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Jane wacht auf

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Jane wacht auf. Ihr ist kalt. Das lange weiße Baumwollgewand ist nicht in der Lage, ihren Körper vor der schneidenden Winterluft zu schützen. Sie hockt zusammengekauert in einer Ruine, die so eingeschneit ist, dass man kaum hineingelangen kann.

Durch Zufall hat sie gestern ein Gespräch belauscht. Zwei Männer haben über die Zusammensetzung des Serums gesprochen, welches ihr seit einem halben Jahr täglich gespritzt wird.

Der Größere von beiden macht eine Bemerkung, die ihr das Blut in den Adern gefrieren lässt.

„Hat es geklappt mit der Schwangerschaft?“, hat der eine gefragt.

Der andere hat gelacht.

„Wenn es gelungen ist, hätten wir unser erstes Baby.“

„Ja“, meint der Größere, „oder sie wird zerfallen, wie all die anderen. Sie wird rapide altern und sterben.“

„Aber wenn sie durchhält, sagen wir bis zum fünften Monat, dann hätten wir unser erstes lebendes Kind.“

Jane schlingt die Arme noch fester um ihre Knie. Ihr gesamtes Vermögen hat sie für den Traum von ewiger Jugend hingegeben und es hat geklappt. Dass sie als Brutmaschine benutzt werden soll, hat ihr niemand gesagt.

Ein Baby! Sie schließt die Augen und stellt sich vor, wie es aussehen wird. Sie wird es lieben und großziehen. Sterben und es anderen überlassen: das will Jane nicht!

Aber welche Alternativen gibt es? Hier sitzen, erfrieren und verhungern oder von den Wölfen draußen in den dunklen Gassen getötet zu werden? Tolle Aussichten!

Als sie zu ihrem siebzigsten Geburtstag den Entschluss fasste, sich dem Experiment anzuschließen, war sie nur darauf erpicht, wie die anderen Frauen wieder jung und schön zu sein. Risiken waren nicht eingeplant. Blind hat sie Nele und ihren Helfern vertraut.

Es geht ihr gut unter der riesigen Kunststoffkuppel, in der es immer nach Blumen riecht. Jeder Wunsch wird ihr erfüllt, und ist er noch so exzentrisch. Einmal hat sie sich ein altmodisches Bett gewünscht, so eines wie es früher die Königinnen hatten. Am nächsten Tag hatte sie ihr Bett.

Verlassen darf sie ihren Goldenen Käfig nur, wenn sie zu den Untersuchungen muss.

Manchmal ist ihr schlecht. Aber das hat man ihr vorhergesagt. Die Zellerneuerung ist schmerzhaft, lautet die Erklärung der Wissenschaftler.

Dort, wo man sie festhält, gibt es keine Spiegel. So kann sie nur ahnen, welche Veränderungen sie auch äußerlich durchmacht. Sie fühlt ihr Fleisch fester werden, ihr Gesicht straffer und doch hat sie keine Ahnung, welche Schönheit aus ihr geworden ist.

Sie schreckt hoch. Stimmen – ganz in ihrer Nähe. Jane steht auf und drückt sich in die hinterste Ecke des Mauerwerkes. Die Tür knarrt.

Der helle Kegel einer Taschenlampe zuckt unruhig durch den Raum. Einem leisen Schluchzen folgend, bleibt er in der Nische hängen, in die Jane sich gezwängt hat.

„Da ist jemand!“

„Hallo! Kommen Sie doch vor, es geschieht Ihnen nichts!“

Während der gelbliche Strahl die Wände absucht, herrscht absolute Stille. Jane überkommt plötzlich das warme Gefühl, in Sicherheit zu sein.

„Oh mein Gott!“

Wie aus einem Munde sprechen die Männer diese Worte. Dann schweigen sie wieder unendlich lange Sekunden aus Angst, dieses wundervolle Geistwesen könnte wieder verschwinden. In ein langes weißes Gewand gehüllt, das die weiblichen Formen nur erahnen lässt, steht ein Mädchen vor ihnen. Honigblondes Haar fällt in sanften Wellen über seine Schultern. Das ovale Gesicht, aus dem große blaue Augen ängstlich blicken, ist fast so weiß wie der Stoff, der das Mädchen verhüllt. Wie ein wunderschönes Gemälde steht es ganz still. Nur der sich leicht hebende und senkende Brustkorb verrät den Staunenden, dass es lebt.

Zukunft?

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