prinz, da muss schon noch ein bisschen mehr passieren als ein viel zu alter Lehrer in einer skurrilen Fantasieschule oder ein Unbekannter im Park.

»Nein«, antworte ich, »es ist alles ruhig geblieben, leider.« Nach Fenja's Reaktion heute Morgen habe ich ehrlich gesagt keine Lust, meine Erinnerungen mit einem weiteren Lebewesen zu teilen, um danach aufgezogen zu werden. Also lenke ich vom Thema ab und drehe den Spieß um. »Warum bist du heute nicht bei Entin? Hat er dich versetzt?«

»Na, hör mal!«, sagt meine Schwester mit künstlichem Entsetzen, »Darf ich nicht ein Mal eher nach Hause kommen, um Zeit mit dem Nesthäkchen zu verbringen?« Sie stellt ihren Joghurt ab und drückt mich fest an sich. Wir sind eigentlich beide zu alt dafür, aber ich habe diese Momente schon immer genossen. Es ist ein wahres Privileg, Rhea für mich zu haben. Sie ist elf Stunden täglich auf Arbeit und wenn sie nicht aus purer Bequemlichkeit noch zu Hause wohnen würde, käme sie vielleicht nur zu den Feierlichkeiten vorbei.

Wir schaukeln eine Weile vor uns hin und dann hole ich tief Luft und frage mutig drauf los:

»Entin, wie ist der so? Du hast ihn ja noch nie mitgebracht. Ich bin ehrlich gesagt ziemlich neugierig. Bist du so richtig in ihn verliebt? Wirst du ihn heiraten? Denn dann möchte ich ein grünes Brautjungfernkleid tragen, gut?« Rhea rutscht ein wenig zur Seite, dreht den Kopf zu mir und atmet tief durch.

»Das waren jetzt verdammt viele Fragen auf einmal, Süße.« Wahrscheinlich hat sie recht. Die meisten meiner Freunde haben niemanden, mit dem sie offen über Jungs oder Liebe sprechen können, bei uns beiden hat das schon immer funktioniert. Vielleicht ist auch das ein Grund, warum Rhea nicht auszieht. Ich würde es mir wünschen.

Sie nimmt mir den Joghurt aus der Hand und stellt ihn neben ihrem ab. Dann schnappt sie sich meine Hand und schaut mir tief in die Augen.

»Roya, ich werde nirgendwo hingehen und in den nächsten zwölf Monaten auch sicher nicht meine Umzugskartons packen, okay?«, sie wartet auf eine Reaktion. Was soll ich dazu sagen? »Ach Maus, Entin ist wirklich ein ganz, ganz lieber und ja, ich glaube, ich habe ihn sehr gern. Bis zum Ende der Assistenzzeit bin ich allerdings mit meiner Arbeit verheiratet und wahrscheinlich auch noch darüber hinaus. Du kannst also eine ruhige Kugel schieben. Das grüne Kleid werde ich schon nicht vergessen.«

»Und wann schleppst du ihn endlich mal hier an? Vor Papa brauchst du doch keine Angst zu haben, der ist froh, dass du auf Männer stehst.« Wir kichern und sie nimmt mich erneut in den Arm.

»Da kennst du Papa aber schlecht. Weißt du, was er mit Soto vor dem Abschlussball gemacht hat?« Ich schüttle nichtsahnend den Kopf. »Dann frag ihn bei Gelegenheit. Sollte er die Courage besitzen, dir die Wahrheit zu erzählen, wirst du meinen Entschluss verstehen, Entin, solange es geht, von ihm fernzuhalten.«

»Manno, jetzt hast du mich noch neugieriger gemacht. Stell ihn mir wenigstens vor. Ich könnte nach der Schule rein zufällig im Krankenhaus auftauchen und dann…«

»Dann wird er wie immer beschäftigt sein«, schneidet sie mir das Wort ab. »Er leitet ein Forschungsprojekt von unvorstellbarer Wichtigkeit und kann sich keine Auszeit erlauben.«

»Nicht einmal für die liebreizende Schwester seiner gutaussehenden Assistenzärztin?« Wir erliegen einem Lachanfall und entwerfen Horrorszenarien, in denen Pa Entin in ein Bettlaken einnäht, Rheas Tür zumauert oder ihn anderweitig drangsaliert.

Bis zum Abendbrot haben wir solch einen Muskelkater, dass aufrechtes Gehen oder Sitzen zu einer Zerreißprobe wird.

BePolar

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