Читать книгу Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 9 - Martina Meier - Страница 9

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Der Stern von Bethlehem

Es ist bitterkalt. Und es schneit, als wolle es heute die ganze kleine Stadt derartig mit Schnee überdecken, dass kein Mensch die Eingangstüren zu den einzelnen Häusern finden kann.

Die beiden Dorfpolizisten, die gleich hinter dem Ortseingangsschild stehen, um Verkehrs- und Geschwindigkeitskontrollen durchzuführen, heißen Alfred und Georg. Jeder, der die beiden sieht, fragt sich, ob sie denn an Heiligabend nichts anderes zu tun haben, als ausgerechnet hier zu stehen. Und bei diesen verschneiten Straßen schleichen die wenigen Autos, die unterwegs sind, sowieso im Schritttempo.

Alfred und Georg wollen sich gerade in ihr Polizeiauto setzen, um sich ein wenig aufzuwärmen, als sie weit hinten am Himmel etwas ganz hell aufleuchten sehen.

„Du, Alfred“, flüstert Georg, dem vor Kälte sein Mund fast eingefroren ist, „siehst du es auch da hinten am Himmel hoch oben leuchten? Und es glitzert so.“

„Was soll das denn sein? Wenn das etwa ein Flugzeug ist, das die Landebahn bei dem dichten Schneetreiben nicht findet, dann knallt es bestimmt hier, wo wir stehen, herunter und aus ist’s mit uns!“

Georg hat diesen Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als das leuchtende Gefährt auch schon ganz dicht vor ihm auftaucht. Schnell drückt er bei seiner Polizeikelle auf den Knopf zum Anschalten der roten Lampe und streckt seinen Arm aus, um die Kelle gerade noch rechtzeitig zum Anhalten des Gefährtes anzuheben.

Ein langgezogenes „Brrrrr!“ ertönt und das Gefährt steht vor Alfred und Georg.

„Na, die Herren, was ist los? War ich zu schnell?“, fragt der Mann auf dem Gefährt, das seltsamerweise ein Schlitten zu sein scheint. Und ebenso seltsam ist, dass dort vorn kein Motor eingebaut, sondern dass dort ein Rentier angespannt ist. „Aber ihr wisst ja, ich bin der Weihnachtsmann, und als Weihnachtsmann hat man es immer eilig. Die vielen Kinder weltweit und die Erwachsenen, alle wollen heute pünktlich ihre Geschenke bekommen. Da kann es schon vorkommen, dass vielleicht die Geschwindigkeit etwas erhöht war.“

„Sie sind gut, etwas erhöht. Und was heißt hier überhaupt Ich bin der Weihnachtsmann? Heute haben wir schon ein paar Gestalten gesehen, die in roten Mänteln mit Kapuzen durch den Schnee gestapft sind. Wenn das wirklich alles echte Weihnachtsmänner gewesen sind, wie jeder von ihnen behauptet hat, dann ist wohl in meinem Kopf von der Kälte schon irgendetwas eingefroren ... oder ich habe Wahnvorstellungen.“

„Aber ich bin wirklich der echte, der einzig echte Weihnachtsmann“, antwortet der Weihnachtsmann und fügt dann flüsternd hinzu: „Und ich muss mal aufs Klo, dringend.“

„Hahaha“, freut sich Alfred, „das hab ich ja noch nicht gehört, der Weihnachtsmann muss aufs Klo. Jetzt haben Sie sich selbst verraten, dass Sie nicht der echte Weihnachtsmann sind. Ein Weihnachtsmann, der aufs Klo muss! So was gibt’s nicht! Und außerdem … wo ist denn Ihr Navigationsgerät, mit dem Sie die vielen Kinder und Erwachsenen in den Städten und Dörfern finden?“ Alfred kann sich kaum beruhigen und möchte am liebsten bei der Zeitung anrufen und die Geschichte schildern.

Er wird aber von Georg unterbrochen, der ihn an der Uniform zupft. Kaum hat Georg nämlich gehört, dass der Weihnachtsmann aufs Klo muss, verspürt auch er das Bedürfnis, zur Toilette zu gehen. „Du, Alfred, ich gehe mal schnell um die Ecke, aufs Klo im Revier, bin gleich wieder da.“

„Kann ich da nicht fix mitgehen?“, bettelt der Weihnachtsmann. „Ich muss so dringend. Und wenn es geht, achten Sie, lieber Kollege“, dabei zeigt er auf Alfred, „in der Zeit auf Rudolph, das ist mein Rentier vor dem Schlitten.“

„Das wird ja immer toller. Erst behaupten Sie, der Weihnachtsmann zu sein, dann haben Sie kein Navigationsgerät, dann müssen Sie aufs Klo und dann soll ich auch noch auf Rudolph aufpassen. Und Sie werden die Gelegenheit nutzen und abhauen. Wenn Sie um die Ecke gegangen sind, werden Sie losrennen und wir kriegen Sie nicht mehr. Dann stehen wir mit dem Schlitten, den Päckchen und Rudolph, dem Rentier, da. Von wegen. Nichts da!“, bleibt Georg standhaft und macht sich auf den Weg.

