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Vom Fliegen, Fallen und bunten Erinnerungen

Es ist ein gleichmäßiges Rattern, das mich aus dem Schlaf kitzelt. Müde versuche ich wieder einzuschlafen, mich auf der Stelle umzudrehen und so zu tun, als wäre ich niemals aufgewacht. Doch schon im nächsten Moment merke ich, dass hier etwas nicht stimmt.

Meine Augen kneife ich instinktiv zusammen und versuche, mich auf meine Umgebung zu konzentrieren, mich zu vergewissern, dass, wenn ich die Augen öffne, alles fürchterlich normal ist. Doch der Boden ist hart, ganz anders als die neue Matratze, die ich zu Weihnachten bekommen habe. Und auch scheint es hier viel kühler zu sein als in meinem Zimmer, ganz zu schweigen von dem Rattern, das so gleichmäßig zu sein scheint, und sich dennoch so wirr anhört, dass schon der Gedanke daran mich verwirrt, einfach, weil es in meinem Kopf alles keinen Sinn ergibt.

Hier stimmt definitiv etwas nicht.

Langsam, als ob meine Augenmuskeln sich erst aufwärmen müssten, blinzle ich durch meine Wimpern und versuche, meine Umgebung zu erspähen. Mein Herz rast wie wild, aber ich versuche erst gar nicht es zu verhindern, denn je weiter ich meine Augen öffne, umso nervöser werde ich. Das, worauf ich liege, ist, wie ich schon vermutet habe, ganz und gar keine Matratze, sondern ein mit Rissen überzogener Steinboden. Doch bevor ich auch den Urheber des Ratterns erblicken kann, sehe ich in ein Paar grüne Augen und bin einen Moment wie eingefroren, bevor ich es verstehen kann.

Grüne Katzenaugen. Wortwörtlich.

Sofort bin ich hellwach, doch als ich aufspringen und wegrennen will, muss ich feststellen, dass ich keineswegs größer, sondern eher kleiner als das Tier bin. Dass ich keineswegs auf zwei Beinen lande oder auch nur ansatzweise menschlich bin. Wie Watte dringt es in mein Bewusstsein. Irreal. Das kann nicht sein!

Ich traue mich nicht einmal, den Gedanken fertigzuführen und versuche, mich auf die Katze vor mir zu konzentrieren. Vielleicht muss ich einfach nur den richtigen Zeitpunkt abwarten, in der sie kurz wegschaut und dann – ja, was dann?

„Willkommen!“

Ich öffne meinen Mund, doch anstatt eines Schreis dringt bloß ein energisches Miauen aus meinem Mund, das mich fast noch mehr verunsichert, als die Tatsache, dass die Katze soeben mit mir geredet hat. Mir wird heiß und kalt, ich beginne zu zittern.

„Freut mich dich kennenzulernen, komm mit!“, kommen schon wieder Worte von der Katze vor mir.

Ich will irgendetwas erwidern, mich wundern, dass sie sprechen kann, doch bevor ich dazu komme, dreht sie sich um und huscht nach links. Ich zögere einen Moment, doch dann scheint irgendetwas von mir abzufallen und leichtfüßig springe ich auf und folge dem fremden Wesen. Und es macht mir Spaß.

Ich kann es nicht beschreiben, doch kaum folge ich der Katze, ist es ein berauschendes Gefühl. Wir rennen herum, klettern an Fenstern und Türen hoch. Auf einmal scheint es mir, als sei es eine ganz andere Welt. Viel unbeschwerlicher, obwohl ich in dem fremden Körper so viel leichter bin.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hält die Katze vor mir an und ich bin beinahe enttäuscht. „Gefällt es dir?“, fragt sie mich und ich nicke schnell, zu unsicher bin ich, irgendein seltsames Miauen auszustoßen. Mir kommt es fast so vor, als käme ein Grinsen in die Mundwinkel der Katze. Sie dreht sich um, will weiterlaufen, da überwinde ich mich doch, etwas zu fragen.

„Wo bin ich hier?“ Meine Stimme ist eindeutig menschlich ... oder kommt mir das nur so vor? Auf jeden Fall scheint die Katze mich zu verstehen, denn sie grinst mich noch breiter an. Es sieht aus wie eine Fratze, noch vor wenigen Stunden hätte es mich verunsichert, doch nun scheint es mir verwunderlich normal zu sein.

„Man muss sich fallen lassen, um zu fliegen!“, sagt sie belustigt, nimmt Anlauf und springt dann ins Nichts hinein, den Abgrund hinunter, an dem wir haltgemacht haben.

Kurz schüttelt es mich am ganzen Körper, doch dann dringen noch ein paar hastig hinterhergerufene Worte der Katze an meine Ohren: „Denk dran, wir landen immer auf den Füßen.“

Und ich weiß auch nicht, warum ich es tue, auch ich nehme ebenfalls Anlauf – und springe.

Manchmal bedeutet Freiheit, sich fallen zu lassen und alles loszulassen, es erst wirklich zu begreifen.

Warum eigentlich eine Katze? Ich falle scheinbar ewig, oder zumindest habe ich genug Zeit, um über dieses seltsame Zusammentreffen nachzudenken. Eine kleine Gegebenheit zwischen zwei Katzen und dennoch ist es für mich das Absonderlichste, das ich je erlebt habe.

Ich lächle und öffne langsam meine Augen. Ich liege in meinem Bett, es sind warme Sonnenstrahlen, die mich geweckt haben. Ich wundere mich wegen eines seltsamen Traums, der langsam in meinem Gedächtnis verblasst. Und dennoch, als ich auf dem Schulweg einer Katze begegne, habe ich das Gefühl, dass sie mir zuzwinkert ...

Leonie Fritsch (14) aus Eltville am Rhein / Deutschland

Maunz & Minka

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