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6. Determination und Freiheit

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In der Weisheitsdichtung der hellenistischen Zeit, vor allem im Buch Jesus Sirach, bricht die Frage nach der Vorherbestimmung menschlichen Handelns, nach dem Verhältnis von göttlicher Allmacht und Entscheidungsfreiheit, wie sie schon die ältere Literatur beschäftigt hat, nun als ein eigenes Thema auf (Maier 1971; Wicke-Reuter 2000; Kaiser 2008; vgl. zum Problemfeld »Determinismus«, »Vorsehung« und »Schicksal« insgesamt Schrage 2005: 15–30 sowie den Sammelband von Kratz/Spieckermann 2008). Das Buch Jesus Sirach, von einem Schriftgelehrten und Weisen im Jerusalem des 2. vorchristlichen Jahrhunderts noch vor der Religionsnot unter Antiochos IV. verfasst, spiegelt in einzigartiger Weise die Begegnung der jüdischen Religion mit dem Hellenismus wider. Motive und Themen aus der griechischen Dichtung und Philosophie werden aufgenommen, abgewandelt und in die jüdische Theologie integriert, um aufzuzeigen, dass die jüdische Religion dem hellenistischen Denken ebenbürtig oder gar überlegen ist. Für den Verfasser ist es ein Grund-Satz, dass alle σοφία (»Weisheit«) von Gott stamme (Sir 1,1) und sie in Gestalt der göttlichen Weisung, der Tora, auf Erden ihre Wohnung gefunden habe.

So wird in Sir 15,11–20 – in deutlicher Abgrenzung gegen den Determinismus der Stoa – das Problem der Entscheidungsfreiheit ausführlich thematisiert und charakteristisch gelöst (vgl. Wicke-Reuter 2000: 106–142; Kaiser 2008): Gott hat den Menschen |35|von der Schöpfung an in die Hand seines eigenen »Willens« (רצי/διαβούλιον) gegeben (Sir 15,14) und ihn damit entscheidungsfähig gemacht (zum Begriff des »Willens«, der hier offenbar erstmals in der alttestamentlich-jüdischen Tradition begegnet, vgl. Wicke-Reuter 2000: 116–119). Die Allmacht Gottes schließt also die Verantwortung des Menschen nicht aus, sondern gerade ein. Somit befähigt nach Ansicht des Siraciden der von Gott selbst verliehene (freie) Wille den Menschen zur Einhaltung der Tora (vgl. Sir 15,15–17).

Im Buch Jesus Sirach kommt demnach eine inneralttestamentliche Entwicklung zu einem vorläufigen Abschluss, die die Entscheidungsfreiheit des Menschen immer stärker mit dem Einhalten der göttlichen Gebote, der Tora, in Verbindung bringt. Gerade der von Gott selbst verliehene und ermöglichte freie Wille führt zur Einhaltung des Gotteswillens, zu dem nicht zuletzt der gesamte Bereich der theonomen Ethik gehört (vgl. beispielhaft den Dekalog Ex 20/Dtn 5).

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