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|55|4. Das Johannesevangelium: Die Wahrheit wird euch frei machen
ОглавлениеIn einem Disput zwischen Jesus und an ihn glaubenden Juden (Joh 8,30–36) wird die Frage der Beziehung zum Erzvater Abraham Haftpunkt für die Klärung des Begriffs Freiheit. Der Bezug auf Abraham ermöglicht den jüdischen Gesprächspartnern, für sich den Stand der Freiheit zu reklamieren (vgl. Joh 8,33). Diese ist abgeleitet von Isaak, dem Sohn der Freien, in dessen Nachfolge man sich begreift (vgl. Joh 8,35). Das Johannesevangelium reflektiert in diesem Dialog wohl Auseinandersetzungen zwischen dem Judentum und den sich von ihm absetzenden christlichen Gemeinden. Die Logik der Argumentation bindet Jüngerschaft an ein Bleiben im Wort Jesu, das wie ein Lebensraum erscheint. Die sich in ihm vollziehende Erkenntnis der Wahrheit ist die Erkenntnis Jesu Christi, der die Wahrheit zu sein beansprucht (vgl. Joh 14,6). Daher gehen im Text auch das »frei machen durch die Wahrheit« (Joh 8,33) und das »frei machen durch den Sohn« (Joh 8,36) parallel, um sich gegenseitig zu interpretieren. Der Anspruch der jüdischen Gesprächspartner, als Abrahamskinder frei zu sein, wird nicht weiter verfolgt. Vielmehr wird ein zusätzliches Argument angeführt: die Unfreiheit besteht in der Bindung an die Sünde. Die durch die Wahrheit oder durch Christus vermittelte Befreiung hebt die Knechtschaft der Sünde gegenüber auf und schenkt ὄντως (»wirklich«) Freiheit (vgl. Joh 8,36). Auch das Johannesevangelium begreift folglich Freiheit in einem Gegenüber zur Knechtschaft, hier der Knechtschaft der Sünde. Sünde wiederum wird nicht gesetzlich oder moralisch gewertet, sondern als Unglaube verstanden. Das Befreiungsgeschehen vollzieht sich daher im Glauben und im Anschluss an Jesus Christus.