Da kommt Alfred eine Idee. „Wenn Sie etwas tun, was nur der echte Weihnachtsmann machen kann, dann will ich Ihnen glauben und Sie dürfen aufs Klo und ich nehme Ihnen auch für zu schnelles Fahren kein Strafgeld ab.“

Der Weihnachtsmann hat nicht viel Zeit zum Überlegen, denn er trippelt schon von einem Bein aufs andere, so dringend braucht er eine Toilette. „Sie haben doch als Polizeimeister auf Ihrer Schulterklappe Sterne aufgestickt, stimmt’s?“, fragt der Weihnachtsmann.

Alfred nickt zustimmend.

„Ich habe auch Sterne. Dort oben die Sterne am Himmel, sehen Sie?“

Wieder nickt Alfred.

„Und jetzt Obacht.“ Der Weihnachtsmann hebt die rechte Hand am ausgestreckten Arm zum Himmel.

„Sie sehen dort oben den sehr hell leuchtenden Stern, auf den mein Finger zeigt?“, fragt er Alfred, der auch diesmal wieder zustimmend nickt.

Der Weihnachtsmann macht jetzt mit der flachen Hand eine Bewegung am Himmel, als wenn er eine lange gerade Linie ziehen will. Und dann bewegt er die flache, ausgestreckte Hand von dieser gedachten Linie aus erst nach rechts und anschließend nach links. Und während er dies tut, werden Alfreds Augen immer größer und sein Mund klappt immer weiter auf. Die Sterne, die eben noch für ihn wie ungeordnet am Himmel standen, rücken auf einmal alle zur Seite, die einen weit nach links, die anderen weit nach rechts. Der hell leuchtende Stern, auf den der Weihnachtsmann Alfred vorher aufmerksam gemacht hat, steht nun allein und strahlend am Himmel. Und merkwürdig, es ist trotzdem nicht dunkler geworden auf der Erde.

Alfred ringt mit seiner Fassung. Kopfschüttelnd steht er da. „Nee, nee, das ist nicht wahr, das gibt’s nicht“, kann er nur ungläubig stammeln.

„Doch, das, was Sie sehen, ist wahr. Der Stern dort oben ist der Stern von Bethlehem. Das ist der Stern, der schon den Weisen aus dem Morgenland den Weg zur Krippe geleuchtet hat, damit sie dorthin ihre Gaben bringen konnten. Die hatten damals auch kein technisches Navigationsgerät und sie haben den Stall mit der Krippe trotzdem gefunden. Das kennen Sie doch aus der Bibel?“, fragt er den wie erstarrt stehenden Alfred, der abermals nur bestätigend nicken kann.

„Und so ist es auch heute noch“, fährt der Weihnachtsmann fort. „Ich orientiere mich an diesem Stern und an der Liebe der kleinen und großen Menschen. So finde ich sie und kann bei ihnen meine Geschenke abgeben, so wie es die Weisen vor über zweitausend Jahren in Bethlehem getan hatten. Ein technisches Navigationsgerät benötige ich nicht. Und jetzt wollen wir doch bitte das Sie lassen und uns duzen. Wie klingt denn das: Sie Weihnachtsmann? Das klingt ja beinahe wie ein Schimpfwort. Die Kinder duzen mich doch auch. “

Alfred ist von der Echtheit des Weihnachtsmannes, der vor ihm steht, unzweifelhaft überzeugt und mit dem Vorschlag einverstanden. Er bittet ihn für sein dummes Verhalten um Entschuldigung und führt ihn zur Toilette.

Dort trifft er auch Georg wieder.

„Georg, das ist der echte, der einzig echte, der wahrhaftige, der ich weiß nicht was alles noch Weihnachtsmann. Was ich eben erlebt habe, das glaubst du nicht.“

Tja, wie soll Georg das auch glauben können. Er saß ja die ganze Zeit auf dem Klo. Und dort kann er der Sternenhimmel und auch nicht das merkwürdige Weihnachtsschauspiel mit dem Stern von Bethlehem sehen. Schade aber auch!

Der Weihnachtsmann besteigt nach seinem Toilettengang wieder sein Gefährt und bringt am Sternenhimmel alles wieder mit zwei Handbewegungen in Ordnung.

Nachdem er sich von Alfred und Georg verabschiedet hat blickt er kurz zu seinem Himmels-Navigator auf, hört lächelnd in sein Herz hinein, um die Kinder und Erwachsenen zu erspüren, die immer lieb und artig gewesen sind und die er deswegen gleich besuchen und beschenken will.

Dann feuert er sein Rentier Rudolph mit einem kräftigen „Hohoho“ an. Er hofft, nicht nochmals in eine Geschwindigkeitskontrolle zu kommen. Denn um die Zeit, die er mit den beiden Polizisten zugebracht hat, wieder aufzuholen, muss er jetzt bestimmt viel zu schnell unterwegs sein. Aber um Alfred und Georg macht er einen weiten Bogen.

Charlie Hagist ist seit 47 Jahren verheiratet und hat ein 17-jähriges Enkelkind, für das er seit seiner Pensionierung gerne Geschichten schreibt. In seinen kleinen Geschichten versucht er immer ein Thema, wie z. B. Angst, Übermut, Hilfe, Geheimnis, Freundschaft usw. kindgerecht zu verpacken, sodass die Eltern oder Großeltern einen Gesprächs-Anknüpfungspunkt mit ihren Kindern oder Enkelkindern haben.

Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 9

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