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Sturz

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Wie der negative Ton der Darstellungen von Cassius Dio und Herodian erkennen lässt, billigte die römische Reichselite die religiösen Reformen Elagabals in keinster Weise. Der Priesterkaiser war auch bei den Prätorianern unbeliebt. Gemäß den antiken Autoren lag dies an seinem abstoßenden Verhalten und an der Macht, die er seinen Günstlingen verlieh, insbesondere Hierokles. Einleuchtend scheint die Annahme, dass die prätorianischen Soldaten sich nicht mehr mit ihm als einem Kaiser identifizieren konnten, der sich gänzlich auf einen fremden, exotischen Kult zu konzentrieren und auf eine so ‚unrömische‘, fanatische Weise zu handeln schien, während er gleichzeitig nichts tat, um ihren Respekt zu gewinnen. Bedenkt man, wie zentral ihre Unterstützung für das Überleben jedes römischen Herrschers war, stellte dies eine gefährliche Entwicklung dar.

Herodian zeichnet auf, Julia Maesa habe Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, dass die Situation aus dem Ruder lief. Die alte Dame überredete Elagabal, seinen Cousin Alexianus als Caesar zu adoptieren, mit dem Argument, dies würde ihm mehr Zeit lassen, sich religiösen Angelegenheiten zu widmen. In Dios Version behauptet der Kaiser, sein Gott Elagabal habe ihm dies befohlen. Irgendwann im Laufe des Sommer 221, wahrscheinlich am 26. Juni, adoptierte Elagabal den 12-jährigen Alexianus als seinen Sohn und Nachfolger.76 Der neue Caesar bekam den Namen Marcus Aurelius Alexander, was sich nicht nur auf seinen ‚Vater‘ Elagabal bezog, sondern auch auf Caracalla, der sich bemüht hatte, ein ‚zweiter Alexander der Große‘ zu werden. Interessanterweise merkt Herodian an, der dynastische Anspruch des Severus Alexander sei durch das Gerücht gestärkt worden, auch er sei in Wahrheit ein unehelicher Sohn Caracallas. Solange Elagabal noch Kaiser war, wurde dieser Anspruch nie offiziell festgehalten: Inschriften aus dem Jahre 221 und dem ersten Viertel des Jahres 222 sprechen von Alexander als dem Sohn Elagabals und dem Enkel Caracallas. Erst während Alexanders Alleinherrschaft sollte Caracalla als Vater des Jungen angeführt werden, während Elagabal gänzlich aus dem Stammbaum verschwand.77

Ganz gleich, ob die Adoption von Julia Maesa eingefädelt wurde oder nicht: Sie markiert eine strategische Verlagerung durch die Personengruppe, die ursprünglich Elagabal unterstützt hatte. Es scheint, als seien zumindest einige dieser Anhänger der Meinung gewesen, dass es nicht mehr klug wäre, ihr Schicksal zu eng mit dem des Priesterkaisers zu verknüpfen, der so viele Kontroversen erregte und augenscheinlich schwer zu kontrollieren war. Alexianus bot ihnen eine Alternative; er war ein potenzieller Nachfolger aus demselben Geschlecht, den man einsetzen konnte, wenn Elagabal etwas zustieß. In einem auf den 7. Januar 222 datierten Militärdiplom wird der junge Prinz als nobilissimus Caesar imperi et sacerdotis [sic!] angeführt, als ‚erhabenster Caesar des Reiches und der Priesterschaft‘, ein Titel, den kein anderer Caesar zuvor oder danach je trug.78 Weist es darauf hin, dass er Sonderbefugnisse hatte? Slobodan Dûsanić argumentiert, Alexander habe weder tribunicia potestas (Amtsgewalt eines Volkstribuns) besessen noch die Autorität eines Prokonsuls, wohl aber Anteil an der gesetzgeberischen Gewalt des Kaisers gehabt.79 Belegt ist dies nicht nur durch zwei Militärdiplome, die sowohl Elagabal als auch Alexander erwähnen, sondern auch durch mehrere Edikte im Codex Iustinianus.80 Allerdings verdeutlicht der Titel Caesar, dass Alexander noch immer Elagabal untergeordnet war. In welchem Maße er faktisch unabhängig vom Augustus handeln konnte und dies auch tat, lässt sich nur erraten.

