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Оглавление8. Der Entschluss
Nach dem Brief von Luise und den fürchterlichen Schilderungen von Eugen stand für Oktavius fest, er Oktavius Pfleiderer musste was tun. Egal was es kostet. Vor allem soll Luise, deren Eltern sowie seine eigenen Eltern in Sicherheit gebracht werden. Wer weiß, was die königliche Zukunft sonst noch mit sich bringt?
Wie üblich kam nach dieser schlaflosen Nacht im frühen Morgengrauen Armin, der Sohn vom Neuffener Wengerter Reblieb. Er brachte Oktavius die täglichen Lebensmittel. Nach einer kurzen Konversation verließ Armin das Versteck. Er rannte, wie immer, flink durch die Rebstockreihen. Sichtgeschützt vor gefährlichen Augenpaaren zurück zum elterlichen Haus.
Den ganzen Tag musste Oktavius, wie in den letzten Wochen, in seinem Versteck verharren. In dem kleinen Unterstand ging er hin und her mit seinem festentschlossenen Vorhaben im Kopf. Gegen Mittag versuchte Oktavius, etwas zu essen. Nach dem Verzehr von Brot und Geräuchertem übermannte ihn der fehlende Schlaf der vergangenen Nacht. Mehrere Stunden schlief Oktavius fest auf der Holzbank im Unterstand. Eine Zeit bei der sein Geist und Körper etwas Ruhe fand. Gegen Spätnachmittag wachte er auf. Sofort, nach dem ersten Augenaufschlag, dachte er sofort an seine Luise. Er zählte ungeduldig die Minuten, bis Eugen zur üblichen nächtlichen Stunde wiederkam.
Pünktlich mit dem mitternächtlichen Glockengeläut der Neuffener Martinskirche trat Eugen in den Unterstand ein. Bevor Eugen ein Wort sagen konnte, gab ihm Oktavius mit festem Willen folgendes zu verstehen:
»Ich, Oktavius Pfleiderer muss meine geliebte Luise aus dem dunklen Nürtingen holen. Egal wie«.
War Oktavius noch im Besitz seiner Sinne? War sein fester Wille nicht gleich sein Todesurteil?
Eugen wollte Oktavius von seinem Vorhaben abhalten:
»Bist du noch bei klarem Verstand?«
Doch dies ignorierte Oktavius:
»Eugen geh sofort hinunter nach Neuffen in dein Haus und zäum mein Blitzle auf, damit ich sofort nach Nürtingen reiten kann. Ich folge dir dann in ungefähr 15 Minuten«.
Eugen wusste nicht mehr ein noch aus. Soll er Oktavius festem Willen Folge leisten, oder soll er Oktavius zur Vernunft bringen. Die Antwort auf diese Fragen hat sich schnell erledigt. Oktavius schubste Eugen aus dem Unterstand mit der Aufforderung:
»Verschwinde jetzt«.
Eugen blieb nichts anderes übrig und tat, was ihm Oktavius anwies.
Zuhause angekommen informierte er seiner Frau über das Vorhaben von Oktavius. Eugen ging dann sofort in den Stall und begann das Blitzle aufzuzäumen. Seine Frau wärmte das restliche Essen vom Mittag auf. Oktavius sollte noch eine kleine Stärkung vor dem Ritt nach Nürtingen bekommen. Bei dieser kleinen Stärkung handelte es sich um sechs echte schwäbische Maultaschen in der Brühe. Kaum war Eugen mit dem Aufzäumen fertig, kam Oktavius in den Stall:
»Ich reite gleich los.«
Der linke Fuß war schon im Steigbügel, als Eugens Frau in den Stall kam. Sofort hielt sie Oktavius an der Jacke fest.:
»Ohne eine kleine Stärkung wird kein Ritt nach Nürtingen durchgeführt.«
Diese klare Anordnung einer schwäbischen Hausfrau musste Oktavius einfach gehorchen. Kaum war er in der Küche, durchzog ein unwiderstehlicher Duft seine schwäbische Nase. Ein halbes Dutzend echte schwäbischen Maultaschen in der Brühe.
