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0 Einleitung

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Interkulturelle Kommunikation muss mit den Werten umgehen, welche hinter dem Reden und Verhalten von Menschen, mit denen ein Gespräch geführt wer­den soll, stehen.

Die meisten dieser Werte sind unbewusst, vom Gegenüber nicht so leicht zu durchschauen und oft hoch emotional besetzt. Insofern kommt im Rahmen interkulturellen Bemühens der interreligiösen Kommunikation eine ganz beson­dere Bedeutung zu: Sind doch die Religionen im guten wie im schlechten Sinne Quelle und Legitimation von Werten, ethischen Vorstellun­gen und moralischen Anforderungen.

Man kann die andere Kultur, die andere Religion nun als das ganz Andere, Fremde, gar Bedrohliche sehen, was sicherlich für eine befrie­digende Kom­munikation nicht sehr sinnvoll ist, wie ich im Kapitel 5, das den Methoden interkultureller Kommunikation gewidmet ist, aufzeigen werde. Man kann aber auch von möglichen oder erhofften Gemeinsam­keiten ausgehen, was allerdings die Gefahr der Vereinnahmung des/der anderen in sich birgt, was ich ebenfalls in diesem Kapitel ausführen werde.

Eine dritte und sicherlich sehr fruchtbare, Möglichkeit wäre, sich auf die gemeinsamen Wurzeln verschiedener Religionen zu beziehen, die dann mit den bearbeiteten Religionen etwa so viel und so wenig zu tun haben, wie das eiszeitliche Prszewalskiperd mit einem Arabischen Vollblut oder einem Zebra. Aber auch die Differenz zwischen Zebra und Vollblut bleibt auf diese Weise erkennbar, wobei im Rahmen der vorliegenden Arbeit Zebra und Vollblut für das Christentum und den Islam stehen, das Urpferd für die beiden Religionen gemeinsame Inspiration durch die griechische Philosophie.

Eine solche Vorgehensweise orientiert sich also eher an Strukturen, denn an Inhalten, sie fragt beispielsweise nicht so sehr danach, WAS denn nun z.B. offenbart wird, sondern eher, ob überhaupt und wenn ja, WIE sich diese Offenbarungsformen voneinander unterscheiden.

Während religiöse Inhalte oft sehr emotional besetzt und in einem Glaubens­kanon festgelegt sind, der nicht hinterfragt werden darf (z.B. das christliche Glaubensbekenntnis «Ich glaube an Gott … und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn …», ist es eine Struktur weniger.

Insofern liegt dieser Arbeit z.B. der strukturelle Unterschied zwischen der Art, wie man über das Transzendente reden könnte, zugrunde: Der zwischen negativer (apophatischer) und positiver (kataphatischer) Theo­logie, wobei hier nicht nur eine christliche Theologie gemeint ist, sondern auch die vor- oder nichtchristlicher Religionen, respektive Spiritualitäten. Eine kurze Ein­führung und Begriffs­bestim­mung in apophatische und kataphatische Theolo­gie ist von daher das Thema des 1. Kapitels.

Bereits bei einer oberflächlichen Beschäftigung mit Philosophien und Reli­gionen des östlichen Mittelmeerraumes fällt ihre allgemeine struktu­relle Ähnlichkeit ins Auge. Am stärksten die Tatsache, dass es sich z.B. in der Zeit der ersten Jahr­hunderte n.d.Z. vor allen Dingen um mono­theistische Religi­onen handelt. Doch auch beim näheren Hinsehen folgt ein «Aha-Erlebnis» dem anderen. Mir persönlich ging es so, als wir im Rahmen der lectio spiritualis Übungen unseres Studienganges zur Christ­lichen Spiritualität Ori­ge­nes und die Wüstenväter lasen, denn seit einigen Jahren engagierte ich mich insbesondere im Rahmen des inter­religiösen Dialogs mit dem Islam und kannte die wichtigsten Inhalte dieser Religion sowie den Koran und was gläubige Muslime mit ihm verbinden.