Neben der Einsetzung eines ‚Ersatzkaisers‘ unternahmen Elagabals Verbündete Anstrengungen, die zunehmende Welle seiner Unbeliebtheit zu wenden. Etwa um dieselbe Zeit, als er Alexianus adoptierte, ließ sich der Kaiser von Aquilia Severa scheiden und heiratete stattdessen Annia Faustina, eine Nachfahrin von Marcus Aurelius und Claudius Severus. Obwohl Dio und Herodian dies als ein weiteres typisches Beispiel für Elagabals launenhaftes und unverantwortliches Wesen präsentieren, mag die Maßnahme durchaus auf Anraten der Anhänger des Jungen stattgefunden haben, und zwar mit der Absicht, ihn für die Elite und die Soldaten weniger kontrovers zu machen. Immerhin war Annia Faustina kraft ihrer Abstammung nicht nur eine weitaus respektablere Kaiserin, als eine Vestalin es jemals sein konnte; es bedeutete zudem, dass jegliche von ihr und Elagabal gezeugten Kinder von dem äußerst beliebten Kaiser Marcus Aurelius aus dem 2. Jahrhundert abstammen und einen sehr überzeugenden dynastischen Anspruch auf den römischen Thron haben würden.

Das Zusammenfallen der Adoption von Alexianus und der Wechsel von Ehefrauen untermauert die Auffassung, dass beide Maßnahmen eine bewusste Kursänderung durch die kaiserliche Verwaltung und ihre Unterstützer darstellten, deren Interessen am besten durch eine Forstsetzung der severischen Dynastie gedient war. Allerdings lässt nichts darauf schließen, dass die religiösen Reformen des Kaisers zu dieser Zeit ebenfalls wieder aufgehoben wurden. Soweit wir dies aus Münzen und Inschriften folgern können, blieb Elagabal die Hauptgottheit des Römischen Reiches blieb, und Kaiser Elagabal diente weiterhin als ihr Hohepriester.

Falls jemals Harmonie und Wohlwollen zwischen dem Augustus und seinem Caesar herrschte, so hatten dies nicht lange Bestand. Alexander scheint vorsätzlich von allem ferngehalten worden sein, was mit dem Kult des Elagabal zu tun hatte. Viele Münzen mit dem Konterfei des jungen Prinzen tragen die Legende PIETAS AVG(VSTI), ‚Frömmigkeit des Kaisers‘, auf der Rückseite, doch statt etwas abzubilden, das eine eindeutige Verbindung mit dem neuen Hauptgott Elagabal hergestellt hätte, zeigen sie priesterliche Embleme, die in Zusammenhang mit dem traditionellen römischen Staatskult standen: eine Phiale (Trankopferschale), einen Lituus (gekrümmter Augurenstab) und ein Simpulum (eine langstielige Schöpfkelle).81 Obwohl diese Embleme auf Münzen von Caesaren nicht unüblich sind, bilden sie doch einen starken Kontrast zu den Bildern auf der Rückseite von Elagabals Münzen, die gewöhnlich den Kaiser beim Opfern in ‚orientalischem‘ Gewand zeigen. Anscheinend wurde Alexander der Öffentlichkeit als traditioneller römischer Junge präsentiert, der nicht mit der exotischen Eigenartigkeit seines Ranghöheren in Verbindung gebracht werden sollte. Diese Vorstellung findet ihr Echo in einer von Herodian erzählten Geschichte:

Als Alexander zum Caesar ernannt war, wollte Antoninus [Elagabal] ihn zu seinen Bestrebungen ausrichten, um zu tanzen und Tänze anzuführen, die Opferriten mit ihm in gleicher Tracht durchzuführen und Ähnliches mehr. Seine Mutter Mamaea [die Mutter Alexanders] aber entzog ihn solchen abstoßenden und unkaiserlichen Tätigkeiten; heimlich holte sie Lehrer jedes anständigen Faches, ließ ihn in vernünftigen Wissenschaften unterrichten, gewöhnte ihn an die Sportschule und an Männerübungen, und sie zog ihn in griechischer und römischer Bildung auf.82

