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cc) Kommunikation von Werten für Regelungslücken und „Graubereiche“
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Für eine Fundierung der Compliance-Maßnahmen durch ein begleitendes Integritätsmanagement spricht ferner, dass eine lückenlose Regelung jeglichen (Fehl-)Verhaltens faktisch unmöglich ist (ebenso wie deren Kontrolle). Soweit Regelungen verabschiedet werden – etwa in Form eines Code of Conduct293 –, sind die Aussagen nicht immer eindeutig oder selbsterklärend oder sie erfassen nicht alle Fallkonstellationen.294 Selbst bei regelmäßiger Erläuterung der Inhalte im Rahmen von Compliance-Schulungen295 können Zweifelsfragen bleiben, die Erfüllung sämtlicher Rechtspflichten im operativen Geschäft ist stets eine Herausforderung.296 Für diese Fälle hilft eine Orientierung, wie sich Unternehmensangehörige bei unklaren Sachlagen oder in sog. „Graubereichen“ verhalten sollten. Diese Orientierung kann durch ein begleitendes Integritäts- und Wertemanagement erfolgen, mit dem die Unternehmensangehörigen über Sinn und Zweck der Compliance-Maßnahmen und insbesondere deren Schutzfunktion für das Unternehmen und alle seine Stakeholder informiert werden.297 Die Formulierung von Werten gibt den Unternehmensangehörigen dabei eine wichtige Hilfestellung für diejenigen Fragen und Fallkonstellationen, die (noch) nicht bzw. nicht eindeutig durch Regeln erfasst bzw. geklärt sind.298 Dies befähigt die Unternehmensangehörigen in solchen Zweifelsfällen entweder zu einer selbstständigen Einschätzung299 oder es fungiert als eine Art Kompass, der in Zweifelsfällen auf eine Klärung der Frage durch den Compliance Officer verweist.
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Die Fundierung der Compliance-Maßnahmen durch ein Integritätsmanagement bietet zugleich die Chance einer höheren Akzeptanz von Compliance-Maßnahmen. Im Hinblick auf den erforderlichen „tone from the top“ lautet die Botschaft an die Unternehmensangehörigen: „Wir vertrauen Ihrem Urteilsvermögen und Ihrer Fähigkeit, sich an diese Regeln zu halten“, zugleich wird versichert: „Werte wie Rechtstreue und Aufrichtigkeit bestimmen das unternehmerische und soziale Miteinander im Unternehmen. Darauf kann man sich als Mitarbeitender verlassen.“300
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Es empfiehlt sich daher, das Compliance Management durch ein Integritäts- und Wertemanagement zu ergänzen bzw. zu fundieren.301 So verabschieden beispielsweise viele Unternehmen im Rahmen ihrer Anti-Korruptions-Compliance sog. „Geschenke-Richtlinien“ zur Regelung der Gewährung und Annahme von Vergünstigungen. Die Prävention von Korruptionsrisiken dürfte besser gelingen, wenn gleichzeitig Unbestechlichkeit und faires Wettbewerbsverhalten als Werte durch Unternehmensleitung und Führungskräfte kommuniziert werden. Denn mit dieser Verankerung erhöht sich die Chance, dass Vergünstigungen jeder Art kritisch geprüft werden – auch unabhängig von der Frage, ob die jeweilige Zuwendung im Einzelfall durch die „Geschenke-Richtlinie“ geregelt ist.