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Wie ist es nach der Pause wohl weitergegangen?

Die Zuhörer nehmen ihre Plätze ein, die Orchestermusiker sind aufs Podium zurückgekehrt, üben die schwierigen Passagen von Sibelius’ Erster ein letztes Mal – denn Vaters Blicke bei Unzufriedenheit konnten so eisig sein, dass man am liebsten im Boden versinken oder tot umfallen möchte –, nehmen das A der Oboe ab, stimmen ihre Instrumente und warten auf den Maestro.

Wann würde festgestellt werden, dass der große Victor Steinmann nie mehr seinen Taktstock wird heben können?

Niemand würde es wagen, den großen Maestro aus seiner Garderobe zu holen, bevor das Orchester eingestimmt ist. Das weiß man. Vater will nicht vor der geschlossenen Türe des Konzertsaals warten. Er will direkt von seinem Dirigentenzimmer auf die Bühne schreiten. Also wartet man, bis die Musiker bereit sind, bevor man ihn holt.

Die Szene ist zu grotesk – alle warten und niemand kommt. Ein Raunen geht durchs Publikum, die Musikerinnen und Musiker stecken die Köpfe zusammen, recken die Hälse, schütteln ungläubig die Köpfe – Was ist bloß los? –, bis endlich der Intendant das Podium betritt – Was will denn der hier? – und zuerst dem Konzertmeister etwas ins Ohr flüstert. Dieser schaut den Intendanten ungläubig an, als ob er nichts verstanden hätte, und so muss sich der Unglücksbote noch einmal bücken und, sichtlich noch nervöser und mit eindringlichen Worten, dem Konzertmeister die Anweisungen erteilen.

Der Lärm im Saal unten nimmt orkanartig zu – Gibt’s jetzt Sibelius, oder was? –, ein paar Männer stehen auf und versuchen, aus dieser Höhe mehr Informationen zu erhaschen, ihre Frauen ziehen sie am Revers, um sie zum einen wieder zum Absitzen zu zwingen – Mein Gott, ist das peinlich! – und zum andern, um ins Bild gesetzt zu werden, was denn da vorne vor sich geht.

Der Konzertmeister dreht sich nach hinten und informiert die ersten Violinen, die anderen Musiker stehen in großer Erregung auf, um endlich auch zu erfahren, ob jetzt gespielt werden kann oder nicht – Ist der alte Tyrann etwa einer Herzattacke erlegen? –, und der Lärmpegel nimmt bedenkliche Frequenzen an.

Dann dreht sich der Intendant gegen das Publikum und gibt irgendeine harmlose Version der Tatsachen bekannt – Es darf ja keine Panik ausbrechen –, vielleicht etwas wie: Dem Maestro ist gar nicht gut oder: Es hat einen bedauernswerten Zwischenfall gegeben oder was auch immer, aber auf jedem Fall mit der finalen Konsequenz, dass Sibelius’ Erste nicht gespielt werde, dass das Konzert damit beendet sei und dass kein Anspruch auf Rückvergütung der Eintrittskosten erhoben werden könne und so weiter und so fort.

Die Vorstellung kostet mich tatsächlich ein Lächeln.

In der Garderobe trifft mittlerweile der Notarzt ein, während das Publikum den Saal verlässt, kopfschüttelnd, ungläubig, Voten wie »Das ist doch eine Frechheit« und »So etwas habe ich ja noch nie erlebt« von sich gebend, da sie ja über die wahren Ereignisse nicht informiert worden sind. Es ist in den letzten Jahren nämlich häufig vorgekommen, dass Vater einen Auftritt kurzfristig und ohne große Erklärung einfach sausen lässt.

Niemand im Saal weiß zu diesem Zeitpunkt, dass sie die letzten Menschen gewesen sind, die Victor Steinmann musizieren gehört haben, ja, dass die Coda des Prokofjew-Violinkonzertes der letzte musikalische Akt meines Vaters gewesen ist.

Pultstar

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