Der Kaiser, fährt Herodian fort, war nicht erfreut ob dieser Zurückweisung: Er ließ alle Lehrer Alexanders ins Exil schicken oder hinrichten und bedauerte es, den Jungen adoptiert zu haben. Annia Faustina sagte ihm offensichtlich ebenfalls nicht zu: Noch vor Jahresende ließ er sich von ihr scheiden und setzte Aquilia Severa wieder als seine Frau und Augusta ein.

Unweigerlich nahmen die Spannungen zwischen Elagabal und Alexander zu. Laut Herodian erfüllte die unmännliche Erscheinung des Priesterkaisers die Soldaten mit Abscheu, und sie blickten immer wohlwollender auf den jungen Caesar. Nichts konnte diesen Trend umkehren. Dio überliefert, wie Elagabal sich beklagte, er könne die Prätorianer nicht zufriedenstellen, ganz gleich, wie viel er ihnen auch gebe. Es klingt ziemlich einleuchtend, dass die kaiserliche Verwaltung hohe Geldsummen für die Legionen in Rom aufwendete, um sie gegenüber Elagabal loyal zu halten, doch falls dies der Fall war, reichte Geld allein augenscheinlich nicht aus. Die Machtbasis des Kaisers wurde von Tag zu Tag schwächer. Nach Dios Wahrnehmung war der Princeps nur noch sicher, solange er seinen beliebteren Cousin an seiner Seite hatte.

Die wachsende Rivalität zwischen Julia Maesas Enkeln spaltete die Kaiserfamilie – und vermutlich seine Verbündeten und Anhänger ebenso. Julia Soaemias und Julia Mamaea ergriffen beide Partei für ihre jeweiligen Söhne. Nach Herodian gab Mamaea sogar den Soldaten Geld, um ihre Unterstützung für Alexander zu gewinnen. Auch Julia Maesa scheint sich mit dem jungen Caesar verbündet zu haben, wahrscheinlich weil ihr bereits klar war, dass er der sicherere Kandidat war.

Der Machtkampf innerhalb des kaiserlichen Hofes spiegelt sich vielleicht auch in der Laufbahn von Comazon wider. Da dieser Mann 220 das Konsulat mit dem Kaiser teilte, genoss er zu dieser Zeit eindeutig noch Elagabals Gunst. Dio dokumentiert, dass Comazon nicht nur Prätorianerpräfekt war, sondern auch dreimal Stadtpräfekt. Angeblich war er sowohl der Nachfolger als auch der Vorgänger von Fulvius, der zum Zeitpunkt von Elagabals Ermordung Stadtpräfekt war. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde Comazon daher 221 seines Amtes enthoben. Dio erwähnt, dass sowohl Fulvius als auch die Präfekten (vermutlich die Prätorianerpräfekten) zusammen mit dem Kaiser ermordet wurden.

Da Comazon unter Severus Alexander erneut das Amt des Stadtpräfekten innehaben sollte, folgt daraus, dass er nicht einer der unglücklichen Prätorianerpräfekten war, die im Zuge der entscheidenden Revolte gegen Elagabal umkamen. Warum hatte dieser einflussreiche Mann sowohl die Stadtpräfektur als auch die Prätorianerpräfektur verloren, vielleicht sogar zur gleichen Zeit? Die einzige Erklärung scheint zu sein, dass Comazon sich im Konflikt zwischen Elagabal und Alexander auf die Seite Mamaeas und ihres Sohnes schlug. Dies brachte ihn zwar um die Gunst des regierenden Herrschers, zahlte sich jedoch später aus, als dessen Nachfolger den Thron bestieg. Gleiches gilt womöglich für den Rechtsgelehrten Ulpian, der angeblich von Elagabal verbannt wurde, aber am Hof Alexanders zu einer bedeutenden Persönlichkeit aufstieg.83