So wurde ich also auch auf die neueren Forschungen von z.B. NEU­WIRTH und anderen hingewiesen und referiere im 2. Kapitel dieser Arbeit die gemeinsamen Traditionen und Auseinandersetzungen der mono­theis­tischen Religionen des Vorderen Orients mit neuplatonischer Philosophie, mit der sich alle monotheisti­schen Religionen des letzten halben Jahrtau­sends vor und des ersten halben Jahrtausends n.d.Z. auseinan­dersetzten.

Ein zweites «Aha-Erlebnis» hatte ich, als wir während des besagten Stu­dien­ganges in Biografie und Texte des Dionysius Areopagites eingeführt wurden. Hier lernte ich, dass die mir sehr bekannte Haltung islamischer Gläubigkeit, jegliche Personalisierung Gottes und auch die Idee zweisei­tiger Gespräche mit diesem Gott, wie das Judentum sie kennt, abzuleh­nen, in der christlichen Theologie «apophatisch» genannt wird.

Da ich ausserdem gerne Kriminalromane lese (die Struktur von Kriminalroma­nen war sogar ein Thema meiner germanistischen Dissertation), faszinierte mich natürlich diese unbekannte Biografie des Dionysius Areo­pagites – auch als gutes Zeichen für die Begrenztheit von Wissenschaft, als Appell, niemals alles wissen zu können und diese Grenzen unseres Erkenntnisvermögens zu achten – eben­falls eine Art «apophati­sche» Haltung der Bescheidenheit.

Zum Dritten faszinierte mich als Literaturwissenschaftlerin der Aspekt des Poeti­schen und der Sprachübersteigerung, der ja unweigerlich mit apophati­schem Den­ken verknüpft ist.

Dionysius Areopagites Leben und Werk ist das Thema des 3. Kapitels, wobei in der Beschäftigung mit ihm noch die Frage nach den Werten, welche ein Philosoph, eine Autorin, ein Religionsstifter, etc. vertritt, aufkam und in wel­chem Verhältnis diese Werte zur umgebenden Kultur stehen: Wider­sprüch­lich? Antwort auf generelle Fragestellungen der Umgebung? Ein Dorn im Auge der Mächtigen? Opium für das Volk?

Nachdem mit diesen ersten drei Kapiteln die Grundlage für das Aufeinander­bezie­hen von Islam und Christentum unter dem Aspekt einer apophatischen Theologie und eben auch Poesie gelegt wurde, ist das 4. Kapitel dann Leben und Werk des Propheten Mohammed gewidmet, wobei ich in diesem Kapitel auch die Gelegenheit ergriff, ein allgemeines historische Bild etwa der ersten Jahr­tau­send­hälfte im Nahen Orient darzustellen sowie den Versuch zu star­ten, eine mögliche chronologische Abfolge für die orale Tradition von frühen Hym­nen­dichtern bis Mohammed zu erstellen. Letzteres bitte ich als Gedan­ken­anregung für vertiefte altphilologische und orientalistische Forschungen zu nehmen und nicht als wis­sen­schaftlich abgesicherte Theorie.

Aus den Kapiteln 2–4 konnte ich Inhalte und Strukturelemente herausdestil­lieren, passende Elemente für einen interreligiösen Dialog auf Basis apo­pha­tischer Einstellungen, die mir als Grundlage für die weitere Arbeit dienten.

Kapitel 5 befasst sich also, wie bereits gesagt, mit Methoden und Instru­menten interkultureller und interreligiöser Kommunikation und einer daraus resultieren­den Auswahl aus den Inhalten und Struktur­elementen der vorherigen Kapitel, da ich natürlich, aus Gründen des Umfangs einer solchen Masterarbeit, nicht sämt­liche Aspekte besprechen konnte.

Kapitel 6 befasst sich dann mit einigen dieser Themen und wie sie für den interreligiösen Dialog zwischen Islam und Christentum nutzbar wären.

Im 7. Kapitel weite ich in abschliessender Weise noch einmal den Blick über das engere Thema meiner Arbeit hinaus und propagiere die «apophatische» Empfeh­lung für eine allgemeine, gesellschaftlich-kommunale Ebene der Auseinan­dersetzung zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften: Lieber gemeinsam zu feiern statt zu reden und für die individuelle Ebene der interreligiösen Begeg­nung eine «doppelte religiöse Staatsbürgerschaft».

Allah ist unsichtbar

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