Читать книгу Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 9 - Martina Meier - Страница 10
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Omas Spritzgebackenes
„Das darf doch nicht wahr sein! Wer war das?“ Großmutter Susanna war sich ganz sicher gewesen, ein gutes Versteck für ihre Weihnachtsplätzchen ausgewählt zu haben. Der große Wohnzimmerschrank war doch wirklich ein Ort, wo man Plätzchen verstecken konnte, ohne dass sie gefunden wurden. Außerdem hatte die Großmutter, nachdem sie tagelang Butterplätzchen und Spritzgebackenes hergestellt hatte, genau darauf geachtet, dass niemand, wirklich niemand, Zeuge des diesjährigen Plätzchenverstecks werden konnte.
Jedes Jahr musste sie sich neu überlegen, wo sie die Leckereien verstecken konnte, damit sie nicht schon vor dem Fest aufgefuttert wurden. In einem Jahr hatte sie ein paar Plätzchendosen so gut versteckt, dass sie erst zufällig nach Ostern gefunden wurden.
Es war immer wieder das gleiche Ritual. In dem großen Haushalt mit Gastwirtschaft und Metzgerei hatte die Großmutter die Aufgabe übernommen, für Opa, sich und die beiden Familien ihrer Kinder die Weihnachtsvorbereitungen zu treffen. Außerdem konnte sie die besten Plätzchen der Welt backen! Aber leider gab es auch viele Naschkatzen in der großen Familie, die sich immer wieder auf die Suche nach dem Versteck machten.
Opa gehörte auch dazu.
Nun war der 24. Dezember gekommen und Oma Susanna wollte noch schnell vor der Bescherung die Weihnachtsteller für die drei Enkelkinder herrichten. Leider gab es nicht mehr allzu viel auf den Tellern zu dekorieren, denn irgendjemand aus der Familie hatte das Versteck ausfindig gemacht und die Hälfte des Spritzgebäcks aufgefuttert.
Der Schrank mit den doppelten Türen und den Schubladen darüber war Oma als sicheres Versteck erschienen, zumal sie den Schlüssel immer bei sich in der Schürzentasche aufbewahrt hatte. Die beiden Schubladen über den Schranktüren wurden auch nur von Oma selbst benutzt, denn hier hatte sie ihre über alles geliebte Bitterschokolade deponiert und die Lakritzstangen, die sowieso alle scheußlich fanden. Es gab also wirklich keinen Grund anzunehmen, dass jemand zufällig auf das Versteck gestoßen wäre ...
Zu den Enkelkindern gehörte auch die zehnjährige Christine. Das Kind war eine große Naschkatze und hatte es bei den Plätzchen immer besonders auf Omas Spritzgebäck abgesehen. Es war ihr aufgefallen, dass der Schlüssel zu dem Schrank fehlte. Das war für sie wie ein Halali, der Aufbruch zur Jagd.
Wenn Omas Schrank verschlossen und der Schlüssel zudem auch noch abgezogen worden war, konnte das nur eines bedeuten: Hier war das Plätzchenversteck!
Die beiden Schranktüren ließen sich ohne einen Schlüssel nicht öffnen, denn die eine Seite war von innen verriegelt worden. Christine zog eine der oberen Schubladen heraus und stellte dabei fest, dass sie sich ganz leicht komplett herausnehmen ließ. Nachdem sie die Schublade herausgezogen hatte, erhaschte sie einen Blick ins Innere des Schranks – auf die große Blechdose!
„Wenn ich nur wüsste, wie ich da dran komme“, murmelte sie vor sich hin und tastete durch den Schlitz in das Innere des Schranks. Plötzlich hatte sie den Riegel in der Hand und drückte ihn nach unten. Die Tür öffnete sich sofort einen kleinen Spalt breit wie von Geisterhand.
Jetzt galt es, schnell zu handeln. Christine öffnete die Schranktüren und dann blitzschnell die große Plätzchendose und stopfte sich ihre Taschen mit der Beute voll. Noch schnell zwei Plätzchen in den Mund und dann die Dose zumachen!
Danach gelang es ihr tatsächlich, die Schranktür zu schließen und erneut von innen zu verriegeln. Als sie die Schublade wieder ordnungsgemäß eingesetzt hatte, konnte sie sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen. Omas Gebäck schmeckte wieder traumhaft …
Leider blieb es nicht bei dem einmaligen Mundraub, denn Christine war geradezu süchtig nach Oma Susannas Plätzchen – und die schmeckten ja bekanntlich in der Adventszeit viel besser als an Weihnachten! Alle Familienmitglieder wurden schließlich von der ahnungslosen Großmutter verdächtigt, die Plätzchen gestohlen zu haben ... aber den wahren Täter kannte nur Christine.
Christine Leitl wurde 1948 in der Barbarossastadt Gelnhausen in Hessen geboren. Sie ist gelernte Handelsfachwirtin und absolvierte später ein Fernstudium zur Tourismusreferentin. Heute lebt sie in Mittelfranken, hat zwei erwachsene Kinder und zwei Enkelkinder. Neben dem Schreiben gehören Tennis spielen, Rad fahren, Wandern und Reisen zu ihren Hobbys. Früher hatte sie zwei Pferde und ist als selbständige Reiseveranstalterin mit Gruppen durch Europa gereist. In Erinnerung an sorglose Ferien auf einem Pferdehof schrieb sie das Buch Turbulente Ferien, das in Papierfresserchens MTM-Verlag erschienen ist. Sie ist Mitglied im Roßtaler Schreibkreis, der im Herzsprung-Verlag die Anthologie Literarische Päckchen herausgegeben hat.