Während der letzten Monate seiner Herrschaft unternahm Elagabal mehrere Versuche, seinen Adoptivsohn zu töten. Allerdings wurde Alexander von Soldaten streng bewacht. Als sie herausfanden, dass der Kaiser ihrem Schützling hatte schaden wollen, wurden sie wütend. Laut Dio waren die Unruhen so schwerwiegend, dass Elagabal sich gezwungen sah, mit seinem Cousin zum Prätorianerlager zu kommen, um die Soldaten um Vergebung zu bitten. Es gelang ihm sie zu beschwichtigen und sich ihre Loyalität noch ein wenig länger zu sichern, doch nur durch das Versprechen, alle seine ‚Lasterkumpane‘ (außer Hierokles) zu beseitigen.

Die Historia Augusta bietet eine andere Version der Ereignisse, gemäß der der Kaiser in seiner vorstädtischen Villa auf die Nachricht vom Tod seines Cousins wartete. Einige wütende Prätorianer trafen bei der Villa ein, wurden jedoch vom Präfekten Antiochianus besänftigt. Allerdings wollten die Soldaten, die im Lager geblieben waren, den Kaiser nur schonen, wenn er sich all seiner ausschweifenden Gefährten, Wagenlenker und Schauspieler (einschließlich Hierokles) entledigte und wieder ein anständiges Leben zu führen begänne. Trotz der Unterschiede im Detail signalisieren beide Berichte dieselbe Sachlage: Inzwischen hing Elagabals Schicksal nur noch an einem seidenen Faden.

Ein weiterer Vorfall ereignete sich am 1. Januar 222, als Elagabal und Alexander gemeinsam das Konsulatsjahr eröffnen sollten. Der Kaiser wollte nicht mit seinem Cousin in der Öffentlichkeit erscheinen und weigerte sich, zum Kapitol zu gehen und die traditionellen Gelübde und Opfer zu vollziehen. Kaiserliche Münzen, die sich vermutlich auf die Konsulatsprozession beziehen, zeigen sowohl Elagabal als auch Alexander, aber nur einzeln, nicht zusammen.84 Cassius Dio zitiert den Kaiser – als einige Senatoren ihm zum Konsulat gemeinsam mit seinem Sohn gratulierten – mit den Worten: „Im kommenden Jahr werde ich noch glücklicher sein, da dann zu erwarten steht, dass ich mit einem wirklichen Sohn zusammen das Konsulat innehaben werde.“85 Diese etwas rätselhafte Äußerung könnte darauf hindeuten, dass der Kaiser immer noch die Gründung einer Dynastie ‚gottähnlicher Kinder‘ mit Aquilia Severa beabsichtigte.

Laut Historia Augusta befahl Elagabal zu einem bestimmten Zeitpunkt allen Senatoren, die Stadt zu verlassen. Vermeintlich tat er dies, um ein Zusammentreffen mit der senatorischen Opposition zu vermeiden, nachdem er Alexander getötet hätte. Die Geschichte, die weder von Cassius Dio noch von Herodian erwähnt wird, klingt nicht glaubhaft. Immerhin stellten die Prätorianer, nicht die Senatoren, die unmittelbarste Bedrohung für das Leben und die Macht des Kaisers dar. Herodian schreibt, Elagabal habe alle Versuche aufgegeben, seinen Cousin zu töten, da er immer wieder scheiterte. Stattdessen ließ er Alexander nicht mehr in der Öffentlichkeit erscheinen und versuchte ihm den Titel des Caesar wegzunehmen. Ersteres bleibt in anderen Quellen unerwähnt und könnte eine Verallgemeinerung der Ereignisse vom 1. Januar sein. Der zweite Sachverhalt wird auch durch die Historia Augusta bezeugt, wenngleich der Autor behauptet, die Versuche, Alexander seines Titels zu berauben, seien den Mordversuchen vorangegangen. Angeblich verlegte sich Elagabal auf diese verzweifelte Maßnahme, weil der Senat sich weigerte, Alexander den Titel wegzunehmen. Falls dies zutrifft, zeigt sich daran, wie wenig tatsächliche Macht dem Kaiser noch blieb.