Konnte er doch in den letzten Wochen nur selten etwas Warmes in seinem Unterstand in den Neuffener Weinberge zubereiten. Wegen der Rauchentwicklung eines offenen Feuers war dies nur immer bei absoluter Dunkelheit in der Nacht möglich. Die sechs Maultaschen waren nur kurz in dem heißen Topf. Zur Verdauung gab es noch ein Glas Kirschwasser. Der Bauchfrieden von Oktavius war nun hergestellt. Aber der Seelenfrieden?
Oktavius wurde jetzt sehr hektisch. Er bedankte sich bei Eugen und dessen Frau und verabschiedete sich. Die Ehrenfrieds wünschten Oktavius alles Glück der Welt und möge sein Vorhaben gelingen.
Am Samstag, dem 9. August 1806 kurz nach der ersten vollen Stunde nahm Oktavius sein Pferd Blitzle an die Zügel. Er führte es langsam und vorsichtig durch die hintere Stalltür. Dann weiter durch den Obst- und Gemüsegarten der Familie Ehrenfried in das freie Feld von Neuffen. Ein Ritt durch den Ortskern von Neuffen wäre zu gefährlich gewesen. Nach ca. 100 Meter standen plötzlich, zehn Schritte entfernt, zwei Gestalten vor Oktavius. Er konnte sie wegen der pechschwarzen Nacht nicht erkennen.
War sein Vorhaben bereits nach 100 Meter beendet? Waren es Soldaten des Königlichen Garde-Regiments? Oktavius spürte schon den Galgenstrick um seinen Hals. Sein Puls schlug so schnell wie ein auf einer Mandoline gespieltes Tremolo. Die zwei Gestalten gingen langsam auf Oktavius zu. Eine Flucht wäre jetzt sinnlos gewesen. Ein Kampf? Zwei Armlängen vor Oktavius blieben die Zwei stehen.
Jetzt konnte er die Gesichter erkennen. Es war der Neuffener Wengerter Reblieb und sein Sohn Armin. Oktavius fiel ein ganzes Bergmassiv mit der Aufschrift "Gott sei Dank" vom Herzen. Wengerter Reblieb und sein Sohn haben die nächtliche Betriebsamkeit im Hause Ehrenfried bemerkt. Für Wengerter Reblieb war klar, was Oktavius vorhatte. Die zwei Reblieb´s wollten Oktavius das allerbeste für sein Vorhaben wünschen. Wengerter Reblieb, gab noch einen Hinweis.
Nach erfolgreicher Mission könnten Oktavius und seine Luise eine im Besitz der Familie Reblieb befindliche Hütte aufsuchen. Denn nach der Rückkehr von Oktavius mit seiner Luise wäre der primitive und kalte Unterstand in den Neuffener Weinberge als Heimstatt gänzlich ungeeignet. Die Hütte befand sich unterhalb vom Hörnle Richtung Kohlberg. Die Hörnles-Hütte war ein gutes Versteck. Natürlich nicht so sicher wie der gemauerte Unterstand. Vater Reblieb beschrieb Oktavius kurz den Standort der Hütte mit Wegbeschreibung. Nicht erst seit diesem Moment wusste Oktavius, dass er mit dem Neuffener Wengerter Reblieb und seinem Sohn Armin zwei echte Freunde auf seiner Seite hat.
Und ganz Neuffen wusste inzwischen von der katastrophalen Lage in Nürtingen und der Situation von Oktavius und seiner liebsten Luise. Fast alle Neuffener Bürgerinnen und Bürger standen hinter Oktavius. Fast alle? Bei dem Schultheiß Metzger und einem kleinen Teil der Neuffener, ausgestattet mit Scheuklappen, war man da nicht so sicher.
Aber keiner wusste, bis auf die Eheleute Ehrenfried, Vater Reblieb und sein Sohn Armin, dass sich Oktavius ausgerechnet in der Nähe von Neuffen versteckt hielt. Oktavius verabschiedete sich von den Reblieb´s und schwang sich auf sein Blitzle und ritt zunächst im gemäßigten Galopp Richtung Nürtingen.