Inschriften aus dem ersten Viertel des Jahres 222 erwähnen Elagabal und Alexander noch immer zusammen und halten die Fiktion der Einheit und Harmonie innerhalb der Kaiserdynastie aufrecht.86 Doch das unsichere Bündnis sollte bald zu einem Ende kommen.

Aller Wahrscheinlichkeit nach fand die Ermordung Elagabals am 13. März 222 statt. Einen Tag später erkannte der Senat Alexander als neuen Kaiser an.87 Die drei verfügbaren literarischen Hauptquellen liefern eine detaillierte Schilderung vom Tod des Kaisers. Dio überliefert, dass die Prätorianer ihre Geduld verloren, nachdem Elagabal einen weiteren Mordversuch an seinem Cousin unternommen hatte. Der Kaiser nahm Alexander mit zum Prätorianerlager, um die Soldaten zu besänftigen. Dies stellte sich allerdings als Fehler heraus:

Wie er [Elagabal] nun dort bemerkte, dass man ihn bewache und er mit dem Tode rechnen müsse – beider Mütter lagen noch deutlicher als je zuvor in gegenseitigem Streite und reizten dadurch die Soldaten –, da versuchte er irgendwie zu entkommen. Und eingeschlossen in einer Kiste, hätte er vielleicht irgendwohin entwischen können, doch er wurde entdeckt und ermordet, achtzehn Jahre alt. Seine Mutter, die ihn in ihren Armen fest umschlungen hielt, fand mit ihm zusammen den Tod. Hierauf schlug man ihnen den Kopf ab, entkleidete die Toten und schleifte sie zunächst durch die ganze Stadt; der Mutter Leichnam wurde irgendwo sonst hingeworfen, der ihres Sohnes in den Fluss versenkt.88

Nach Dio fanden mehrere andere zusammen mit Elagabal und Julia Soaemias den Tod: der Liebhaber des Kaisers Hierokles, beide Prätorianerpräfekten, Aurelius Eubulus, der den Fiscus leitete, sowie Fulvius, der Stadtpräfekt. Der Gott Elagabal wurde aus Rom verbannt; Alexander zum neuen Kaiser proklamiert.

Herodian überliefert in etwa dieselbe Geschichte. Er bestätigt, Elagabal sei mit Alexander in das Prätorianerlager gegangen, gibt aber einen anderen Grund für ihren Besuch an. Angeblich hatte der Kaiser das Gerücht verbreitet, sein Nachfolger läge im Sterben. Die Soldaten waren äußerst aufgebracht wegen dieser Nachricht und weigerten sich, den Kaiser zu bewachen, bis Alexander selbst sich beim Lagerheiligtum zeige – zweifellos in der Annahme, dass er die Schuld an der Krankheit seines Cousins trug. Bei seiner Ankunft im Lager begrüßten die Soldaten Alexander begeistert, ignorierten jedoch seinen kaiserlichen Begleiter völlig. Elagabal wurde zornig und schrie sie die ganze Nacht lang an. Er wollte die Männer verhaften lassen, die er der Anstiftung von Unruhen oder auch nur der offenen Anrede Alexanders als Kaiser verdächtigte. Für die Prätorianer war damit das Fass zum Überlaufen gebracht. Herodians Bericht endet ziemlich genau wie der Dios: Der Kaiser, seine Mutter und seine Anhänger wurden getötet, die Leichname Elagabals und Julia Soaemias’ durch die Straßen geschleift und in den Abwasserkanal geworfen. Dann riefen die Soldaten Alexander zum Kaiser aus und trugen ihn zum Palast. Im Gegensatz zu Dio überliefert Herodian nicht, was mit dem Gott Elagabal geschah.

Nach der Historia Augusta ereignete sich die Ermordung Elagabals nicht spontan, sondern war in Wirklichkeit von den Prätorianern geplant. Der Autor zeichnet auf, wie die Soldaten, nachdem den Senatoren befohlen worden war die Stadt zu verlassen, beschlossen den Kaiser zu beseitigen, bevor er Alexander etwas antun konnte. Sie metzelten zuerst Elagabals Günstlinge nieder, rissen ihnen lebenswichtige Organe heraus, durchbohrten sie von hinten und fielen dann über den Jungen selbst her, der Zuflucht in einer Latrine gesucht hatte. Elagabal wurde getötet, sein lebloser Körper durch die Straßen geschleift. Da die Kloake sich aber als zu klein erwies, um den Leichnam fortzuspülen, wurde er schließlich von der Ämilianischen Brücke aus in den Tiber geworfen, mit einem Gewicht daran, damit er auf jeden Fall unterging. Wie der Autor selbstgefällig anmerkt: „Es verdient kein Grab, wer von ihnen [den Herrschern] nicht die Liebe des Senats, des Volkes und des Heeres verdient.“89

Es scheint wenig glaubwürdig, dass Elagabals Ermordung tatsächlich von den Prätorianern vorausgeplant wurde. Auch wenn Syme diesen Teil der Vita Heliogabali als „ein schlüssiges Stück klarer und präziser Erzählkunst“ beschrieben hat,90 behaupten die beiden zeitgenössischen Autoren, der Mord habe im Heerlager stattgefunden, wohin der Kaiser aus freien Stücken gekommen sei. Wenn man diese Lesart der Ereignisse akzeptiert, ergibt ein geplanter Mord wenig Sinn. Die Berichte Dios und Herodians vermitteln unmissverständlich den Eindruck, dass Elagabal spontan getötet wurde, ungeachtet dessen, wie sehr der Tod des Priesterkaisers Alexander oder seinen Unterstützern auch genützt haben mag.

Nach seinem Tod vernichtete der Senat Elagabals Andenken, was zur Zerstörung der Porträts des jungen Mannes führte. Sein Name wurde aus Inschriften und Papyri getilgt, wie die Historia Augusta bestätigt. Ab diesem Zeitpunkt wurde Alexander als Sohn Caracallas bezeichnet und nicht mehr als Sohn Elagabals. Darüber hinaus tauchte der Name des verdammten Monarchen nicht mehr in Dokumenten auf, die sich auf seine Herrschaft bezogen. Die Ehren, die er bestimmten Städten verliehen hatte, wie beispielsweise eine zusätzliche Neokorie (eine Ehrung in Verbindung mit dem Recht, einen dem Kaiser gewidmeten Tempel zu errichten) für Sardes oder Nikomedia, wurden zurückgenommen.91 Seitens der überlebenden Angehörigen des Kaiserhauses gab es keine Einwände gegen diese damnatio. Stattdessen versuchte die neue Regierung sich soweit wie möglich von dem Priesterkaiser zu distanzieren. Laut Herodian brach Alexanders weise und gemäßigte Herrschaft rigoros mit der Vergangenheit. Verwaltungs-, Justiz- und Militärämter wurden wieder an fähige, qualifizierte Männer vergeben, nachdem die für nicht gerechtfertigt erachteten Ernennungen aufgehoben worden waren.

Vor allen Dingen aber wurden Elagabals religiöse Reformen rückgängig gemacht. Die geraubten Statuen der Götter brachte man zu ihren ursprünglichen Heiligtümern zurück. Interessanterweise galt dies auch für den Stein des Elagabal, der nicht zerstört, sondern wieder nach Emesa überführt wurde – vielleicht, weil die syrische Sippe ihn noch immer hoch verehrte. Jupiter nahm wieder seinen Platz als oberster Gott des römischen Pantheons ein. Elagabals Tempel auf dem Palatin wurde wahrscheinlich umgewidmet auf Iuppiter Ultor – Jupiter den Rächer.92 Die Botschaft hätte klarer nicht sein können: Sowohl für Elagabal, den Kaiser, als auch für Elagabal, den Gott, hatte die Herrschaft in Rom ein Ende gefunden.

Elagabal

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